Mehr Kontrolle von Bürgergeld-Empfängern - das will Kanzler Merz. Als Beispiel nannte er im ARD-Sommerinterview die Mietkosten. Aber jetzt gibt es viel Kritik aus Verbänden und Parteien - auch vom Koalitionspartner SPD.

Aus der SPD, der Opposition und von Verbänden kommt Kritik an den Äußerungen von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zum härteren Umgang mit Bürgergeld-Empfängerinnen und -Empfängern. Er hatte im ARD-Sommerinterview gesagt, für ihn seien etwa eine Deckelung der Mietkosten oder Kontrollen der Wohnungsgrößen denkbar.

Merz hatte zu hohe Mietpreise kritisiert, die vom Staat für Bürgergeldempfänger bezahlt würden und die für "eine normale Arbeitnehmerfamilie" nicht bezahlbar seien.

SPD-Fraktionsvize nennt Vorschläge "unausgegoren"

Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dagmar Schmidt nannte Merz' Vorschläge "unausgegoren". Schon jetzt seien Wohnungsgrößen für Bürgergeld-Empfängerinnen und -empfänger begrenzt. Das Problem des teuren Wohnraums müsse durch Mietpreisbremsen und Investitionen in den Wohnungsbau gelöst werden. Es lasse sich nicht "durch mehr Obdachlosigkeit" lösen: "Wohnungen für Normalverdiener werden nicht günstiger, indem man Bürgergeldempfängern die Unterstützung streicht."

Mehr bezahlbarer Wohnraum helfe "allen Menschen mit kleinen und normalen Einkommen" und entlaste die öffentlichen Haushalte bei Bürgergeld und Wohngeld.

Die Union erhofft sich von einer Reform des Bürgergeldes mehr finanzielle Spielraum im Bundeshaushalt. Merz wies darauf hin, dass dadurch mehr einzusparen sei "als nur ein oder zwei Milliarden".

Bundeskanzler Friedrich Merz, CDU, im ARD-Sommerinterview

Bericht aus Berlin, 13.07.2025 18:00 Uhr

Übergreifende Kritik von Verbänden

DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: "Wer Mietkosten beim Bürgergeld deckeln oder pauschalieren will, muss auch sagen, wie er das Problem der fehlenden Wohnungen lösen will." Sonst drohten Wohnungslosigkeit und Armut. Leistungskürzungen seien "der grundfalsche Ansatz".

Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, kritisierte: "Die Ankündigung von Bundeskanzler Friedrich Merz, bei den Wohnkosten kräftig sparen zu wollen, entbehrt jeder Grundlage." Die Lage sei für viele katastrophal. Ihr Verband wisse aus der Rechtsprechung von Sozialgerichten, dass Jobcenter viel zu niedrige Wohnkosten gewährten. Die Menschen lebten in überfüllten Wohnungen, die oft in desolatem Zustand seien.

Die Präsidentin des Deutschen Mieterbunds, Melanie Weber-Moritz, mahnte, denjenigen die Gelder zu kürzen, die auf dem aus dem Ruder geratenen Mietwohnungsmarkt ohne staatliche Hilfe keine Bleibe finden, "ist keine Lösung". 

Schwerdtner sieht Verantwortung bei Unternehmen

Auch Linken-Chefin Ines Schwerdtner warnte, schärfere Regeln bei Wohnkostenzuschüssen würden die Bürokratie nur ausweiten. Verantwortung für hohe Kosten trügen die "Unternehmen, die sich dann das Geld einsacken". 

Der bau- und wohnungspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Kassem Taher Saleh, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), die Bundesregierung solle lieber konkrete Ideen vorlegen, wie sie bezahlbaren Wohnraum schaffen wolle, anstatt Menschen Angst zu machen. Merz suche sich "immer wieder Gesellschaftsgruppen aus, die es ohnehin schwer haben - und tritt dann noch drauf".

CSU-Chef Markus Söder ging zwar nicht direkt auf Merz' Vorstoß ein, forderte aber tiefgreifende Reformen. "Wir brauchen mehr Gerechtigkeit im Sozialstaat. Deswegen ist für uns ganz klar, dass das Bürgergeld von Grund auf verändert werden muss. Nicht ein bisschen Kosmetik, nicht ein bisschen streichen", sagte der bayerische Ministerpräsident nach einer Sitzung des CSU-Vorstands.

Koalition will Weichen für Reform im Herbst stellen

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) will nach der Sommerpause den Entwurf für eine Bürgergeld-Reform vorlegen. 2026 soll die im Koalitionsvertrag verankerte Reform in Kraft treten, wie Merz bekräftigte.

Der Kanzler hatte angekündigt, er erwarte in diesem Herbst Diskussionen über Deutschlands Sozialsysteme insgesamt. Er teile die Sorgen um die Finanzierbarkeit des Staates. Auch über das Leistungsniveau der Sozialversicherungen werde zu reden sein. 

In den Haushaltsentwurf der Arbeitsministerin fürs laufende Jahr ist die Grundsicherung für Arbeitsuchende mit der Rekordsumme von 51,96 Milliarden Euro eingestellt. 2024 waren es 46,81 Milliarden. Beim Bürgergeld selbst - also der Leistung laut Regelsatz von beispielsweise 563 Euro für Alleinstehende - steigen die Kosten laut Entwurf um 3,1 auf 29,6 Milliarden Euro. Mit 13 Milliarden beteiligt sich der Bund an den Kosten für Unterkunft und Heizung.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke