Die AfD-Fraktionsspitze hat ihre Zulagen verdoppelt. Das sei nötig, weil die Fraktion nun doppelt so groß ist - und stärkste Oppositionskraft. Wie ist ein solches Vorgehen möglich?

Per Fraktionsbeschluss haben sich die AfD-Fraktionschefs Alice Weidel und Tino Chrupalla die eigenen Bezüge deutlich von monatlich 6.000 auf 12.000 Euro mit sofortiger Wirkung erhöht. Diese Summe erhalten sie zusätzlich zu ihrer üblichen Abgeordnetendiät, die zum 1. Juli auf rund 12.000 Euro angestiegen ist.

Zu den dann 24.000 Euro kommt noch die steuerfreie monatliche Pauschale von gut 5.300 Euro für Kosten zur Ausübung des Mandats hinzu, etwa für Hotels und Taxifahrten, die jedem Abgeordneten zusteht. Damit verfügen Weidel und Chrupalla in ihrer Funktion über knapp 30.000 Euro monatlich.

Zunächst hatte darüber das Nachrichtenportal t-online berichtet. Der Sprecher der AfD-Vorsitzenden Weidel bestätigte die Angaben auf Anfrage gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio.

Jede Fraktion bekommt Budget gestellt

Möglich ist das eigenmächtige Verdoppeln der Abgeordnetendiät über ein Fraktionsbudget, das jeder Bundestagsfraktion laut Abgeordnetengesetz "zur Erfüllung ihrer Aufgaben" aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung gestellt wird. Über die Verteilung des Budgets kann jede Fraktion frei verfügen. Es ist in den meisten Bundestagsfraktionen üblich, daraus Zulagen an "Fraktionsmitglieder für die Wahrnehmung besonderer Funktionen in der Fraktion" zu zahlen, heißt es in einer Bundestagsabrechnung.

Die Unionsfraktion brachte dafür laut der vom Bundesrechnungshof geprüften Abrechnung im Jahr 2023 rund 2,01 Millionen Euro auf, die SPD kam 2023 auf rund 1,8 Millionen Euro fraktionsinterner Funktionszulagen. Zuletzt wurden diese aber gesenkt, da die Fraktion kleiner geworden ist.

Mehr Geld auch für Stellvertreter

Begründet wurde die AfD-interne üppige Zulagenerhöhung für ihre Spitzenfunktionäre in der Fraktion mit der Mehrarbeit durch die neue Fraktionsgröße, aber auch als Entschädigung für durch ihre Tätigkeit entstehende Anfeindungen im privaten Bereich.

Mehr Geld gibt es auch für die Stellvertreter und die Parlamentarischen Geschäftsführer - das sind ab jetzt etwa 6.000 Euro monatliche Zulage. Für Leiter von Arbeitskreisen beträgt die Zulage etwa 1.200 Euro, also für Abgeordnete, die sich um einen bestimmten Fachbereich kümmern. Grob überschlagen zahlt die AfD-Fraktion ihren Funktionären damit um die 1,4 Millionen Euro Zulagen jährlich.

Grüne und Linke zahlen weniger

Anders regeln die Fraktionen der Grünen und der Linkspartei ihre Zulagen. Die Linken zahlen nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios gar nichts extra. Sie sagen, dass die monatlichen Diäten ausreichen.

Die Grünen gestehen ihren Funktionsträger Zulagen zu, aber nicht so üppig wie die AfD. Die beiden Fraktionsvorsitzenden Britta Haßelmann und Katharina Dröge erhalten eine Funktionszulage in Höhe von 50 Prozent einer monatlichen Diät, also 6.000 Euro. Die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin, die Parlamentarischen Geschäftsführerinnen und stellvertretende Fraktionsvorsitzenden erhalten gestaffelt eine Funktionszulage in Höhe von 37,5, 25 und 20 Prozent.

Im neuen Bundestag ist die AfD-Fraktion etwa doppelt so stark wie vor der Wahl und damit größte Oppositionspartei. Wer eine größere Fraktion führen will, hat mehr Arbeit, wenn es darum geht, sie zu organisieren, den parlamentarischen Betrieb zu managen oder öffentliche Termine wahrzunehmen. Die AfD äußerte gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio, dass sie bislang eher Zulagen gezahlt habe, die unterdurchschnittlich sind. Nun habe man in der Fraktion beschlossen, das anzupassen.

Offenbar Unmut innerhalb der Fraktion

Damit zahlt sich die AfD-Fraktionsspitze nun selbst sehr hohe Bezüge im Bundestag. Nach Informationen von tagesschau.de erhalten zumindest Fraktionsstellvertreter in der Unionsfraktion nicht 50 Prozent der Zulagen wie bei der AfD, sondern weniger. Die SPD-Fraktion ist auf Nachfrage nicht bereit, ihre Bezüge an einzelne Funktionsträger weiter aufzuschlüsseln, ebenso wenig wie die Union. Man befürchtet immer auch eine interne Neiddebatte.

Bei t-online wird jedoch auch innerhalb der AfD-Fraktion Unmut zitiert, ohne dass Kritiker dort ihre Namen nennen wollten: Das Geld hätte man anders und sinnvoller einsetzen können - stärker zum Wohle von Fraktion und Partei, nicht von einzelnen Funktionären.

Noch im März hatte sich auch deren Fraktionsgeschäftsführer Bernd Baumann, der nun auch von der internen Zulagenerhöhung profitiert, im "Merkur" gegen eine allgemeine Diätenerhöhung ausgesprochen: "Während Arbeitnehmer für Gehaltserhöhungen kämpfen müssen, greifen die Abgeordneten bedenkenlos auf öffentliche Mittel zu. Diese Praxis muss umgehend beendet werden." Baumann betonte seinerzeit, dass im Zuge des Stellenabbaus vieler Betriebe eine Erhöhung der eigenen Bezüge für die AfD nicht infrage kommt.

Mit Informationen von Uwe Jahn, ARD-Hauptstadtstudio

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