Die zentrale Rolle der Landwirtschaft

Die Landwirtschaft nimmt eine zentrale Rolle im Klima- und Artenschutz ein. Und diese Rolle ist nicht leicht. Zum einen müssen die Landwirte unsere Ernährung sichern, zum anderen müssen sie – auch im eigenen Interesse – dafür sorgen, dass sie umweltverträglich und nachhaltig produzieren und damit die Natur und ihre Produktion von morgen sichern. Dass das mitunter zu Konflikten führen kann, ist verständlich.

EU-Programm "Gemeinsame Agrarpolitik"

Die Europäische Union hat deshalb bereits 1962 das Programm "Gemeinsame Agrarpolitik" (GAP) eingeführt, das ländliche Regionen stärken soll und den Landwirten hilft, Nachhaltigkeit und Ertrag nicht als Gegensätze zu sehen. Finanzielle Unterstützung wird dabei für sehr unterschiedliche Maßnahmen gewährt, von Blühstreifen bis hin zu veränderten Fruchtfolgen. Die Fördermittel umfassen Einkommensunterstützung für Landwirte, Marktmaßnahmen bei Nachfrageveränderungen und auch Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums.

70 Höfe aus Nordwestsachsen

Das Programm klingt logisch und gut, wird aber offenbar nicht von allen Betrieben gleichermaßen in Anspruch genommen. Was weder im Sinne der Betriebe ist noch sinnvoll im Hinblick auf die Intentionen des Programm. Warum also ist das so? Genau diese Frage haben sich das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) und der Landschaftspflegeverband Nordwestsachsen e.V. gestellt. Und sie haben nachgefragt, bei insgesamt 70 Höfen im ehemaligen Landkreis Delitzsch in Nordwestsachsen – das ist rund ein Viertel aller Höfe in der Region. Alle 70 sind Mitglied im Landschaftspflegeverband, der sich für den Erhalt einer vielfältigen Kulturlandschaft und für den Schutz bedrohter Pflanzen- und Tierarten einsetzt, so dass man von einer grundsätzlich positiven Haltung gegenüber Artenvielfalt und nachhaltiger Bewirtschaftung ausgehen kann. Trotzdem beteiligen sich nicht alle. Warum?

Es kommt darauf an, mit wem die Landwirte sprechen

Im Ergebnis halten die Forscher fest, dass die Entscheidungen weniger von den Programmen selbst abhängen als von den Menschen und Institutionen, mit denen die Landwirte sich abstimmen oder von denen sie sich beraten lassen. Sprächen sie zum Beispiel eher mit den großen Agrarfirmen, um sich Rat zu Produktionsfragen zu holen, stünde der Naturschutzaspekt weniger im Mittelpunkt als bei Behörden oder gemeinnützigen Verbänden. Zudem beteiligten sich reine Ackerbaubetriebe besonders selten an Naturschutzprogrammen, im Gegensatz zu Misch- und Grünlandbetrieben mit Wiesen und Weiden.

Empfehlungen und Vorbildfunktion

Ein besonderer Faktor sei auch die persönliche Empfehlung oder auch die Vorbildfunktion einzelner Betriebe. So orientierten sich Landwirte häufig an Betrieben ähnlicher Größe im direkten Umfeld. Würde dort bereits mit EU-Geldern an einer nachhaltigen Bewirtschaftung mit einem Fokus auf Erhalt der Biodiversität gearbeitet, wären auch die Nachbarn eher bereit, sich auf die Programme einzulassen. Größere Betriebe seien dabei besonders gefordert, weil sie ihre vielfältigen Erfahrungen mit Naturschutz und intensiver Produktion weitergeben könnten, auch wenn für die meisten Landwirte eher Betriebe ähnlicher Große als Vorbild dienten.

Gegenseitige Unterstützung im Kollegenkreis erforderlich

Als Resümee formulieren die Projektpartner: "Damit mehr Höfe an Agrarumweltmaßnahmen teilnehmen, sollten große Betriebe ermutigt werden, ihre Erfahrungen weiterzugeben." Gemeinnützige Organisationen und öffentliche Beratungsstellen bräuchten zudem bessere Ausstattung, um zu Produktion und Naturschutz gleichermaßen beraten zu können. Und nicht zuletzt zeige die Studie, "dass gegenseitige Unterstützung im Kollegenkreis ein entscheidender Hebel ist, um Naturschutzmaßnahmen in der Landwirtschaft zu verbreiten".

Links/Studien

Zur Studie: Social network analysis among German farmers reveals potentials to overcome the production–conservation dichotomy in land use

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke