Inhalt des Artikels:
- Bürgergeld in Deutschland: ein Paar gibt Einblicke
- Bürgergeld in Italien: Hilfe für Erwerbfähige gestrichen
- Unterstützung nur "zur Wiederherstellung eines selbstbestimmten Lebens"
- Härtere Gangart auch in Deutschland geplant
Bürgergeld in Deutschland: ein Paar gibt Einblicke
Marcel Kieselbach in Schwarzenberg im Erzgebirge ist langzeitarbeitslos und auf Bürgergeld angewiesen, erklärt er dem MDR-Magazin Umschau und gibt Einblicke, was er an Unterstützung bekommt. Obwohl der heute 47-Jährige den gefragten Beruf Krankenpfleger gelernt hat, seien seine Bewerbungen zwei Jahrzehnte erfolglos geblieben: "Es liegt ganz klar an der langen Arbeitslosigkeit, gerade in meinem Fall. Da traut kein Arbeitgeber mir mehr etwas zu, dass ich den Job, wo ich mich beworben habe, dann gewachsen bin."
Nicht nur er, auch seine Frau Sandra lebt seit vielen Jahren vom Bürgergeld. Sie ist von Beruf Köchin und hat zuletzt in einer Kurklinik gearbeitet. Auch sie findet nach eigenen Angaben trotz Bewerbungen keinen Job: "Die Anforderungen haben sich ja jetzt nochmal gesteigert, irgendwo in dem Beruf auch. Und die Erfahrungen habe ich einfach nicht. Die kann ich nicht mitbringen."
Insgesamt stehen dem Paar 1.012 Euro Bürgergeld zu. Auch ihre Miete und Heizkosten werden übernommen, in ihrem Fall 480 Euro. Bis noch vor wenigen Wochen hatten beide auch etwas dazu verdient: Er für zwei Stunden in der Woche als Hausmeister und sie als Putzfrau. Vom Zuverdienst durfte das Paar 200 Euro behalten, der Rest wurde auf das Bürgergeld angerechnet. Am Ende hatten sie statt der 1.012 bis zu 1.228 Euro zur Verfügung.
"Bürgergeld bekommen nur hilfebedürftige Personen. Daher müssen Sie grundsätzlich zuerst Ihre eigenen Mittel einsetzen, bevor Sie finanzielle Hilfe erhalten. Wenn Sie Einkommen haben oder über verwertbares Vermögen verfügen, müssen Sie damit erst einmal Ihren Lebensunterhalt sichern, wenn Freibeträge überschritten werden", erklärt die Arbeitsagentur auf ihrer Homepage Antragstellern. Hilfebedürftig ist, wessen Einkommen unter dem Existenzminimum liegt und wer den "Lebensunterhalt nicht ausreichend aus eigenen Mitteln bestreiten" kann.
Bürgergeld in Italien: Hilfe für Erwerbfähige gestrichen
Würden Marcel Kieselbach und seine Frau in Italien leben, hätten sie keinen Anspruch auf Bürgergeld oder eine andere Art von Sozialhilfe. Die Regierung in Rom hat im letzten Jahr das Bürgergeld, das "Reddito di Cittadinanza", für alle, die als arbeitsfähig gelten, abgeschafft. Dadurch wurde die Zahl der Empfänger in Italien um rund 40 Prozent reduziert.
Aber es gibt noch eine Eingliederungshilfe für Schutzbedürftige. Sie beträgt 500 Euro. Auch ein Mietzuschuss in Höhe bis 280 Euro kann beantragt werden. Das Geld gibt es nicht in bar, sondern auf einer Karte. Doch wer bekommt es? "Anspruch auf diese Leistungen haben nur noch bestimmte Personen. Menschen über 60 Jahre, Menschen mit Behinderung, Familien mit minderjährigen Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen. Kurz, jeder, den der italienische Staat ansatzweise für arbeitsfähig hält, ist vom Bezug dieser Leistung ausgeschlossen", erklärt Tilmann Kleinjung, Korrespondent im ARD-Studio Rom. Als Schonvermögen werden hier 6.000 Euro pro Person gewährt.
Unterstützung nur "zur Wiederherstellung eines selbstbestimmten Lebens"
Im Nachbarland Polen gibt es Bürgergeld wie in Deutschland auch nicht. In Polen erhalten nur besonders Bedürftige unter der Einkommensschwelle eine geringe Sozialhilfe. Dabei bekommt eine alleinstehende Person etwa 180 Euro. Ein Zuschuss zur Miete kann ebenso beantragt werden. Familien können zusätzliche Leistungen erhalten. Die Sozialämter entscheiden über den Bedarf und die Dauer der Leistung. "Der Hauptzweck der Sozialhilfe besteht in der Unterstützung von Personen und Familien bei der Bewältigung von schwierigen Lebenssituationen mit dem Ziel der Wiederherstellung eines selbstbestimmten Lebens und zur Ermöglichung eines Lebens unter würdigen Umständen", erklärt die Europäische Kommission in ihrer Broschüre "Ihre Rechte der sozialen Sicherheit in Polen".
Interessanterweise sehen viele Polen die bessere soziale Absicherung in Deutschland nicht nur positiv, wie ein Passant in der Grenzstadt Zgorzelec an der Neiße meint: "Ich war selbst einmal arbeitslos und dann stand mir nur zwölf Monate Unterstützung zu. Und dann wusste ich nicht mehr, was weiter. Und in Deutschland leben die Leute ziemlich bequem. Sie haben dann keine Angst, total unterzugehen. Was aber nicht immer vorteilhaft ist."
Härtere Gangart auch in Deutschland geplant
In Deutschland soll das Bürgergeld im kommenden Jahr grundlegend reformiert werden. "Wir werden die Mitwirkungspflichten deutlich verstärken und wir werden die Sanktionsmöglichkeiten deutlich erhöhen", erklärte Bundeskanzler Friedrich Merz dazu. In der Diskussion um den Gesetzentwurf der Bundesregierung schlägt selbst SPD-Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas – trotz Widerstände in der eigenen Partei – eine härtere Tonart an: "Wir wollen die treffen, die arbeitsfähig sind, mit denen wir arbeiten können und die auf dem Arbeitsmarkt könnten und die müssen mitmachen. Und wenn die das nicht tun, muss es auch Sanktionen geben".
Geplant ist: Wer einen ersten Termin im Jobcenter versäumt, wird sofort zu einem zweiten Termin eingeladen. Wer nicht erscheint, bekommt die Geldleistung um 30 Prozent gekürzt. Wer weiterhin nicht erscheint, dem kann auch die komplette Streichung der Leistungen drohen. Ausnahmen soll es bei Härtefällen geben.
Für den Chef des Jobcenters in Halle Jan Kaltofen sind die angestrebten Änderungen nicht neu: Sanktionen für jene, die nicht zu Terminen erscheinen, habe es schon gegeben. Nur der zeitliche Aufwand diese umzusetzen, sei bisher enorm gewesen. "Momentan läuft ein Prozess zur Sanktionierung, wie wir dazu sagen, über mehrere Wochen bis Monate", erklärt er gegenüber dem MDR-Magazin Umschau.
Aufgrund der geltenden Rechtslage gebe es für Betroffene derzeit viele Spielräume, gegen Anordnungen vorzugehen. "So dass hier Anpassungen notwendig sind", sagt Kaltofen. "Ich bin gespannt, was da passiert", so der Chef des Jobcenters in Halle. Doch klar ist, für alle die, die sich an die Regeln halten, ändert sich nichts.
MDR (cbr)
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