- Drei von vier Befragten sind über die Ergebnisse der bisherigen Konferenzen enttäuscht.
- Personen auf dem Land, Männer und Ältere sind besonders skeptisch gegenüber Klimaschutz.
- Vor allem die junge Generation sorgt sich um die Zukunft.
Die Welt diskutiert, Europa zahlt – so empfinden viele Befragte den aktuellen Kurs im Klimaschutz. Im aktuellen Stimmungsbild von MDRfragt, das vor der diesjährigen UN-Klimakonferenz erstellt wurde, lehnt knapp mehr als die Hälfte der Teilnehmenden eine europäische Vorreiterrolle bei der UN-Klimakonferenz ab. Viele Teilnehmende kritisieren, dass Europa und Deutschland beim Klimaschutz zu sehr im Alleingang handelten.
"Klimaschutz muss global passieren. Das, was derzeit läuft, dass Deutschland und Europa so extreme Vorreiter werden, ist nicht zielführend, nicht bezahlbar und bringt uns ins wirtschaftliche Abseits, ohne dass sich global viel ändert", schreibt etwa Heiko (58) aus dem Landkreis Görlitz.
Bildrechte: MDRUN-Klimakonferenzen: wichtig, aber unerfolgreich
Die Forderung nach stärkerer internationaler Zusammenarbeit findet sich in vielen Kommentaren der Umfrage. Passend dazu bewerten die Befragten die UN-Klimakonferenzen mehrheitlich als wichtig – sie gelten schließlich als zentrales Instrument gemeinsamer Klimapolitik. Allerdings zeigt sich eine große Mehrheit von 78 Prozent der Befragten enttäuscht über das Ergebnis bisheriger Konferenzen.
"Klimakonferenzen werden keinen Erfolg haben, wenn die Beschlüsse nicht für alle verpflichtend sind", schreibt etwas Anke (42) aus dem Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. "Auch wenn der Erfolg bisher eher bescheiden ist. Dennoch ist keine Konferenz auch keine Lösung. Und gemeinsam lässt sich der Klimaschutz viel besser erreichen", hält Dorit (28) aus Jena stellvertretend für viele Fürsprecherinnen und Fürsprecher entgegen.
Auch wenn der Erfolg bisher eher bescheiden ist. Dennoch ist keine Konferenz auch keine Lösung.
Vor zehn Jahren einigten sich die Staaten auf der UN-Klimakonferenz darauf, die Erderwärmung auf 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Dieses sogenannte 1,5-Grad-Ziel gilt bis heute als wichtigster Beschluss der Konferenzen. Im MDRfragt-Stimmungsbild halten nur 58 Prozent der Befragten die Verfolgung dieses Ziels weiterhin für wichtig.
Skepsis am Klimaschutz ist ungleich verteilt
Die Skepsis gegenüber konkreten Klimaschutzzielen und -maßnahmen ist durch die Befragung hinweg hoch. Dabei wird die Relevanz von Klimaschutz durchaus anerkannt: Knapp drei von vier Befragten finden Klimaschutz wichtig.
Im Antwortverhalten zeigen sich jedoch klare Unterschiede zwischen verschiedenen Gruppen. Im Vergleich der drei mitteldeutschen Bundesländer messen Befragte in Sachsen dem Klimaschutz die geringste Bedeutung bei. Zudem zeigen sich Personen vom Land und Männer häufiger skeptisch als Personen aus der Stadt und Frauen. Die Ablehnung steigt mit dem Alter, allerdings mit einer Ausnahme: In der Gruppe der Über-64-Jährigen steigt die Zustimmung zum Klimaschutz und zu politischen Maßnahmen wieder leicht an.
Wenig Zustimmung für Deutschlands Vorreiterrolle
Je näher Klimapolitik am Alltag der Menschen ist, desto geringer fällt die Zustimmung aus. 66 Prozent der Befragten befürworten ein stärkeres Engagement der Bundesregierung bei internationalen Verhandlungen. Bei Verhandlungen in der EU befürworten noch 53 Prozent ein stärkeres deutsches Engagement. In Deutschland wünschen sich nur noch 45 Prozent eine aktivere Klimapolitik.
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Frage nach der Klimaneutralität – also der Absicht, so viele Treibhausgase aus der Atmosphäre zu entfernen, wie ausgestoßen werden. Das EU-Ziel, bis 2050 klimaneutral zu werden, begrüßen 51 Prozent der Befragten. Das deutsche Ziel, bereits 2045 Klimaneutralität zu erreichen, unterstützen nur noch 46 Prozent.
Bildrechte: MDRViele Teilnehmende sorgen sich, dass die deutsche Wirtschaft im Vergleich zu anderen Ländern stärker belastet werde. "Wenn wir die Industrie zu Zielen zwingen, die sie nur mit großen Verlusten oder gar unrentabel erreichen kann, wird sie abwandern in Länder, wo sie keine solchen irrsinnigen Auflagen und zudem vielleicht noch weniger Lohnkosten hat", schreibt Horst (62) aus Gera.
Auf der Gegenseite glauben viele an das Potenzial einer deutschen Vorreiterrolle, so auch Cornelia (54) aus dem Unstrut-Hainich-Kreis: "Dinge für das Klima, die in Deutschland gut funktionieren und einen gewissen Profit abwerfen, werden von anderen Ländern übernommen werden."
Politischen Maßnahmen hoch umstritten
CO₂-Bepreisung von Benzin und Diesel, Heizungsvorgaben, Verbrenner-Aus: Fast die Hälfte der MDRfragt-Teilnehmenden lehnt derartige politische Maßnahmen ab. Darüber hinaus befürchtet eine Mehrheit eine zunehmende gesellschaftliche Spaltung durch Klimaschutzpolitik.
Das sogenannte Verbrenner-Aus bezeichnet die EU-Vorgabe, ab 2035 keine Autos mit CO2-Ausstoß mehr zuzulassen. Die Entscheidung stößt bei zwei von drei Befragten auf Unverständnis. Viele äußern die Sorge vor finanziellen Belastungen, sowohl für die Wirtschaft als auch für den eigenen Haushalt.
"Das sogenannte 'Verbrenner-Aus' beschleunigt nur den Niedergang einer der tragenden Säulen unserer Wirtschaft, nämlich der Automobilindustrie", schreibt Olaf (47) aus dem Landkreis Bautzen. "Wer soll das bezahlen? Gute Verbrenner, die locker noch 100.000 Kilometer und mehr laufen, gibt es für ein paar Euro. E-Autos? Nicht bezahlbar", meint Jessica (37) aus dem Altmarkkreis Salzwedel.
Gute Verbrenner, die locker noch 100.000 Kilometer und mehr laufen, gibt es für ein paar Euro. E-Autos? Nicht bezahlbar.
In den Rückmeldungen zum Verbrenner-Aus werden Unterschiede zwischen den Generationen deutlich: Bei den 50- bis 64-Jährigen befürworten nur 21 Prozent das Verbrenner-Aus. In der Gruppe der Unter-30-Jährigen steigt die Zustimmung sogar auf 49 Prozent. Der 25-jährige Hendrik aus Chemnitz sagt stellvertretend: "Während die Deutschen noch lange Verbrenner fahren wollen, ist in China das Elektroauto schon Standard geworden."
Junge Menschen sorgen sich um Zukunft
Zudem äußern die Unter-30-Jährigen in den Kommentaren am häufigsten die Sorge um die Lebensbedingungen künftiger Generationen, falls die gegenwärtigen Klimaschutzbemühungen nicht ausreichen. Benjamin aus Dresden (28) denkt an seinen Sohn: "Nur geht es hier darum, ob mein neugeborener Sohn im Sommer 2035 noch den Schulweg ohne Hitzschlag übersteht, unsere Bauern überhaupt noch irgendetwas ernten können und die neue Carolabrücke mehr als nur ein Rinnsal überspannt."
Mika (24) aus Dresden appelliert an das Verantwortungsbewusstsein aller Menschen: "Wir müssen alles dafür tun, dass wir dieses 1,5-Grad-Ziel einhalten! Es ist unsere Lebensgrundlage und sichert vor allem ein gutes Leben für alle jetzigen jungen und die nachkommenden Generationen. Ob im Großen die Industrie oder im Kleinen jeder Einzelne von uns – es gibt unzählige Möglichkeiten, klimafreundlich bzw. klimaneutral zu handeln und zu leben."
Über diese Befragung
Die Befragung: "Klimaschutz – (un)gerecht verteilt?" lief vom 17. bis 22. Oktober 2025. Insgesamt haben 20.257 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen mitgemacht.
Bei MDRfragt können sich alle anmelden und beteiligen, die mindestens 16 Jahre alt sind und in Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen wohnen, denn: Wir wollen die Vielfalt der Argumente kennenlernen und abbilden. Die Kommentare der Befragten erlauben, die Gründe für die jeweiligen Positionen und das Meinungsspektrum sichtbar zu machen.
Da sich jede und jeder beteiligen kann, der möchte, sind die Ergebnisse von MDRfragt nicht repräsentativ. Die Ergebnisse von MDRfragt werden nach bewährten wissenschaftlichen Kriterien und Methoden anhand verschiedener soziodemografischer Merkmale wie Alter, Geschlecht oder Bildungsgrad gewichtet, um sie an die tatsächliche Verteilung in der mitteldeutschen Bevölkerung anzupassen.
Damit wird die Aussagekraft der Ergebnisse erhöht und es ergibt sich ein valides und einordnendes Stimmungsbild aus Mitteldeutschland. MDRfragt wissenschaftlich beraten und begleitet. Dabei geht es um die Weiterentwicklung des Angebotes ebenso wie über die Überprüfung der Aussagekraft, beispielsweise durch regelmäßige Validitätstests.
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