Die Proteste junger Menschen in Marokko hatten friedlich begonnen. Inzwischen eskaliert die Gewalt, gibt es Hunderte Festnahmen, Verletzte - sogar Tote. Wie konnte es so weit kommen?
Sie lassen nicht nach, obwohl sie schon am Sonntag erneut das harte Vorgehen der Sicherheitskräfte überstehen mussten: Hunderte Demonstrierende in der Hauptstadt Rabat, Tausende in Städten wie Casablanca, Tanger oder Marrakesch.
Mittlerweile zeigen die Bilder, die auf den sozialen Plattformen geteilt werden, Bilder von Gewalt: Es gibt Hunderte Verletzte - und seit vergangener Nacht mindestens drei Tote. Sie wurden von der Polizei erschossen, als sie in Lqliaâ in der Nähe von Agadir eine Polizeiwache stürmen wollten. Es handelte sich um den schwersten Zwischenfall seit dem Beginn der Jugendproteste der sogenannten GEN Z 212 in ganz Marokko.
Plünderungen, Brandstiftung, Verletzte
Inzwischen eskaliert die Situation an vielen Orten. Es gibt Verletzte und viele Festnahmen. Das Innenministerium spricht inzwischen von etwa 300 verletzten Sicherheitskräften und vielen demolierten Autos. Außerdem haben die oft sehr jungen Demonstranten in der vergangenen Nacht in vielen Städten erneut Banken, Postfilialen und Geschäfte in Brand gesteckt und diese geplündert. Die Nachrichtenagentur AP berichtet unter Berufung auf Regierungsangaben von 409 Festnahmen.
Die Nerven liegen sichtbar blank in Marokkos Sicherheitsapparat. Auch auf Seiten der Demonstranten wächst der Unmut, etwa bei der 23-jährigen Hajar in Rabat - ihren Nachnamen möchte sie dem Reporter der Agentur AFP aus Angst vor polizeilicher Verfolgung nicht nennen.
Steinwürfe gegen die Polizei
"Wir sind auf die Straße gegangen, um unsere legitimen Rechte einzufordern, aber wir wurden zurückgewiesen und unterdrückt", sagt sie. "Es tut mir leid, ich bin erschöpft vom Laufen , man gibt uns nicht mehr das Recht, auf den Straßen zu demonstrieren. Wir wissen nicht, warum wir unterdrückt wurden, obwohl wir friedlich waren."
Die Proteste haben friedlich angefangen - jetzt sind sie es nicht mehr. In Oujda im Nordosten kam es am Sonntag schon zu Steinwürfen, als die Polizei sich behelmt und mit Schutzschilden einer Menschenmenge entgegenstellte. Auf Videos ist zu sehen, wie einige Polizisten die Steine zurück in die Menschenmenge schleuderten. Die Sirenen der Krankenwagen deuten es an - ohne Verletzte ist dieser Abend auch in Oujda nicht zu Ende gegangen. Wohin kann das führen?
Organisation über Social Media
Über die Plattform Discord - übersetzt: Zwietracht - hatten sich die jungen Leute organisiert. Die Zahl der Nutzer von Discord in Marokko verdreifachte sich seit Samstag auf mehr als 75.000 - darunter gewiss auch Sicherheitskräfte, die auf diese Weise im Bild bleiben über die nächsten geplanten Aktionen.
Ziel der Demos sei vor allem eine Verbesserung des Bildungswesens und der Gesundheitsversorgung, sagt die Demonstrantin Souha: "Wir Jugendlichen fordern Schulen und Krankenhäuser. Was wir fordern, ist nicht unmöglich, sondern eine Notwendigkeit in Marokko. Wie können die Behörden das nicht verstehen? Wo bleibt die Regierung in dieser ganzen Angelegenheit? Wo ist Premierminister Akhannouch, der nur redet?"

Bessere Bildung statt Fußball-WM
Tatsächlich trat Marokkos Dreiparteien-Regierungskoalition zusammen, um über die Lage zu beraten. Mittlerweile hat ein Sprecher der Regierung die Gewalt verurteilt und das Vorgehen der Polizei gerechtfertigt: Sie hätten die gesetzlichen Vorschriften und beruflichen Standards, die ihre Arbeit regeln, vollständig eingehalten, sagte er.
Omar Radi, Journalist und vor nicht langer Zeit aus dem Gefängnis entlassener Dissident, mahnt Reformen an und erkennt Parallelen zur Reformbewegung aus dem Jahr 2011 - das war zurzeit des sogenannten Arabischen Frühlings. "Jetzt erfinden die jungen Leute auf spontane Weise neue Methoden, um zu protestieren und ihren Forderungen Ausdruck zu verleihen", sagt er. "Aber leider wurden diese Forderungen und die neuen Formen des friedlichen Ausdrucks der Jugend nur mit Repressionen beantwortet."
Große Unzufriedenheit
In der Jugend des nordafrikanischen Landes herrscht große Unzufriedenheit. Die Arbeitslosenquote und auch die Zahl der Schulabbrecher ist hoch. Die Protestierenden verlangen Bildung, Rechenschaft und Gesundheit - statt Investitionen in die Fussball-WM 2030.
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