Es ist nicht nur eine Retourkutsche an Deutschland: Hinter der Ankündigung aus Warschau, Kontrollen an der Grenze zu Deutschland durchzuführen, steckt auch innenpolitischer Druck. Polens Nationalisten feiern "ihren Sieg".
Die offizielle Begründung ist, die irreguläre Migration begrenzen zu wollen. So hatte Polens Premier Donald Tusk es formuliert, als er sagte, ab kommendem Montag sollten Beamte teilweise die polnisch-deutsche Grenze kontrollieren.
Damit reagiert er aber vor allem auf die verstärkten Grenzkontrollen der Bundesregierung, bei denen Asylsuchende an der deutschen Grenze zurückgewiesen und nach Polen geschickt wurden.
"Polens geduldige Haltung bröckelt"
Dabei will Polen nun nicht länger zuschauen. Denn das habe zu Spannungen und einem berechtigten Gefühl der Asymmetrie geführt, erklärte Tusk: "Ich habe das bereits mehrfach mit Bundeskanzler Merz gesprochen und ihm mitgeteilt, dass Polens geduldige Haltung langsam bröckelt."
In einem Entwurf schreibt das Innenministerium von Kontrollen bis zum 5. August. Zuvor hatte es in einer offiziellen Mitteilung geheißen, die Dauer der Kontrollen sei abhängig davon, ob Deutschland selbst weiter kontrollieren werde.
Der Umfang soll an "den Grad der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit" angepasst werden. Die Rede ist von 50 Grenzübergängen an der polnisch-deutschen Grenze und 13 an der zu Litauen.
Grenzgemeinden leiden unter "Symbolpolitik"
Klar ist, dass die Kontrollen die vielen Menschen im deutsch-polnischen Grenzgebiet treffen werden. Schon jetzt kommt es zu mehr Staus in Grenzstädten wie Görlitz oder Słubice. Vor allem an Wochenenden, wenn Menschen von Polen nach Deutschland fahren.
Für sie leidet das Gemeinschaftsgefühl unter den Grenzkontrollen. So erzählt etwa Rafał Gronicz, Bürgermeister von Zgorzelec, dass er mit seinen Kindern am Sonntag jetzt nicht mehr in das schöne Schwimmbad in Görlitz fahre. Er blickt mit Sorge auf die kommende Woche, denn in seiner Stadt pendeln 30 Prozent der Menschen zur Arbeit nach Deutschland.
Für viele Anwohner sind die Grenzkontrollen und der Aufwand dahinter nicht mehr als Symbolpolitik. Schließlich habe man in der Region keine Probleme mit Migranten.
Nationalisten feiern
Dagegen feiern Rechtskonservative und nationalistische Politiker die Grenzkontrollen als ihren Sieg. Sie hatten Druck auf die Mitte-links-Regierung gemacht.
Migrationspolitik war ein zentrales Thema im aufgeheizten Präsidentschaftswahlkampf, den das Tusk-Lager verloren und der rechtskonservative PiS-Wunschkandidat Karol Nawrocki knapp gewonnen hatte. Er hatte immer wieder eigene Kontrollen an der Grenze zu Deutschland gefordert, denn Polen dürfe nicht nur "Befehle des Nachbarn ausführen".
Grundsätzlich gibt es in der polnischen Bevölkerung Zustimmung für einen harten Migrationskurs. Die Stimmung wurde aber zuletzt angefeuert durch Behauptungen in den sozialen Medien, Deutschland überschwemme Polens Westgrenze mit illegalen Migranten. Verbreitet wurden sie von rechtsextremen Aktivisten und auch Politikern der national-konservativen PiS-Partei.
Präsident lobt selbsternannte "Bürgerwehren"
Als Folge bildeten sich im Juni selbsternannte "Bürgerwehren", die als ihr Ziel nennen, die Grenzen und ihr Land zu schützen. In Stettin kontrollierten sie willkürlich Menschen in Autos. In der Görlitzer Grenzstadt Zgorzelec demonstrierten sie und stellten an Brücken Zelte als "Wachposten" auf - mit Schildern, auf denen groß "STOP Immigration" steht.
Dabei bekommen sie Unterstützung von Polens Präsident und PiS-Politiker Andrzej Duda:
Einknicken gegenüber den Nationalisten?
Die polnische Regierung widerspricht zwar den Behauptungen von der "Migranten-Schwemme" und kritisiert die selbsternannten Bürgerwehren, so wie Außenminister Radosław Sikorski: "Die Grenze muss kontrolliert werden - aber von denen, die dafür zuständig sind. Von Grenzschutz, Polizei oder wenn nötig, der Militärpolizei. Ganz sicher nicht von der Bürgerwehr. Sie sorgt nur für Angst bei den Bürgern an der Grenze."
Aber: Gestoppt wurden sie dabei trotzdem nicht. Beobachter in Polen sehen deswegen Tusks Entscheidung für eigene Grenzkontrollen auch als Einknicken gegenüber dieser Bewegung.
Aber ob die Bürgerwehr-Patrouillen mit Beginn der offiziellen Grenzkontrollen am 7. Juli wirklich aufhören werden, ist fraglich. Denn sie und ihre Unterstützer, wie die Rechtsaußen-Partei Konfederacja, haben schon angekündigt, den polnischen Grenzbeamten ganz genau auf die Finger zu gucken.
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