2015 flüchteten viele Menschen nach Deutschland. Zehn Jahre später haben die meisten von ihnen einen Job gefunden, wie eine Studie zeigt. Ohne Arbeit sind demnach weiterhin vor allem geflüchtete Frauen.

Zehn Jahre nach der Ankunft zahlreicher Geflüchteter in Deutschland zeigt eine Studie große Fortschritte bei der Integration dieser Gruppe in den Arbeitsmarkt. Die Beschäftigungsquoten hätten sich "weitgehend dem Niveau des Bevölkerungsdurchschnitts in Deutschland angenähert", heißt es in der Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB).

Demnach gingen im vergangenen Jahr 64 Prozent der 2015 eingetroffenen Menschen zwischen 15 Jahren und dem Renteneintrittsalter einer abhängigen Beschäftigung nach. In der Gesamtbevölkerung liegt diese Beschäftigungsquote demnach mit 70 Prozent nur etwas höher.

Dies sei wegen der anfangs ungünstigen Ausgangsbedingungen "keineswegs selbstverständlich", sagte IAB-Forschungsbereichsleiter Herbert Brücker.

Schwierige Startbedingungen

Die Menschen hätten sich 2015 nicht wegen eines Jobs auf den Weg gemacht, sondern sie seien auf der Flucht gewesen, sagte die Ko-Autorin der IAB-Studie, Yuliya Kosyakova. "Insofern waren sie erstmal unvorbereitet für die Integration in den Arbeitsmarkt - sowohl sprachlich als auch institutionell. Viele litten unter den Folgen von Krieg und Vertreibung, verfügten über wenig Informationen, kaum soziale Netzwerke und hatten häufig Qualifikationen, die sich nicht ohne Weiteres übertragen ließen."

Potenzial bei geflüchteten Frauen

Für die Männer errechnete das IAB eine Beschäftigungsquote von 76 Prozent, bei den Frauen waren es nur 35 Prozent. In der Gesamtbevölkerung lagen die Beschäftigungsquoten demnach bei 72 Prozent für Männer und 69 Prozent für Frauen. Außerdem arbeiteten geflüchtete Frauen überdurchschnittlich in Teilzeit. 

Das IAB stellt deshalb fest: "Das größte Potenzial für mehr Erwerbstätigkeit unter Geflüchteten liegt bei den Frauen", wie Kosyakova sagte.

Eine zentrale Hürde bleibe aber der "teils unzureichende Zugang zu Kinderbetreuung", so das IAB. Geflüchtete Frauen hätten außerdem im Vergleich zu den Männern häufig schlechtere Bildungs- und Ausbildungsabschlüsse und eine schlechtere gesundheitliche Verfassung. Hinzu komme, dass sie oft erst spät an Integrationskursen teilgenommen hätten.

Große Unterschiede beim Einkommen

Beim Einkommen der Geflüchteten gibt es der Untersuchung zufolge einen recht großen Abstand zur Gesamtbevölkerung. Der Median-Verdienst von Vollzeitbeschäftigten stieg bei den Geflüchteten von 1.398 Euro monatlich im Jahr 2016 auf 2.675 Euro im Jahr 2023. Das waren aber immer noch nur 71 Prozent des Wertes für die Gesamtbevölkerung. Median bedeutet, dass genau die Hälfte der Beschäftigten mehr und die andere Hälfte weniger verdient.

Das IAB wies zur Interpretation der Verdienstdaten darauf hin, dass viele Geflüchtete noch jung seien und damit "am Anfang ihrer Erwerbsbiografie" stünden. Gleichwohl zeigten die Zahlen, wie wichtig Qualifizierungsmaßnahmen, die Anerkennung von Berufsabschlüssen und gezielte berufliche Weiterbildung seien, um eine "nachhaltige Arbeitsmarktintegration und Aufstiegsperspektiven" sicherzustellen.

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Fremdenfeindlichkeit und Bürokratie als Hemmnisse

Laut IAB gibt es aber auch zahlreiche bürokratische Hürden, die eine schnelle Arbeitsaufnahme verhindern. "Lange Asylverfahren, der lange Aufenthalt in Gemeinschaftsunterkünften, Sachleistungen und Bezahlkarten, Wohnsitzauflagen. Auch die Aussetzung des Familiennachzugs gehört dazu", so Kosyakova.

Ein weiteres Ergebnis der Studie: Je stärker ausgeprägt die fremdenfeindlichen Einstellungen in einer Region, desto schlechter gelingt die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten. "Unsere Forschung zeigt, dass Menschen, die sich willkommen fühlen, schneller Arbeit finden", so Kosyakova. Dieser Zusammenhang sei statistisch eindeutig.

Auch die Sprachförderung sei zentral: "Sowohl allgemeine als auch berufsbezogene Sprachkurse wirken sich nachweislich positiv auf die Arbeitsaufnahme aus". Dasselbe gelte für Berufsberatung und gezielte Qualifizierungsangebote. Wichtig seien aber auch Faktoren wie die physische und psychische Gesundheit.

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