In Berlin wird er bereits "heimlicher Außenminister" genannt, jetzt ist er nach Kiew gereist. Vizekanzler Klingbeil will dort Deutschlands Unterstützung für die Ukraine unterstreichen - und der Union die Außenpolitik nicht komplett überlassen.

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil, gerade aus dem Zug in der Ukraine ausgestiegen, dann Seite an Seite mit dem ukrainischen Regierungschef Wolodymyr Selenskyj - das sind Bilder, die Klingbeil gefallen. Er will damit ein Zeichen setzen, dass Deutschland weiterhin an der Seite der Ukraine steht.

Es ist sein erster Besuch in der Ukraine als Finanzminister und Vizekanzler. Zuletzt war Klingbeil 2023 als SPD-Chef mit dem damaligen Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich in der Ukraine, stand neben Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko. Damals, ein Jahr nach Ausbruch des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine, sagte Klingbeil noch: "Jetzt geht es auch darum, ein Jahr nach Ausbruch des Krieges, die Aufmerksamkeit weiter hochzuhalten".

Klingbeil will präsent sein

Der Krieg ging weiter. Auch jetzt, zwei Jahre später ist eine Waffenruhe noch nicht in Sicht, Bemühungen von Seiten der USA und der EU um Friedensverhandlungen kommen nicht so richtig voran. Umso wichtiger findet es Klingbeil, jetzt in Kiew präsent zu sein, die deutsche Aufmerksamkeit mal wieder hoch zu halten. Im weit entfernten Deutschland läuft eine Debatte über Sicherheitsgarantien für die Ukraine - und es bleibt die Ungewissheit, wie Russland und die USA in Zukunft weiter handeln werden.

Bei seiner Ankunft erklärt Klingbeil: "Niemand sehnt sich mehr nach Frieden als die Ukrainerinnen und Ukrainer. Auf diesem Weg unterstützt die Bundesregierung die Ukraine. Auch deshalb bin ich heute in Kiew". Er suche in enger Abstimmung mit dem Bundeskanzler den Austausch, wie Deutschland die Ukraine bei einem möglichen Friedensprozess bestmöglich unterstützen kann. Es gehe um die ukrainische, aber auch um die europäische Sicherheit.

"Es liegt nun an Russland, endlich ein ernsthaftes Interesse an einem gerechten Frieden zu zeigen. Putin muss seinen brutalen Angriffskrieg endlich beenden." Die Ukraine brauche Sicherheitsgarantien, dazu stimme man sich international eng ab. Zugleich gehe es in den heutigen Gesprächen auch schon um den Wiederaufbau und EU-Beitrittsperspektiven. Dafür sei es zentral, dass die Ukraine ihren eingeschlagenen Reformweg konsequent weitergehe.

Klingbeil der "heimliche Außenminister"

Warum aber fährt nun Finanzminister Klingbeil in die Ukraine - und nicht Außenminister Wadephul? Als "heimlicher Außenminister" wird Klingbeil im politischen Berlin gerne bezeichnet. Denn sein Finanzministerium ist mittlerweile mehr, als ein Stab von Beamtinnen und Beamten, die Zahlen hin und her schieben, sich um die Aufstellung des Haushaltes kümmern oder mit Zollfragen beschäftigen.

Klingbeil hat mit seinem Ministerium ein Vize-Kanzleramt aufgebaut mit einer extra Abteilung für internationale Fragen. Diese Einheit erstellt regelmäßig ein Gesamtlagebild zu den Krisenherden und ist von Klingbeil eine klare Richtungsentscheidung: Er will die Außenpolitik nicht alleine der Union überlassen und will zu allen internationalen Themen sprechfähig sein.

Das heißt aber auch: die SPD und vor allem Klingbeil als Vizekanzler wollen mitmischen. Denn viele Zuständigkeiten liegen am Ende doch in seinem Ministerium. Sei es, wie weitere Hilfen für die Ukraine finanziert und am Laufen gehalten werden können oder wie der Ukraine über die G7-Staaten bei Krediten geholfen werden kann.

Dass Klingbeils Steckenpferd eher die Außen- oder auch Verteidigungspolitik ist als die Aufstellung des Haushaltes, ist kein Geheimnis. Schon viele Jahre davor fiel Klingbeil mit außen- und verteidigungspolitischen Impulsreden in der SPD auf, saß als Abgeordneter im Verteidigungsausschuss und im Vorfeld seiner Amtszeit wurde viel spekuliert, ob er nicht doch Außen- oder Verteidigungsminister werden könnte.

Klingbeil Besuch soll Symbolkraft haben

Jetzt taucht Klingbeil also auch dort auf, wo man ihn als Finanzminister nicht unbedingt erwartet: Wie Ende Juli an der NATO-Ostflanke in Litauen, beim Truppenbesuch der Panzerbrigade 45. Einige Soldatinnen und Soldaten kannte Klingbeil schon aus Munster, dem größten Heeresstandort in Klingbeils niedersächsischen Wahlkreis. Auch im kanadischen Banff, beim Treffen der G7-Finanzminister im Frühjahr wollte Klingbeil nichts Geringeres, als den Zollkonflikt mit den USA lösen und führte im Hintergrund viele diplomatische Gespräche.

Nun will er in der Ukraine zeigen, dass er als Vizekanzler und Finanzminister auch eine wichtige Rolle spielt. 8,3 Milliarden an Ukraine-Hilfen im laufenden Jahr seien schon fest eingeplant, heißt es aus dem Ministerium immer wieder. Auch für die kommenden zwei Jahre sind jeweils rund 8,5 Milliarden an Geldern für militärische Unterstützung aus dem Haushalt eingeplant. Etwas, das schon seit Wochen bekannt ist und sicherlich in Kiew nochmal erwähnt wird. Klingbeils Besuch soll also vor allem eines haben: Symbolkraft.

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