Sébastien Lecornu übernimmt erneut das Amt des französischen Premiers - und das mit klarem Ziel: Das Budget soll rasch ins Parlament. Kann ihm der Neustart trotz angekündigtem Misstrauensvotum gelingen?

Gestern beauftragte ihn Frankreichs Präsident Emmanuel Macron überraschend erneut mit der Regierungsbildung. Jetzt hat sich Sébastien Lecornu selbst zu Wort gemeldet. Er begründete den Schritt mit Pflichtbewusstsein und der akuten Krise im Land.

Nach seinem Rücktritt am Montag habe er zwar erklärt, dass seine Mission beendet sei, sagte der Politiker im Pariser Vorort L'Haÿ-les-Roses. Aber wegen des Zwangs, bis Montag einen Haushaltsentwurf ins Parlament einbringen zu müssen, habe er sich umentschieden.

Es habe auch nicht viele andere Kandidaten für das Amt des Premierministers gegeben. "Ich habe keinen anderen Ehrgeiz, als uns aus dieser Situation zu befreien, die objektiv gesehen für alle sehr schwierig ist", so Lecornu. Seine vorrangige Aufgabe sehe er darin, das Budget für das kommende Jahr und einige andere dringende Angelegenheiten auf den Weg zu bringen. "Also gebe ich mir eine ziemlich klare Aufgabe. Und dann helfen mir entweder die politischen Kräfte dabei und wir arbeiten zusammen - oder sie tun es nicht."

Schnelle Regierungsbildung nötig

Über das Wochenende muss Lecornu nun im Eiltempo ein Kabinett zusammenstellen. "Ich denke, wir brauchen eine Regierung, die auch der parlamentarischen Realität entspricht. Das ist unverzichtbar, das ist Demokratie." Der 39-Jährige äußerte den Wunsch, eine "freie Regierung” bilden zu können. "Das bedeutet, wir brauchen Persönlichkeiten, die sich zwar einem politischen Lager zugehörig fühlen, die aber nicht in Parteien gefangen sind", so Lecornu.

Bislang war das linke Lager trotz seines starken Abschneidens bei der Parlamentswahl 2024 in den Regierungen praktisch nicht vertreten. Dies will Lecornu nun wohl ändern. Auf die Sozialistische Partei angesprochen sagte Lecornu: "Alle Debatten sind möglich, solange sie sich in einem realen und realistischen Rahmen bewegen. Auch und gerade, was den Hauhalt anbelangt." Die Sozialisten hatten als Gegenleistung für die Duldung der neuen Regierung gefordert, die Rentenreform "umgehend und vollständig“ auf Eis zu legen.

Im Parlament droht Widerstand

Sollte Lecornu alles in der vorgegebenen Zeit schaffen, droht ihm Parlament heftiger Gegenwind. Der rechtsradikale Rassemblement National, die linksradikale LFI, die Grünen und die Kommunisten haben angekündigt, die neue Regierung mit einem Misstrauensvotum zu Fall bringen zu wollen. Ob Lecornu auf die Unterstützung der Sozialisten und der konservativen Republikaner zählen kann, ist derzeit noch unklar.

Mit Informationen von Julia Borutta, ARD-Paris

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