Nach Israel hat nun auch die Terrororganisation Hamas - zumindest teilweise - Zustimmung zum Friedensplan signalisiert. Doch bis im Gazastreifen tatsächlich Frieden herrscht, müssen noch wichtige Fragen geklärt werden.

Die Ausgangslage:

US-Präsident Donald Trump hat vor wenigen Tagen einen Friedensplan für das Ende des Gazakriegs vorgelegt. Nach Israel hat sich inzwischen auch die Terrororganisation Hamas dazu geäußert und zumindest Teile des Plans akzeptiert. Auch die Gruppe Palästinensischer Islamischer Dschihad stellte sich hinter die Antwort der Hamas. Noch vor einigen Tagen hatte die militante Gruppe den Plan zurückgewiesen.

Trump rief Israel nun zu einem sofortigen Ende der Bombardierung des Gazastreifens auf. Von der Terrororganisation Hamas forderte er schnelles Handeln: "Ich werde keine Verzögerung tolerieren."

Trump schickt seinen Schwiegersohn Jared Kushner und seinen Nahost-Sondergesandten Steve Witkoff zu Gesprächen über eine Freilassung der Geiseln nach Ägypten. Am Montag soll es Gespräche zwischen Vertretern Israels und der Terrororganisation Hamas in Kairo geben.

Die Hoffnung ist groß, dass es nun eine Chance auf ein Ende der Kämpfe gibt. Doch bis dahin sind noch einige Punkte zu klären.

Gibt es noch Kämpfe?

Mehrere israelische Medien berichteten, dass die Armee angewiesen worden sei, ihre Offensive zur Eroberung der Stadt Gaza einzustellen. Demnach verteidigt sich die Armee aber weiter gegen Bedrohungen vor Ort, es finden weiter Luftangriffe statt. Auch das israelische Armeeradio meldete, das Militär im Gazastreifen habe seine Angriffe gegen die Hamas eingestellt und beschränke sich auf die Verteidigung.

Nach palästinensischen Angaben gingen die israelischen Luftangriffe im Gazastreifen am Morgen weiter. Auch ARD-Korrespondent Christian Limpert, der sich an der Grenze zum abgeriegelten Küstenstreifen aufhält, berichtete von hör- und sichtbaren Explosionen im Bereich von Gaza-Stadt.

Aus dem Süden des Gazastreifens meldete der Palästinensische Rote Halbmond, dass nach israelischen Angriffen am Samstagnachmittag zehn Leichen sowie 70 Verletzte gebracht worden seien. Am frühen Abend meldete die Nachrichtenagentur AP schließlich mit Verweis auf den Chef des Schifa-Krankenhauses, dass der Beschuss in Gaza erheblich nachgelassen habe.

Ist eine schnelle Freilassung der Geiseln realistisch?

Die Terrororganisation Hamas zeigt sich grundsätzlich bereit, alle lebenden und toten Geiseln freizulassen. Voraussetzung sei die im Friedensplan vorgesehene Entlassung von palästinensischen Häftlingen aus israelischen Gefängnissen und dass "angemessene Bedingungen für den Austausch vor Ort gewährleistet sind".

Die Hamas hatte die Entführten immer wieder als ihr wichtigstes Druckmittel genutzt. Das würde sie damit aus der Hand geben. Offen ist außerdem, ob die Hamas überhaupt dazu in der Lage ist, innerhalb von 72 Stunden die Geiseln zu übergeben, wie es der Trump-Plan vorsieht. Berichten zufolge geht die Organisation selbst nicht davon aus. Sie hat in der Vergangenheit gegenüber Vermittlern erklärt, dass sie nicht wisse, wo sich einige der Geisel-Leichen befinden.

Was ist über den Zustand der Geiseln bekannt?

Im Gazastreifen befinden sich noch 48 Geiseln, von denen nach israelischen Informationen noch 20 am Leben sind - darunter auch deutsche Staatsbürger. Nach Medienberichten von Mitte September soll die Hamas mehrere Geiseln, die zuvor in Tunneln festgehalten worden seien, an Orte über der Erde in der Stadt Gaza gebracht haben. Die Menschen werden unter grausamen Bedingungen festgehalten. Zuvor freigelassene Geiseln haben von Folter und schweren Misshandlungen berichtet. Einige waren auch gefesselt. Zudem gab es Berichte über sexualisierte Gewalt. In von Terrororganisationen veröffentlichten Videos waren Geiseln zuletzt auch stark abgemagert zu sehen.

Welche Punkte lässt die Hamas-Antwort offen?

Die Hamas akzeptiert zwar Teile des Trump-Plans, fordert aber zugleich weitere Verhandlungen, etwa über den Prozess der Freilassung der Geiseln im Gegenzug für palästinensische Häftlinge. Ägypten lädt nun Vertreter Israels und der Terrororganisation Hamas für diesen Montag zu Gesprächen ein. Das teilte das Außenministerium in Kairo mit. Zuvor war in Medienberichten von einem Treffen am Sonntag die Rede.

Die Hamas hat sich bisher nicht dazu bereit erklärt, ihre Waffen niederzulegen, wie es der Friedensplan vorsieht. Hamas-Mitglieder sollen dem Plan zufolge "friedliche Koexistenz" zusagen und können Amnestie erhalten oder ausreisen. Auch dazu äußerte sich die Terrororganisation nicht. In ihrer Charta fordert die Hamas die Zerstörung des Staates Israel und die gewaltsame Errichtung eines islamischen Staates Palästina vom Jordan-Fluss im Osten bis zum Mittelmeer im Westen. Bei den Verhandlungen in Ägypten will Israel laut Channel 12 zunächst nur über den Punkt der Freilassung der Geiseln sprechen. Andere strittige Aspekte will das Land demnach erst später besprechen. Aus ägyptischen Sicherheitskreisen hieß es, alle Parteien seien vorsichtig optimistisch, in der Verhandlungsrunde "eine erste Phase" der Vereinbarung abzuschließen.

Was passiert mit der palästinensischen Bevölkerung?

"Niemand wird gezwungen, Gaza zu verlassen", heißt es in dem 20-Punkte-Plan. Damit wäre die Forderung rechtsgerichteter israelischer Regierungsmitglieder nach einer Räumung des Küstenstreifens vom Tisch.

Wer soll künftig den Gazastreifen regieren?

Für die Verwaltung des Gazastreifens vorgesehen ist ein Übergangskomitee aus "technokratischen" und "unpolitischen" Palästinensern und internationalen Experten. Sie sollen für die Verwaltung des Gazastreifens und die Versorgung der Menschen sorgen. Ein "Friedensrat" unter Trumps Leitung und mit Beteiligung des früheren britischen Premierministers Tony Blair und anderen Staats- und Regierungschefs soll die Expertenregierung demnach überwachen und beaufsichtigen.

Ist denn ein Gazastreifen ohne Hamas realistisch?

Die Islamistenorganisation Hamas hat zwar gesagt, dass sie damit einverstanden sei, dass das Gebiet nach Kriegsende zunächst von einer Übergangsregierung palästinensischer Technokraten unter Aufsicht eines internationalen Gremiums regiert werde. Es blieb aber unklar, ob sie damit auch der Forderung von Trumps Friedensplan zustimmte, dass sie dabei keine Rolle spielen darf.

Was sagen die Regierungspartner Netanjahus?

Bisher haben sie sich noch nicht geäußert. Eine Reaktion wird erst nach dem Ende des jüdischen Ruhetags Sabbat erwartet. Trumps Friedensplan hatten die Koalitionspartner zuvor jedoch scharf kritisiert. Sie wollen eine Annexion und Wiederbesiedlung des Küstenstreifens, aus dem Israel sich vor 20 Jahren zurückgezogen hatte. Netanjahu, gegen den ein Korruptionsprozess läuft, ist für sein politisches Überleben auf seine rechtsextremen Koalitionspartner angewiesen. Möglich ist, dass diese die Regierung aus Protest über das Abkommen verlassen und es zu einem Sturz der Regierung und Neuwahlen kommt.

Quellen: dpa, AFP, AP

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke