Wer wird Tschechiens nächster Premier? Nach zwei Tagen haben die Wahllokale nun geschlossen. Der konservative Ex-Regierungschef Babis hofft auf ein Comeback. In Umfragen liegt seine Partei zwar vorn, doch das Land ist gespalten.

Der Präsident geht mit gutem Beispiel voran: Als einer der ersten wirft Petr Pavel seinen Stimmzettel in die Urne - in Jeans und Jackett. Im Plauderton wiederholt der ehemalige NATO-General einen Appell, mit dem er sich vor der Wahl in Tschechien offiziell aus der Prager Burg an seine Landsleute gerichtet hatte - wählen gehen!

"Es gibt viele Menschen, die bis zur letzten Minute unentschieden waren", sagt der Präsident. "Denn viele, die für die jetzige Regierung gestimmt haben, sind vielleicht von einzelnen Schritten enttäuscht. Aber eine Oppositionspartei wollen sie auch nicht wählen. Ich hoffe, dass sie doch noch abstimmen."

Pavel gehört keiner Partei an, wurde aber von der Mitte-Rechts-Koalition von Regierungschef Petr Fiala unterstützt. Premier und Präsident sind entschiedene Unterstützer der Ukraine und sehen Tschechiens Zukunft eindeutig in der EU und in der NATO.

Rosta aus Prag auch. Er wählt Spolu, das konservative Dreierbündnis des Regierungschefs, aber nicht nur aus Überzeugung: "Ich stimme für Spolu - vor allem deshalb, weil sie die besten Chancen haben, Babis zu besiegen."

Babis liegt in Fragen deutlich vorn

Das dürfte jedoch schwierig werden. Denn Ex-Premier Andrej Babis kommt in den letzten Umfragen auf rund 30 Prozent, Spolu nur auf 20. Der 71-Jährige polarisiert wie eh und je: mit populistischen Wahlversprechen, mit seinem Interessenkonflikt als Großunternehmer und Politiker und mit einem Strafverfahren wegen Betrugs mit EU-Subventionen. Seine ANO-Partei punktet besonders in ärmeren Regionen.

"Die Partei kümmert sich um die Rentner und hat das auch früher schon getan", erklärt Stana, eine Babis-Stammwählerin. "Da waren wir wirklich besser dran. Der Staat sollte sich zuerst um die eigene Bevölkerung kümmern, und den Ukrainern und den anderen nur geben, was übrigbleibt."

Danko Handrick, ARD Prag, über die Parlamentswahl in Tschechien

tagesschau24, 03.10.2025 14:00 Uhr

Raus aus der EU, keine Unterstützung für die Ukraine

Genau das verspricht Babis. Vor vier Jahren hat er knapp verloren. Auch deshalb, weil seine damaligen Regierungspartner, die Sozialdemokraten und Kommunisten, an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert waren. Die könnten sie gemeinsam in einem Wahlbündnis mit prorussischen Kräften nun überspringen. "Stacilo" heißt es - "Es reicht!"

"Mir gefällt schon allein der Name", sagt Lenka. "Und ich finde auch, dass wir aus der EU austreten sollten. Früher hatten wir alles: Kohle und Fabriken. Jetzt haben wir nichts mehr, wir haben uns verkauft."

Auch der rechte Rand hat sich zusammengeschlossen. Nationalistische Splitterparteien und Desinformatoren treten auf der Wahlliste der extremen SPD-Partei an. Die könnte drittstärkste Kraft werden. Alice hat sie gewählt: "Besonders gefällt mir Herr Rajchl mit seinen Demonstrationen gegen die Regierung", erklärt sie. "Deshalb bin ich froh, dass die nun zusammen sind. Seine Ansichten liegen mir am Herzen, also keine Aufrüstung, keine Waffen, die nur den Ukraine-Krieg verlängern."

Babis wäre auf Koalitionspartner angewiesen

Der wahrscheinliche Wahlsieger Babis wird nicht allein regieren können. Auch nicht mit der kleinen Motoristen-Partei, die wie er gegen das Verbrenner-Aus und den Green Deal kämpft. Er wäre auf Stimmen von den Rändern angewiesen. Tomas hofft auf ein Wunder, dass das doch nicht passiert. Er wählt die Piraten. "Für die Progressiven ist das die einzige Möglichkeit. Der Rest sind alles Pragmatiker und Radikale. Ich denke, dass das eine große Gefahr für unsere Demokratie ist."

Das Interesse an der Wahl ist groß: Vom ersten Tag wird eine durchweg rege Beteiligung gemeldet. Das vorläufige Ergebnis wird am Abend erwartet.

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