In mehreren Provinzen Afghanistans haben private Haushalte keinen Zugang mehr zum Internet - gekappt auf Anweisung der radikal-islamistischen Taliban. Nun wächst die Sorge, dass der Zugang landesweit gesperrt werden könnte.

In Afghanistan haben die radikal-islamistischen Taliban in einigen Provinzen begonnen, den Zugang zum Internet zu kappen. Er sei enttäuscht gewesen und schockiert, als ihn die Berichte über das Internetverbot erreichten, sagt Ahmad. Er selbst ist gerade in Pakistan, getrennt von seiner Familie in Afghanistan.

Ahmad heißt eigentlich anders, aber er muss sich und seine Familie schützen. "Das ist der einzige Kanal, über den wir kommunizieren können. Damit ich Bescheid weiß, wie es meinen Lieben geht. Wenn es den nicht mehr gäbe, wäre das unglaublich. Unerträglich", sagt er weiter.

Bislang fünf Provinzen im Norden des Landes betroffen

Die Angst geht um unter Afghaninnen und Afghanen im In- und Ausland, seit es heißt, dass die Taliban im ganzen Land Internetzugänge lahmlegen wollen. Doch so weit ist es noch nicht. Zunächst wurden lediglich in fünf Provinzen im Norden Afghanistans die Verbindungen unterbrochen - auch in den Städten Masar-i-Sharif und Kundus, wo bis 2021 die Bundeswehr stationiert war. Betroffen sind bisher Glasfaserkabel und damit das schnelle Internet für private Haushalte, mobile Zugänge funktionieren noch.

Hintergrund sei ein Erlass des obersten Talibanführers Haibatullah Achundsada. Das berichtete der afghanische Nachrichtensender Tolonews und berief sich dabei auf örtliche Behörden. Die Maßnahme sei ergriffen worden, "um Unmoral zu verhindern", hieß es von Neda Mohammad Nadeem, Bildungsminister der Taliban. Er betonte: "Die Nähe, die Kontakte und die Annehmlichkeiten des Internets und von Mobiltelefonen sind ein Fortschritt. Aber andererseits gibt es sehr große Probleme und Rechtsverstöße in Bezug auf soziale Netzwerke, das Internet allgemein und Handys."

Schon in der Vergangenheit hatten die Taliban Bedenken geäußert, dass Pornographie über das Internet zugänglich sei oder Männer mit Frauen in Kontakt treten könnten.

Debatte über wirtschaftliche Auswirkungen

Im Land selbst hat nun eine vorsichtige Diskussion darüber begonnen, wie so ein allgemeines Verbot vor allem der Wirtschaft schaden könnte. Experten wie Khan Jan Alokozai, früherer Vorstand der Handelskammer, erklären, warum man das Internet auch in Afghanistan braucht: "Internetdienste haben natürlich sowohl soziale als auch wirtschaftliche Auswirkungen. Auch im Produktionsprozess können Genauigkeit, Geschwindigkeit und Transparenz verbessert werden", sagt er.

Nicht nur im Norden, sondern auch in anderen Regionen Afghanistans waren nach ARD-Informationen in den vergangenen Tagen Internetausfälle beobachtet worden, darunter in Kandahar. Das hat bei vielen Befürchtungen geweckt, dass das Internetverbot der Taliban-Führung bald landesweit durchgesetzt werden könnte. Der Initiative Netblocks zufolge ist die Anbindung Afghanistans an das Internet in den vergangenen Tagen deutlich schlechter geworden. Daten der Initiative bestätigten, dass Teile des Landes inzwischen offline seien.

Peter Hornung, ARD Neu-Delhi, tagesschau, 18.09.2025 09:34 Uhr

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