Gelingt die Einnahme von Gaza-Stadt? Die israelische Militärführung konnte sich mit ihren Bedenken nicht durchsetzen. Dabei äußern auch Experten für urbane Kriegsführung Zweifel.
Das kann nicht gut gehen, sagt Hezi Nehama, während er auf einem Blatt Papier die Umrisse des Gazastreifens zeichnet - mit Gaza-Stadt ganz im Norden. Noch nie, erzählt der ehemalige Brigade-Kommandeur, habe die israelische Armee in einem so dicht besiedelten Gebiet gekämpft wie jetzt.
"Es ist sehr gefährlich. Die Hamas versteckt sich innerhalb der Bevölkerung. Sie lässt sie nicht gehen und benutzt sie als menschliche Schutzschilde", sagt Nehama. Es würden Zivilisten sterben und viele Soldaten. "Das ist doch alles verrückt. Ich denke, es ist ein Fehler."
Auch die Armeeführung soll sich gegen den Einsatz in Gaza-Stadt ausgesprochen haben. Sie konnte sich mit ihren Bedenken aber nicht durchsetzen. Armeechef Ejal Zamir hat wiederholt gewarnt, dass die Operation das Leben der Geiseln erheblich gefährden würde. Auch weil nicht klar sei, wo genau sie sich aufhalten.
Doch die israelische Armee beschießt bereits seit Tagen Gaza-Stadt. Das alles geschieht, weil es der Oberste Befehlshaber so will: Premierminister Benjamin Netanjahu.

Schon jetzt werden Ziele in Gaza-Stadt getroffen.
Keine zielführende Strategie
Experten für Kriegsführung in Städten bezweifeln, dass Israel auf diese Weise erfolgreich sein wird. Julian Werner forscht dazu an der Bundeswehruniversität in München. Er sagt: Gaza-Stadt sei zu groß, die Zahl der israelischen Soldaten wiederum nicht groß genug. "Wenn Viertel erobert sind, müssen sie weiterziehen."
Werner bezweifelt, dass die israelische Regierung eine zielführende Strategie hat. Der Militärexperte sagt: Netanjahu überlässt es seinen Soldaten immer wieder, mit dem Kopf gegen die Wand zu rennen.
"Einsatz wird den letzten Rückzugsort der Hamas zerstören"
Dass Israel über nicht genügend Soldaten für das Vorhaben verfügt, darauf verweist auch John Spencer. Er gilt als der weltweit führende Experte für Häuserkämpfe. Der Versuch, der Hamas ihren letzten großen Rückzugsort zu nehmen, sei trotzdem richtig. "Die Tatsache, dass fünf Divisionen zum Einsatz kommen, ist ein deutliches Zeichen, dass Israel es ernst meint mit der Kontrolle von Gaza-Stadt."
Es sei allerdings unwahrscheinlich, dass sie dort länger blieben und die Stadt besetzten. "Das will die israelische Gesellschaft nicht und das wird auch mit den Reservisten nicht funktionieren, die ja immer nur für eine bestimmte Zeit eingezogen werden." Und trotzdem sagt er: "Der Einsatz wird den letzten Rückzugsort der Hamas zerstören. Sie haben dann deutlich schlechtere Karten in der Hand."

Die Zahl der israelischen Soldaten könnte für die Offensive nicht ausreichen, sagen Fachleute.
Militärexperte plädiert für Belagerung
Der ehemalige Brigade-Kommandeur Nehama winkt ab. Er hat einen ganz anderen Vorschlag: Die Armee müsse zunächst sicherstellen, dass die Zivilbevölkerung Gaza-Stadt in eine sichere Zone mit genügend Lebensmitteln verlassen kann. Dann sollte Israel die Wasserverbindung der Stadt kappen. Aushungern statt Kämpfen. "Wir belagern die Stadt, in der sich die Hamas aufhält. Ich glaube, dass spätestens nach drei Wochen Tausende Terroristen zu den Checkpoints kommen werden, weil sie durstig sind." Das sei der einzige Weg, um die Hamas zu schlagen.
Seit Tagen trainieren Tausende Soldaten außerhalb des Gazastreifens den Häuserkampf. Beobachter gehen davon aus, dass die Armee in den kommenden Tagen ihre Offensive noch mal deutlich verstärken wird.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke