Im Jahr 2024 sind mehr Menschen Streubomben zum Opfer gefallen. Weltweit wurden einem Bericht zufolge 314 Menschen getötet oder verletzt. 2023 waren es 219. Hauptgrund für den Anstieg ist der Krieg in der Ukraine.

Mehr als 100 Länder weltweit ächten die gefährliche Streumunition, ihr Einsatz tötet oder verletzt weltweit aber weiterhin Hunderte Menschen. Wie aus dem jährlichen Streumunitionsmonitor hervorgeht, wurden die Waffen im vergangenen Jahr unter anderem wieder von Russland und der Ukraine eingesetzt.

Dem Bericht zufolge wurden 2024 weltweit 314 Menschen durch Streumunition verletzt oder getötet, davon allein 208 in der Ukraine. Alle Streubomben-Opfer seien Zivilistinnen und Zivilisten gewesen, knapp die Hälfte davon (42 Prozent) Kinder.

Das Monitoring berücksichtigt den Angaben zufolge neun Länder: Afghanistan, Irak, Jemen, Laos, Libanon, Mauretanien, Myanmar, Syrien und die Ukraine.

Hohe Dunkelziffer

Auch sei die Dunkelziffer hoch, weil nicht immer registriert werde, dass Verletzungen durch Streumunition verursacht wurden, berichtete die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW), die den Monitor erstellt.

Demnach wurden allein in der Ukraine im Jahr 2024 rund 40 Streumunitionsangriffe gemeldet, bei denen die Zahl der Opfer nicht verzeichnet wurde. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 wurden dort mehr als 1.200 Opfer von Streumunition registriert.

Expertin warnt vor langfristiger Verseuchung

Das sei ein "unglaubliches Ausmaß", wie man es noch nie gesehen habe, sagte Eva Maria Fischer von der Organisation Handicap International. Zumal es eine langfristige Verseuchung gebe. Viele der auf großen Flächen verstreuten Munition explodiere beim ersten Aufprall nicht und bleibe als Blindgänger zurück.

Streumunition zu räumen sei "unglaublich komplex, aufwendig und gefährlich". Das werde noch "jahrzehntelang die Menschen in der Ukraine betreffen", sagte Fischer.

Abkommen seit 2010 in Kraft

Neben der Ukraine werden Streubomben auch in Myanmar, Russland und Syrien eingesetzt. Auch die Ukraine soll die Waffen in Russland genutzt haben, der Einsatz habe aber nicht verifiziert werden können, heißt es im Bericht. Beide Länder gehören nicht zu den 111 Staaten, die das "Übereinkommen über das Verbot von Streumunition" (Oslo-Konvention) ratifiziert haben.

Im Jahr 2023 lag die Zahl der Opfer durch Streumunition weltweit bei 219 Menschen. Vor wenigen Monaten trat Litauen als erster Vertragsstaat aus dem 2010 in Kraft getretenen Abkommen aus. Die Regierung begründete diesen Schritt mit wachsenden regionalen Sicherheitsbedrohungen. 

Allerdings gibt es auch neue Unterzeichner, etwa Südsudan im Jahr 2023. Die Mitgliedschaft angekündigt hat auch Vanuatu im Südpazifik.

Kritik an Vertragspartner Deutschland

Das Abkommen umfasst ein kategorisches Verbot von Einsatz, Entwicklung, Herstellung, Lagerung und Transfer von Streumunition. Auch Deutschland gehört zu den Vertragsstaaten.

Wie im vergangenen Jahr wird die Bundesrepublik im aktuellen Bericht kritisiert, weil sie die Lagerung von Streumunition der US-Streitkräfte auf ihrem Territorium und den Transfer in die Ukraine duldete. Das hatte eine NDR-Recherche ans Licht gebracht.

"Wir haben keine Bestätigung von deutscher Seite, dass es wirklich so ist, weil die deutsche Regierung sagt, sie ist für Lieferungen der USA durch das eigene Gebiet nicht zuständig", sagte Fischer von Handicap International. Wenn es aber doch so sei, dass die Waffen geliefert würden durch Deutschland, sei das ein Vertragsbruch, weil auch ein Transfer durch Vertragsstaatgebiet nicht erlaubt sei.

Auch der Experte Michael Hart, der am Streumunitionsmonitor mitgearbeitet hat, sagte, man hätte gern mehr Informationen aus Deutschland über den Transfer. Im laufenden Jahr habe es aber noch keine Hinweise gegeben auf weitere Lieferungen über deutsches Gebiet gegeben.

Eine der gefährlichsten Waffen

Streumunition gehört zu den für die Zivilbevölkerung gefährlichsten Waffen, da sie noch lange nach Beendigung eines Konflikts zu Opfern führen kann. Selbst wer die Explosion der Streumunition überlebt, verliert Handicap International zufolge oft Hände und Füße oder erleidet schwere Verletzungen an lebenswichtigen Organen.

Streumunition wird von Flugzeugen abgeworfen oder vom Boden abgefeuert. Beim Abwurf öffnet sich ein Behälter, der bis zu 1.000 Minibomben enthält. Die Sprengsätze verteilen sich auf einer großen Fläche und sind oft schwer zu entdecken.

Mit Informationen von Kathrin Hondl, ARD-Studio Genf.

Kathrin Hondl, ARD Genf, tagesschau, 15.09.2025 14:23 Uhr

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