Anfang August hatte Donald Trump angekündigt, zwei Atom-U-Boote zu verlegen. Experten warnen, dass die Unberechenbarkeit des US-Präsidenten ein neues nukleares Aufrüsten begünstigen könnte.
Touristenboote und Fähren bringen Urlauber auf die Inseln um die Stadt Seattle an der US-Westküste. Wohl die wenigsten ahnen, dass sie sich die Gewässer hin und wieder mit Atom-U-Booten teilen.
Auf etwa halber Strecke zwischen der Skyline der Stadt und dem für seinen atemberaubenden Regenwald beliebten Olympic National Park liegt der Marinestützpunkt, der für die nukleare Abschreckung der USA die vielleicht wichtigste Rolle spielt. Denn auf der Basis werden die US-Atom-U-Boote gewartet und bestückt, die Interkontinentalraketen mit nuklearen Sprengköpfen abfeuern können.
Tom Rogers passierte die Gewässer an der US-Westküste in seiner Zeit als U-Boot-Kommandeur auf dem Weg in den Pazifik. Heute kämpft er mit anderen Aktivisten und Aktivistinnen für eine Welt ohne Atomwaffen.
Warnung vor Aufrüstung
Mit all dem Wissen aus seiner Zeit bei der US Navy könne er nicht anders, erzählt er. Die Welt retten: Was klingt wie eine Floskel, meint der Veteran ernst. Aus seinen mehr als 30 Jahren bei der Marine kennt er die Gefahr, die von Atomwaffen ausgeht.
Er mache sich mitschuldig, wenn er sich nicht für Abrüstung einsetzt - so sieht er das. Gerade in politisch angespannten Zeiten sei die Gefahr groß.
Es müsse nicht einmal ein geplanter Angriff sein. Ein Missverständnis, eine Fehleinschätzung könnten zum Abschuss führen. "Dann sind wir erledigt."

Einst U-Boot-Kommandeur, heute Aktivist für eine atomwaffenfreie Welt: Tom Rogers.
Trump als Chance?
Diese Sorge teilt Jon Wolfsthal. Heute arbeitet er für die Federation of American Scientists. Unter US-Präsident Barack Obama hatte er den sogenannten New-START-Vertrag zwischen Russland und den USA mitverhandelt. Darin bekannten sich Russland und die USA zur Verringerung der Zahl strategischer Nukleargefechtsköpfe und Trägersysteme.
2023 setzte Russland den Vertrag aus. Dabei sei es wichtig, dass auch Militärs verfeindeter Nationen in Kontakt bleiben, sagt Wolfsthal. "Es wird der Tag kommen, an dem ein Fehler passiert." Im schlimmsten Fall könne das zu einer Spirale aus Vergeltungsschlägen führen. "Deshalb ist es sehr wichtig, den Hörer in die Hand nehmen zu können", um eine Kontaktperson im gegnerischen Militär zu informieren.
Dass Donald Trump versuche, mit Russland in Kontakt zu kommen, sei deshalb beim Thema Atomwaffen keine schlechte Entwicklung. "Ich war einer derjenigen, der Präsident Trump damals für seinen Versuch applaudiert hat, eine Beziehung zu Nordkorea aufzubauen."
Das Problem sei die Unberechenbarkeit des Präsidenten. Nukleare Abschreckung basiere auf Verlässlichkeit: Vertrauen die Verbündeten darauf, dass die Amerikaner in ihrem Interesse handeln? Und müssen sich die Gegner sicher sein, dass auf Drohungen Taten folgen könnten? Das seien die entscheidenden Fragen.
China als aufstrebende Atommacht
Bis heute sind die USA und Russland mit enormem Abstand die größten Atommächte. Jeder der beiden Staaten hat laut Friedensforschungsinstitut SIPRI alleine deutlich mehr Nuklearwaffen als alle anderen Atommächte zusammen. Das sind neben den USA und Russland: Israel, Pakistan, Indien, China und Nordkorea. Außerdem Frankreich und Großbritannien.
Deutschland hat sich verpflichtet, keine Atomwaffen zu besitzen und ist deshalb im Rahmen der NATO auf die USA angewiesen. Im Moment sei die Situation komplizierter und gefährlicher als während der Hochphase des Kalten Krieges, sagt Wolfsthal. Das liege auch an China als aufstrebendem Player.
Auch das Friedensforschungsinstitut SIPRI schreibt in seinem jüngsten Bericht, China modernisiere sein Atomwaffenarsenal und baue es aus. Aus Sicht der Friedensforscher scheint die Zeit der nuklearen Abrüstung vorbei zu sein. Um ein neues Wettrüsten zu vermeiden, müssten die großen Atommächte zu Abrüstungsvereinbarungen bereit sein.
Der ehemalige U-Boot-Kommandeur und Friedensaktivist Tom Rogers will daran glauben. Wenn er nicht optimistisch bleibe, dann werde es schwer, jeden Morgen aufzustehen und weiterzukämpfen.
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