Immer wieder heißt es, auch China könnte nach einem Waffenstillstand Friedenstruppen in die Ukraine schicken. Klar ist: Peking hat großes Interesse an einer Beteiligung am Wiederaufbau. In Europa bereitet die Idee Sorgen.
Pressekonferenz am Montag in Peking: Der Sprecher des Außenministeriums, Guo Jiakun, weist kurz und knapp einen Zeitungsbericht zurück, wonach Chinas kommunistische Führung bereit sei, Friedenstruppen in die Ukraine zu schicken.
In der Diskussion um die Zukunft der Ukraine nach einem möglichen Ende des Krieges sind Sicherheitsgarantien für die Ukraine ein zentraler Punkt. Doch wer soll Friedenstruppen schicken? Immer wieder wird in diesem Zusammenhang auch die Volksrepublik China genannt.
Verschiedene Medien hatten dieses Thema bereits mehrfach aufgegriffen. Doch wer bei der Staatsführung nachfragt, bekommt stets dieselbe Antwort: Die Berichte seien falsch.
"Länder wie China oder Indien könnten Beitrag leisten"
Bereits im Februar gab Zhou Bo am Rande der Sicherheitskonferenz in München der Deutschen Welle ein Interview. Der pensionierte Oberst des chinesischen Militärs ist einer von wenigen in der Volksrepublik, die sich in Militärfragen auch gegenüber ausländischen Medien äußern dürfen.
Zhou brachte damals schon chinesische Friedenstruppen in der Ukraine ins Spiel. Sollten sich die Kriegsparteien darauf einigen, könnten Länder wie China oder Indien einen Beitrag leisten.
Ein politisch nützliches Thema?
Auch wenn Chinas Führung dies offiziell zurückweist: Äußerungen, wie die des Ex-Militärs zeigten, dass die Regierung in Peking generell ein Interesse daran habe, an einer UN-Friedensmission beteiligt zu sein, sagt Justyna Szczudlik, China-Analystin beim staatlichen Thinktank Polnisches Institut für Internationale Angelegenheiten in Warschau. Chinas Führung könne sich so als Akteur präsentieren, der Verantwortung übernimmt und Kritik entkräften, dass China Russland unterstützt.
Falls aber Frankreich, die USA oder das Vereinigte Königreich im UN-Sicherheitsrat ein Mandat für eine derartige Mission verhinderten, könnte China laut Szczudlik argumentieren: "Der Westen ist nicht an einem Waffenstillstand und einem Friedensprozess interessiert, sondern möchte den Krieg fortsetzen. Wir Chinesen haben alles versucht."
Es sei politisch sehr nützlich für China, über Friedenssicherung in der Ukraine sprechen zu wollen egal, was am Ende dabei herauskomme, so die China-Expertin.
Keine Friedenstruppen ohne Waffenstillstand
Mit mehr als zwei Millionen aktiven Soldatinnen und Soldaten hat die Volksrepublik das Militär mit der weltweit größten Truppenstärke. Chinas Führung stellt regelmäßig Personal für UN-Friedensmissionen.
Derzeit sei man aber noch weit davon entfernt, Friedenstruppen in die Ukraine zu senden, so Alexander Gabuev, Direktor des Carnegie Russia Eurasia Center in Berlin. Zunächst müssten sich Russland und die Ukraine auf einen Waffenstillstand einigen, außerdem benötige die Ukraine Sicherheitsgarantien. "Ohne einen solchen Rahmen ist es unwahrscheinlich, dass China sich freiwillig in einen Friedensprozess einbringt und entsprechende Vorschläge unterbreitet", meint Gabuev.
Sollte China aber von den beiden Konfliktparteien oder vom Westen darum gebeten werden und die Vereinten Nationen einigten sich darauf, einen Friedenseinsatz zu schaffen, dann könnte Peking seiner Ansicht nach innerhalb einer solchen UN-Mission Friedenstruppen entsenden.
"Klare wirtschaftliche Interessen"
Neben den politischen Interessen habe China auch ganz klare wirtschaftliche Interessen, meint Justyna Szczudlik. Friedenstruppen könnten Vorarbeit leisten für ein chinesisches Engagement im Wiederaufbau der Ukraine. China könnte vor Ort sein und dabei herausfinden, was die Ukraine genau brauche - und sich so lukrative Aufträge sichern, so Szczudlik.
"Stellen Sie sich vor, China würde Friedenstruppen in der Ukraine stationieren und sich dann am Wiederaufbau beteiligen. Und wir als Europäer realisieren, dass China plötzlich vor den Toren der Europäischen Union steht." Für Europa wäre das eine enorme Herausforderung, ist sich Szczudlik sicher. Auch deswegen werden chinesische Friedenstruppen von Europa kritisch gesehen.
Sorge vor Chinas Nähe zu Russland
Die größte Sorge ist dabei jedoch Chinas Nähe zu Russland. Die beiden Länder haben ihre wirtschaftlichen und freundschaftlichen Beziehungen seit Russlands Einmarsch in der Ukraine massiv ausgebaut.
Am Wochenende wird der russische Staatschef Wladimir Putin in China auf einem internationalen Gipfel erwartet. Kommende Woche ist Putin dann bei der großen Militärparade in Peking persönlicher Gast von Staats- und Parteichef Xi Jinping. Chinas Führung will mit der Parade an das Ende des zweiten Weltkriegs in Asien vor 80 Jahren erinnern - und da soll dessen "bester Freund" nicht fehlen.
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