Vor Beginn der Offensive auf Gaza-Stadt haben Angehörige der Geiseln in Israel erneut eine sofortige Waffenruhe und Verhandlungen mit der Hamas gefordert. Laut Augenzeugen wurden israelische Soldaten bereits in Gaza-Stadt gesichtet.
Angehörige israelischer Geiseln, die seit fast zwei Jahren im Gazastreifen festgehalten werden, haben ihre Forderung nach einer sofortigen Waffenruhe im Gaza-Krieg bekräftigt. "Seit 687 Tagen werden unsere Kinder in der Hölle von Gaza festgehalten", sagte Einav Zangauker, deren Sohn Matan am 7. Oktober 2023 entführt worden war, vor dem Eingang des Militärhauptquartiers in Tel Aviv.
Rettung der Geiseln "jetzt oder nie"
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu könne "noch heute" einen Deal unterzeichnen, der zehn lebende Geiseln zurückbringe und 18 Leichen, sagte Zangauker. Sollte der Premier dies tun, könnte er sofort Verhandlungen über die Rückführung der restlichen Geiseln im Gegenzug für ein Ende des Krieges aufnehmen, sagte sie. "Netanjahu kann meinen Matan zurückbringen, und die restlichen Geiseln, die eine Schoah durchmachen."
Sie warf dem Ministerpräsidenten vor, eine Vereinbarung mit der islamistischen Hamas gezielt zu torpedieren: "Statt einem Deal zuzustimmen, galoppiert er in Richtung der Einnahme von Gaza." Netanjahu verurteile die Geiseln damit zum Tode und das Volk Israel zu einem ewigen, überflüssigen Krieg. "Uns bleiben nur noch wenige Tage, um dies zu stoppen", sagte Zangauker. "Wenn die Einnahme von Gaza beginnt, wird es keinen Deal geben. Es ist jetzt oder nie."
Hamas stimmt offenbar Gesprächen zu
Die Terrororganisation Hamas hatte am Montag erklärt, sie habe den Vermittlern eine "positive Antwort" auf einen neuen Vorschlag für eine Waffenruhe vorgelegt. Dabei handelt es sich nach Medienberichten um eine angepasste Fassung eines zuvor bereits verhandelten Vorschlag des US-Sondergesandten Steve Witkoff. Dieser sieht eine 60 Tage lange Feuerpause vor, während der zehn lebende Geiseln im Gegenzug für palästinensische Häftlinge freigelassen werden. Insgesamt befinden sich in Gaza noch 50 Geiseln, von denen noch mindestens 20 am Leben sein sollen.
Netanjahu hat den Plan zur Einnahme Gazas gebilligt und gleichzeitig neue Verhandlungen über eine Waffenruhe mit der Hamas in Aussicht gestellt. Bisher wurde aber nach Medienberichten keine israelische Delegation auf den Weg geschickt.
Gantz ruft zu Einheitsregierung auf
Parallel zu der Demonstration rief der israelische Oppositionspolitiker Benny Gantz zur Bildung einer vorübergehenden Einheitsregierung unter Ausschluss ultrarechter Parteien auf, um einen Deal mit der Hamas zur Freilassung der Geiseln zu ermöglichen. Eine solche Regierung müsse ihren Weg mit einer Vereinbarung beginnen, die alle 50 Verschleppten heimbringe, forderte er. Im Frühjahr kommenden Jahres müsse es dann eine Neuwahl geben, an einem gemeinsam vereinbarten Datum.
"Ich bin hier wegen der Geiseln, die keine Stimme haben. Ich bin hier für die Soldaten, die aufschreien und auf die in dieser Regierung niemand hört", sagte Gantz. "Die Pflicht unseres Staates ist es zuallererst, das Leben von Juden und allen Bürgern zu schützen", fügte er hinzu. "Jede Geisel, die in Lebensgefahr schwebt, könnte unser Sohn oder Ihr Sohn sein", sagte er.
Obwohl er sich für ein Abkommen mit der Hamas einsetzt, das die Freilassung der Geiseln ermöglichen würde, forderte Gantz bei seiner Ansprache am Samstagabend nicht das Ende des Krieges. "Die Terroristen der Hamas, die die Geiseln hungern lassen, müssen sterben, genau wie die Nazis", sagte der Oppositionspolitiker. "Wir werden sie bis zu ihrem letzten Tag jagen. Aber zuerst werden wir unsere Brüder retten."
Nur geringe Chancen für neues Bündnis
Der Ex-Verteidigungsminister hatte Netanjahus Regierung 2024 nach Meinungsverschiedenheiten verlassen. Er forderte nun andere Oppositionspolitiker dazu auf, sich mit ihm gemeinsam für ein halbes Jahr einer "Regierung zur Freilassung der Geiseln" anzuschließen. Die Chancen für ein solches Bündnis gelten unter Beobachtern allerdings als äußerst gering. "Wenn Netanjahu nicht zustimmt, dann wissen wir, dass wir alles getan haben", sagte Gantz.
Netanjahu ist für sein politisches Überleben bislang auf rechtsextreme Koalitionspartner angewiesen, die ein Abkommen mit der islamistischen Terrororganisation Hamas über eine Waffenruhe strikt ablehnen. Der rechtsextreme Finanzminister Bezalel Smotrich soll laut Medien Angehörigen der Geiseln gesagt haben, er werde aus der Regierung austreten, sollte Netanjahu einem Waffenruhe-Deal mit der Hamas zustimmen.
Laut der Nachrichtenseite ynet tritt das Sicherheitskabinett am Dienstag zusammen, um über die Einsatzpläne zur Einnahme der Stadt Gaza abschließend abzustimmen. Zudem werde es um den Stand der indirekten Verhandlungen über ein Abkommen zur Freilassung der Geiseln gehen, bei denen die USA, Katar und Ägypten als Vermittler fungieren. Die Hamas hatte am Montag erklärt, sie habe einem neuen Vermittler-Vorschlag für eine Waffenruhe zugestimmt.
Soldaten laut Augenzeuge bereits in Gaza-Stadt
Derweil sollen Israelische Truppen nach Angaben palästinensischer Augenzeugen in einen Teil der Stadt Gaza eingedrungen sein. Den Berichten zufolge wurden Soldaten in dem Viertel Sabra gesichtet, vor allem in der Nähe eines örtlichen Schulgebäudes. Die israelische Armee teilte auf Anfrage mit, sie äußere sich nicht zu den Positionen ihrer Soldaten.
Bevor die Offensive in vollem Umfang beginnt, ist die Räumung der Stadt vorgesehen, in der sich nach Schätzungen rund eine Million Menschen aufhalten. Mit dem Start der Offensive wird nach Medienberichten frühestens im September gerechnet. Zuletzt waren israelische Soldaten aber bereits in Vororte der Küstenstadt vorgerückt.
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