In der Nacht zum Montag soll das größte Raketensystem der Raumfahrtgeschichte im zehnten Versuch endlich einen erfolgreichen Testflug absolvieren. Das Starship von SpaceX startet vom US-Bundesstaat Texas aus in Richtung Weltall. Der Termin kann sich allerdings auch kurzfristig noch verschieben.
Viele Enttäuschungen auf dem Weg zum Mars
Die bisherigen neun Testflüge des Spaceships verliefen zumeist eher enttäuschend. Erstmals wurde das Raketensystem im April 2023 getestet und ist schon nach wenigen Minuten in der Luft komplett explodiert. Bei weiteren Tests erreichte zumindest die obere Raketenstufe den Weltraum und konnte auch kontrolliert im Indischen Ozean landen. Zuletzt waren solche Fortschritte aber selten: Beim neunten Testflug Ende Mai war eine Starship-Rakete zwar in den Weltraum abgehoben – doch dann vor der geplanten Wasserung über dem Indischen Ozean explodiert. Erst im Juni ist dann ein Starship bei Vorbereitungen für einen weiteren Testflug schon am Boden im Teststand in einen Feuerball aufgegangen.

Die Starship-Rakete hat die Größe eines 40-stöckigen Gebäudes und ist die stärkste Rakete, die je gebaut wurde. Allein die Startstufe arbeitet mit 33 Triebwerken. Das Raketensystem besteht aus zwei Teilen, die sich nach dem Start trennen: Dem etwa 70 Meter langen Booster Super Heavy und der oberen Stufe, die rund 50 Meter misst. Beide Teile sind eigentlich so konzipiert, dass sie zur Erde zurückkehren und wiederverwendet werden könnten.
Schon nach dem Starship-Absturz beim neunten Test im Mai hatte SpaceX-Eigentümer Elon Musk aufs Tempo gedrückt: Die nächsten Testflüge sollten nun schneller nacheinander erfolgen, etwa im Abstand von drei bis vier Wochen, erklärte der Tech-Milliardär damals. Zukünftig will die US-Raumfahrtbehörde Nasa das Starship nutzen, um Astronauten zum Mond zu bringen. SpaceX hingegen will eines Tages bis zum Mars fliegen – und zwar mit Menschen an Bord.
SpaceX will tausende Starships bauen
SpaceX zeigt sich optimistisch, dass der zehnte Test gelingen wird. Das Unternehmen hatte der US--Luftfahrtbehörde FAA die Gründe dafür geschildert, warum der neunte Testflug gescheitert war. Deshalb gehen Beobachter davon aus, dass das Unternehmen daraus die richtigen Lehren gezogen haben könnte.
Aber es gibt auch immer wieder kritische Stimmen aus der Branche: So steht unter anderem der Aufbau des Raketensystems in der Kritik. Bei einem Fachkongress in Washington wurde gar ein alternatives Konzept vorgestellt: ein kleineres Starboat statt des großen Starships. Dieses Konzept legt nahe, dass es statt einer riesigen Rakete ein pragmatischeres System brauche.
Dass es dagegen bei den Tests zu Abstürzen und Explosionen kommen kann, ist indes bis zu einem gewissen Grad normal. Auch bei europäischen Raketenstarts hat es zum Beispiel bei der Vega C oder der Ariane Explosionen gegeben. Und daraus lassen sich ja auch wichtige Erkenntnisse für die Entwickler ziehen.
Darauf verweist auch SpaceX: Die Testflüge dienten dem Datensammeln, betont das Unternehmen. Jeder Start habe deshalb seine Berechtigung gehabt. Musk verkündete jüngst betont Erfolge. "Wir sind jetzt an einem Punkt, an dem wir ungefähr alle zwei oder drei Wochen ein neues Starship herstellen können", sagte er bei einer Rede in Starbase, von wo die Testflüge starten. "Letztendlich arbeiten wir auf die Fähigkeit hin, 1.000 Starships pro Jahr produzieren zu können, also drei pro Tag."
Wie viele Fehlschläge sind normal?
Aber das ist angesichts des vielen Scheiterns bei den Testflügen ein Ziel in weiter Ferne. Oder ist die Bilanz des Starship gar nicht so schlecht, wie sie scheint? Daten des Raumfahrt-Thinktanks Espi (European Space Policy Institute) setzen sie in Relation: Demnach schlugen von 2000 bis 2025 sowohl in den USA als auch in Europa vier Prozent aller Raketenstarts fehl. Ein Trend, dass es im Zeitverlauf mehr oder weniger Fehlstarts gab, ließe sich aber nicht erkennen.
Die misslungenen Starts ließen sich aber teilweise erklären, sagt Espi-Leiter Ludwig Moeller. "Die Komplexität des Systems ist natürlich hoch." Außerdem gehe SpaceX mit einer Risikoabschätzung an den Start, die aggressiver ist, als sie es in Europa wäre. Grund dafür sei politischer Druck, da man unter anderem mit China in Konkurrenz stehe, schneller auf dem Mond zu sein. Und die USA hätten kaum Alternativen zur Technologie von SpaceX.
Dennoch: "Was mit Starship passiert, ist schon fragwürdig", bilanziert Moeller. Denn neben dem unternehmerischen Risiko seien die vielen Tests auch eine Gefahr für Mensch und Umwelt. Außerdem rückten die reihenweise schief gelaufenen Starts die Branche in ein schlechtes Licht. "Ich glaube, in Europa hätte man schon die Schmerzgrenze überschritten. Das wäre, glaube ich, so nicht fortsetzbar."
Link zum Livestream
SpaceX bietet wieder einen Livestream an, bei dem Interessierte den Start verfolgen können. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.
(dpa/kie)
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