Sicherheitsgarantien und ein mögliches Treffen zwischen Präsident Selenskyj und Kremlchef Putin - die diplomatischen Kanäle laufen auf Hochtouren. Und die Menschen in der Ukraine? Sie glauben nicht an Putins Friedenswillen.
Mit Sorge und Skepsis beobachten viele Menschen in der Ukraine die in Europa entfachte Diskussion, welches der 30 Länder der "Koalition der Willigen" sich tatsächlich an den Sicherheitsgarantien beteiligen möchte. Dabei ist der Frieden, der einmal abgesichert werden soll, mitnichten in Sicht.
Zweifel sind groß
Oleksiy ist Soldat und hat eine Woche Urlaub. Er ist Anfang 30 und schiebt stolz den Kinderwagen, in dem sein Sohn schläft. Er verfolgt die Nachrichten genau:"Mich interessiert jetzt, was in Europa passiert, ob sie uns Geld geben oder nicht. Und dort wird gerade ein merkwürdiges Spiel gespielt", sagt er. "Aber wir an der Front denken in erster Linie darüber nach, ob wir genügend Waffen und Munition gibt oder nicht. Wir müssen im Hier und Heute leben, an unserem Abschnitt der Front siegen. Darum geht es."
Die Zweifel sind groß bei vielen Ukrainerinnen und Ukrainern. Sie glauben nicht, dass Verhandlungen in absehbarer Zeit beginnen werden. Auch, dass sich der russische Präsident überhaupt mit ihrem Staatschef treffen wird, halten sie für unwahrscheinlich. Schließlich hat Putin aus seiner Verachtung für Wolodymyr Selenskyj keinen Hehl gemacht. Überlegungen, dass der Aggressor, aus ihrer Sicht, für seine Teilnahme an Gesprächen mit ukrainischem Territorium belohnt werden soll, finden viele abwegig oder empörend.
"Wir müssen jetzt für den Krieg leben"
Vira, eine schmale Frau in einem weißen Anzug, Ende 40, findet, dass sich die Ukraine auf niemanden anders als sich selbst verlassen sollte. "Wir Ukrainer müssen verstehen, dass niemand außer uns den Sieg erringen wird", sagt sie. "Und wir müssen jetzt für den Krieg leben, unsere Soldaten aus dem Hinterland unterstützen, wo es nur geht." Sie habe ihren Mann im Krieg verloren. "Ich habe große Angst, dass wir diesen Krieg vielleicht noch unseren Kindern hinterlassen", sagt Vira.
Mit Aktenmappe ist Sergej, 45 Jahre alt, auf dem Weg ins Büro. Er arbeitet im Verteidigungssektor. Auch er verfolgt die Diskussion über die Sicherheitsgarantien unter den westlichen Verbündeten. Er glaubt nicht, dass die ukrainische Armee rechtzeitig Verstärkung aus Europa bekommen wird: "Um Truppen hierher schicken zu können, müssen sie bereit sein, also entsprechend ausgebildet und mobilisiert", sagt er. "Europa verfügt im Moment jedoch nicht über solche nötigen Truppen, die sie in unsere Gebiete entsenden und die uns unterstützen können."
"Meine Hoffnung ist, dass die russische Wirtschaft zusammenbricht"
Sergej kann sich nicht vorstellen, dass Putin an den Verhandlungstisch kommt, ganz gleich, ob dieser nun in Ungarn oder in der Schweiz steht. Die ungarische Hauptstadt Budapest erinnert viele sofort an das gescheiterte Budapester Memorandum, das nicht nur der polnische Präsident Donald Tusk für ein schlechtes Omen hält.
Und auch die Zusicherung der Schweiz, den mutmaßlichen Kriegsverbrecher Putin nicht festzunehmen, obwohl genau das der internationale Haftbefehl vorsieht, ist möglicherweise nicht Anreiz genug. Denn Putin habe ganz andere Pläne, vermutet der Angestellte aus dem Verteidigungssektor.
"Putin verfügt über einen riesigen militärisch-industriellen Komplex, der zum Einsatz kommen muss. All die Fabriken, die neu entwickelten ballistischen Mittelstreckenraketen", sagt Sergej. "Meine einzige Hoffnung ist, dass die russische Wirtschaft zusammenbricht und es zu Unruhen kommt. Das ist die einzige Hoffnung."
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