Konstruktiver Dialog statt emotionalem Eklat: Präsident Selenskyj vertritt in den USA überzeugend die Interessen der Ukraine. Doch Zuhause zweifelt man weiter an Putins Bereitschaft zum Frieden – und an Trumps Verlässlichkeit.

An einem Tag, an dem russische Raketen und Drohnen in der Ukraine mindestens zehn Zivilisten - unter ihnen auch ein eineinhalb Jahre altes Mädchen - das Leben nehmen, lobt US-Präsident Donald Trump zur Begrüßung den Kleidungsstil seines ukrainischen Amtskollegen. Nicht nur durch sein schwarzes Sakko unterstreicht Wolodymyr Selenskyj an diesem Tag zum wiederholten Mal seine Bereitschaft zum konstruktiven Dialog.

Noch im Februar sorgte die militärisch anmutende Funktionskleidung des ukrainischen Präsidenten für Verstimmung im Trump-Lager. Diesmal läuft die Begegnung um einiges freundlicher ab. Immer wieder bedankt sich Selenskyj demonstrativ bei Trump für dessen Initiative, den Krieg gegen die Ukraine zu beenden.

"Selenskyj habe richtigen Ton getroffen", Vassili Golod, ARD Kiew, mit Bilanz zum Ukrainetreffen

tagesschau24, 19.08.2025 09:00 Uhr

Selenskyj weiter bereit zu Dialog mit Putin

Auch im Oval Office erträgt er es gefasst, auf sein Aussehen reduziert zu werden und macht diplomatisch die Verhandlungsbereitschaft seines Landes klar. Gespräche mit Russlands Machthaber Wladimir Putin sind ohne Vorbedingungen jederzeit möglich, wenn diese ein Ende des Krieges näher bringen. Keine neue Position der Ukraine. Aber eine, die Gastgeber Trump gerne hört.

An Tag 1.273 des russischen Großangriffs lassen die Ergebnisse des Gipfels in Washington viele Menschen in der Ukraine aufatmen. Denn die USA signalisieren Bereitschaft zu verbindlichen Sicherheitsgarantien.

Fortschritte bei Sicherheitsgarantien lassen hoffen

Dazu zählen unter anderem Investitionen in die heimische Rüstungsindustrie. Die Ukraine gehört weltweit zu den führenden Staaten im Bereich der Drohnentechnologie. Eine Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten wäre wirtschaftlich und militärisch eine wichtige Absicherung für das angegriffene Land.

Außerdem sind die USA bereit, langfristig Flugabwehrsysteme und weitere wichtige Waffenpakete an die Ukraine zu liefern - bezahlt von den europäischen Partnern. Schon in den kommenden Tagen soll ein detailliertes Papier erarbeitet werden, das die konkreten Sicherheitsgarantien zusammenfasst. Darin soll es wohl auch eine Klausel geben, die - ähnlich dem NATO-Artikel 5 - Mechanismen beschreibt, wie die Verbündeten der Ukraine im Falle einer erneuten Invasion Russlands eingreifen. Hierbei geht es unter anderem konkret um die Entsendung möglicher Bodentruppen - eine zentrale Frage für die Ukraine, die in Europa jedoch große Zurückhaltung auslöst.

"Teufel steckt in den Details", Cathryn Clüver Ashbrook, Bertelsmann Stiftung, Expertin für US-Politik, zum Ukraine-Treffen

tagesschau24, 19.08.2025 09:00 Uhr

Teile der Ukraine bleiben wohl vorübergehend besetzt

Eine große Mehrheit in der Ukraine wünscht sich ein Ende des Krieges durch einen Verhandlungsprozess. Auch deshalb zeigt sich Präsident Selenskyj bereit, den Krieg entlang der aktuellen Frontlinie einzufrieren und die von Russland kontrollierten Gebiete als vorübergehend besetzt zu akzeptieren. Ein schmerzhaftes Zugeständnis für das überfallene Land. Denn Russland unterdrückt, enteignet, foltert und tötet Ukrainerinnen und Ukrainer in den besetzten Gebieten.

Die Ukraine würde eine militärische Befreiung des eigenen Staatsgebietes ausschließen und darauf setzen, in einem möglicherweise viele Jahre andauernden Prozess, das eigene Staatsgebiet auf diplomatischem Wege wiederherzustellen. Aus diesem Grund ist eine juristische Anerkennung der besetzten Gebiete als Russisch aber wohl ausgeschlossen. Das wäre sowohl ein Verstoß gegen das Völkerrecht als auch gegen die ukrainische Verfassung.

Wie reagiert Moskau?

In der Ukraine wartet man jetzt auf eine Reaktion aus dem Kreml. Die Skepsis, dass Wladimir Putin sich zu einem echten Friedensprozess bereit erklärt, ist groß. Ukrainische Analysten gehen davon aus, dass der Kreml die Verhandlungen in die Länge ziehen wird, um weiter Krieg zu führen und seinem Ziel - der Zerstörung eines souveränen und unabhängigen ukrainischen Staates - näher zu kommen.

Was bleibt, ist die Hoffnung auf schärfere neue Sanktionen gegen Russland und eine stärkere Unterstützung der eigenen Streitkräfte durch die Partner.

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