- Russland rückt vor in der Region Pokrowsk.
- Ein Verlust der Stadt hätte strategische Nachteile für die Ukraine.
- Auch an anderen Stellen steht die Ukraine unter Druck.
Bohdan und sein Ärzte-Team haben fast ununterbrochen Verwundete auf ihrem OP-Tisch. Ihr Feldlazarett befindet sich unmittelbar in der Nähe der Stadt Pokrowsk, einem seit langem stark umkämpften Frontabschnitt im Osten der Ukraine. Er habe aufgehört, seine Arbeitstage zu zählen, erzählt Bohdan Journalisten der Nachrichtenagentur Reuters. Aber es müssten 16 oder 17 Tage sein, die sie jetzt schon hier sind und fast pausenlos arbeiten.
Drohnen machten es schwer, die Verwundeten hierher zu bringen oder noch weiter zu transportieren, berichtet Bohdan weiter. "Auch Zivilisten werden von den Drohnen gejagt, sobald sie sich bewegen. Selbst wenn sie weiße Schleifen an ihren Autos anbringen, macht das keinen Unterschied."
Frontabschnitt mit größten russischen Geländegewinnen
Wie bedrohlich die Lage in Pokrowsk ist, zeigen auch Auswertungen von Deep State. Die Plattform zeigt regelmäßig die Geländegewinne und -verluste der russischen und ukrainischen Armee. Auf einer Karte wird der Frontverlauf dargestellt. Rot steht für die russisch besetzten Gebiete. Besonders in der Region um Pokrowsk ist zu sehen, wie sich seit Anfang Juli das Rot ausbreitet. Laut Deep State hat das russische Militär im zurückliegenden Monat hier das größte Gebiet besetzt im Vergleich zu anderen Frontabschnitten.

Ein Offizier, der sich in Pokrowsk befindet, schildert die Lage in einem Interview mit dem ukrainischen Fernsehsender 1 + 1. Feindliche Truppen hätten bereits versucht, in die Stadt einzudringen. Das ukrainische Militär habe sie aber bisher stoppen können, sagt der Offizier. "Es sind nur kleine Gruppen, die ständig von allen Seiten heranrücken, wie Ameisen, zwei oder drei Leute. Sie werden systematisch eliminiert. Natürlich werden die Russen versuchen, die Stadt zu umzingeln, uns von unserem logistischen Weg abzuschneiden, um uns einzukesseln. Das ist logisch."
Logistischer Knotenpunkt Pokrowsk
Sollte die Ukraine die Kontrolle über Pokrowsk verlieren, wäre das auch ein bedeutsamer Verlust, glaubt Militärexperte Olexandr Sajenko. "Es ist ein bedeutender logistischer Knotenpunkt, der die Versorgung und die Beweglichkeit der ukrainischen Truppen bisher ermöglicht hat. Und von Pokrowsk aus können sich die Russen dann bereits in Richtung von Slowjansk, Kramatorsk und Pawlohrad bewegen."
Auch an anderer Stelle gerät die Ukraine zunehmend unter Druck. Russland meldete in der vergangenen Woche, die Stadt Tschassiw Jar komplett eingenommen zu haben. Die Ukraine hat das bislang nicht bestätigt. Militärexperte Sajenko glaubt nicht, dass die Stadt eine herausragende strategische Bedeutung hat: "Das ist eine kleine Stadt, ich würde sie eher als Städtchen bezeichnen. Sie besteht buchstäblich aus ein paar Straßen und einem fünfstöckigen Gebäude. Es ist eine Satellitenstadt von Bachmut. Ja, sie liegt erhöht. Aus operativer und taktischer Sicht bringt die Einnahme einen gewissen Vorteil, aber das wird nicht über das Schicksal der gesamten Schlacht um den Donbass entscheiden."
Zurück im Feldlazarett bei Pokrowsk. Dort merken die Militärärzte, wie die russischen Truppen immer näher rücken. In die Region hätten die Russen besonders viele Soldaten verschoben, sagt Arzt Serhij. "Die Frontlinie hat sich im letzten Monat sicherlich um acht bis zehn Kilometer verschoben. Unser Angriffspunkt hat sich verlagert, wie lange wir hierbleiben werden, ist unklar."
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