In Warschau ist der von der rechtspopulistischen PiS-Partei unterstützte Karol Nawrocki als Präsident vereidigt worden. In seiner Antrittsrede ging er auf Konfrontation zur proeuropäischen Tusk-Regierung.

Polens neuer Präsident Karol Nawrocki ist bei Amtsantritt auf deutlichen Konfrontationskurs zur Regierung von Donald Tusk gegangen. "Ich werde die Stimme der Bürger sein, die Souveränität wollen, die Sicherheit wollen", sagte Nawrocki nach der Vereidigung in seiner Antrittsrede. Er werde entschieden und konsequent vorgehen. "Nein zu illegaler Migration, ja zum Zloty, nein zum Euro."

Der 42 Jahre alte parteilose Historiker, der von der rechtspopulistischen Oppositionspartei PiS unterstützt wurde, war aus der Stichwahl Anfang Juni als Gewinner hervorgegangen. Der Sieg des politischen Newcomers Nawrocki über den liberalen Warschauer Oberbürgermeister Rafal Trzaskowski war eine schwere politische Niederlage für die proeuropäische Regierung von Ministerpräsident Tusk.

Trump-Fan und EU-Skeptiker

Es wird erwartet, dass der Trump-Fan und EU-Skeptiker Nawrocki versuchen wird, einen Kurswechsel in Polen herbeizuführen - mit Folgen für Deutschland und Europa. Im Wahlkampf hatte er antideutsche und antieuropäische Töne von sich gegeben. Nawrocki ist Nachfolger von Andrzej Duda, der nach zwei Amtszeiten ausscheiden musste.

Traditionell legt der Präsident in Polen seinen Amtseid vor der Nationalversammlung ab, die aus beiden Kammern des Parlaments besteht. Ministerpräsident Tusk verfolgte die Vereidigung und Rede Nawrockis mit versteinerter Miene. 

Nawrocki für führende Rolle Polens innerhalb der NATO

In seiner Rede betonte Nawrocki, er werde die Beziehungen Polens zur EU pflegen. "Aber ich werde niemals zustimmen, dass die EU Polen Kompetenzen entzieht, insbesondere in Angelegenheiten, die nicht in den Europäischen Verträgen verankert sind, und daran sollte sich nichts ändern."

Der neue Staatschef betonte die Bedeutung internationaler Allianzen für sein Land, darunter auch die mit den USA. Er erklärte, dass er sich um die Position Polens in der NATO kümmern werde. "Polen sollte eine führende Rolle beim Aufbau der Ostflanke der NATO übernehmen", sagte er.

Polen ist einer der wichtigsten politischen und militärischen Unterstützer der von Russland angegriffenen Ukraine. Das Land fühlt sich auch selbst von Russland bedroht und rüstet massiv auf. Nawrocki versicherte, er werde alle Modernisierungsbemühungen der polnischen Armee unterstützen und sich dafür einsetzen, dass sie die größte NATO-Streitmacht innerhalb der EU werde.

Gelächter von Seiten der Regierung

Der neue Präsident will sich zudem für den umstrittenen Bau eines Großflughafens in der Nähe von Warschau und den Ausbau polnischer Häfen einsetzen. "Wir können nicht länger ein Zulieferbetrieb für unsere westlichen Nachbarn und die gesamte EU sein", sagte er. Polen müsse auch gegenüber Westeuropa wettbewerbsfähig werden.

Gelächter von den Abgeordneten des Regierungslagers erntete Nawrocki, als er die Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit und die Reparatur des Justizwesens anmahnte. Denn gerade die PiS, die Nawrocki zum Kandidaten machte, hatte in ihrer Regierungszeit von 2015 bis 2023 das Justizsystem nach ihren Vorstellungen umgebaut und Kontrollinstanzen entmachtet.

Die EU-Kommission sah deswegen die Unabhängigkeit der Justiz gefährdet und leitete ein sogenanntes Artikel-7-Verfahren gegen Polen ein. In der Folge verhängte der Europäische Gerichtshof hohe Geldstrafen gegen Polen. Während der Covid-19-Pandemie wurden Milliardenhilfen der EU für das Land eingefroren.

Neue Verfassung geplant

Das Verfahren wurde erst gestoppt, nachdem die seit Dezember 2023 amtierende Mitte-links-Regierung von Tusk einen Reformplan zur Beseitigung der Defizite vorgelegt hatte. Allerdings müht sich Tusks Regierung seitdem damit ab, die Justizreformen der PiS zurückzudrehen. Dies hat stellenweise zu noch mehr Chaos im Justizwesen geführt.

Nawrocki kündigte an, ein neuer Rat beim Präsidenten solle sich mit der Neugestaltung befassen. Auch möchte er bis zum Jahr 2030 eine neue Verfassung ausarbeiten lassen. 

Tusk reagierte scharf auf Nawrockis Antrittsrede

In Polen wird das Staatsoberhaupt für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt und hat mehr Vollmachten als etwa der Bundespräsident in Deutschland. Der Präsident darf die Linien der Außenpolitik mitbestimmen, ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte und kann vom Parlament beschlossene Gesetze mit seinem Vetorecht stoppen. Nawrocki, der noch nie ein politisches Amt innehatte, kann so das Regieren erheblich erschweren.

Zuletzt war Nawrocki Direktor des Instituts für Nationales Gedenken (IPN), das in etwa der mittlerweile aufgelösten Stasi-Unterlagen-Behörde in Deutschland entspricht. Seinen Aufstieg verdankt er dem mächtigen PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski, einem politischen Erzfeind Tusks.

Letzterer reagierte scharf auf Nawrockis Antrittsrede: "Ich hoffe, dass dieser manchmal recht abschätzige und konfrontative Ton keine praktischen Konsequenzen haben wird", sagte er. In der Rede sei zu spüren gewesen, dass der neue Staatschef gerne über die Kompetenzen der Regierung und des Ministerpräsidenten verfügen würde. "Aber wenn es sein muss, werden wir als Hüter der Verfassung und der Regeln hart bleiben."

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