Klar. Der etwas überstürzt scheinende Abflug nach Washington der kleinen Delegation um die Bundespräsidentin und den Wirtschaftsminister hat etwas Verzweifeltes, man könnte sogar sagen, etwas Demütigendes.
Da bestraft der US-Präsident die Schweiz anscheinend aus einer Laune heraus mit den höchsten Zöllen aller europäischer Staaten; und das auf einer – vorsichtig formuliert – sehr zweifelhaften Faktenbasis.
Und die Schweizer Staatsspitze besteigt kurzerhand den Jet mit Ziel Washington, in der Hoffnung, vor Ort den Mann im Weissen Haus doch noch irgendwie umstimmen zu können. Sekundiert von handverlesenen Führungskräften der Schweizer Wirtschaft – aus Branchen von Pharma, über Vermögensverwaltung bis Rohstoffhandel. Welch ein Kontrast zum am 1. August rituell beschworenen Gründungsmythos einer Schweiz, die keiner fremden Macht hofiert!
Donald Trump der Sonnenkönig
Und doch ist dieses Vorgehen, so ungewöhnlich es im Konkreten sein mag, für die Schweiz charakteristisch. Die Schweizer Aussen(handels)politik ist Realpolitik und passte sich immer wieder geschmeidig den machtpolitischen Gegebenheiten an, wenn auch diesmal erst nach einem Stolperer.
Und im Umgang mit dem amtierenden US-Präsidenten gelten alle diplomatischen Regeln und Gepflogenheiten nun mal nicht. Gefragt ist, was «Mr. President» milde stimmt. Und damit ein Verhalten, das man eher mit der Beziehung der alten Griechen zu ihren Göttern oder den Untertanen im vorrevolutionären Frankreich zum Sonnenkönig vergleichen kann als mit dem normalen Umgang mit einem demokratisch gewählten Staatsoberhaupt.
Ein verlockendes Angebot muss her
Dazu passt, dass die Angebote, die die Schweiz den USA machen kann, eine gewisse Strahl- und Symbolkraft haben müssen – eine hohe Summe von Investitionen der Schweizer Wirtschaft in den USA oder eine Garantie über Energiekäufe. Erstmal zweitrangig ist dabei, inwiefern solche Versprechen auch eingehalten werden können, kann doch in der Schweiz die Politik den Unternehmen ja keine Vorgaben machen.
Das Treffen mit dem Aussenminister ist also, so die Bundespräsidentin, «sehr gut», «offen», «sehr freundschaftlich» verlaufen. Zurückhaltend optimistisch tönt das, aber nicht mehr.
Trumps einzige Konstante: der Wankelmut
Denn der Aussenminister ist nicht der Präsident – man ist vorsichtig geworden. Hinter den Kulissen bereitet sich die Schweiz auch auf das Szenario vor, dass die Zölle erstmal in Kraft treten und es längere Verhandlungen brauchen könnte, um sie ganz oder teilweise wegzubekommen.
Verlassen kann man sich bei Donald Trump eigentlich nur auf seine Sprunghaftigkeit. Heisst für die Schweiz: auf die Werte Stabilität und Planungssicherheit, die in der Schweiz so beliebt sind, darf man in den Handelsbeziehungen mit den USA für längere Zeit nicht bauen.
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