Ein Waffenruhe-Abkommen scheint weit entfernt: Erneut attackierte die russische Armee Kiew. Die Zahl der Toten stieg auf elf, zahlreiche Menschen wurden verletzt. Die Ukraine griff wiederum Ziele in Russland an.

Kiew ist ein weiteres Mal Ziel russischer Attacken geworden. Nach einem schweren Luftangriff auf die ukrainische Hauptstadt stieg die Zahl der Toten auf elf. Dazu zählen nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj auch ein sechsjähriger Junge und dessen Mutter. Es gebe Berichte über Dutzende Verletzte. Wohnungen seien beschädigt worden. Zuvor war von sechs Getöteten in Kiew die Rede.

Selenskyj veröffentlichte ein Video, das massive Zerstörung und Rettungskräfte im Einsatz zeigt. Der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko schrieb von neun verletzten Minderjährigen - das sei die höchste Zahl verletzter Minderjähriger in einer Nacht in Kiew seit Kriegsbeginn.

Die ukrainische Hauptstadt war Selenskyj zufolge das Hauptziel der russischen Angriffe. Es seien aber auch das Gebiet um Kiew herum sowie die Regionen Dnipropetrowsk, Poltawa, Sumy, Mykolajiw attackiert worden. Moskau habe mehr als 300 Drohnen und acht Raketen abgefeuert. "Heute hat die Welt wieder einmal Russlands Antwort auf unseren mit Amerika und Europa geteilten Wunsch nach Frieden gesehen", schrieb Selenskyj.

Opfer auch in Kramatorsk

Ein großer Teil eines neunstöckigen Wohngebäudes wurde getroffen und stürzte ein, wie Militärverwaltungschef Tymur Tkatschenko mitteilte. Auch Bildungseinrichtungen wurden demnach beschädigt. Auf einer Kinderstation in einem Krankenhaus sprang durch eine Druckwelle ein Fenster heraus, sagte Bürgermeister Klitschko. Auch ein Schul- und ein Kindergartengebäude wurden ihm zufolge beschädigt. Zudem sei eine weitere Lehreinrichtung getroffen worden, teilte der Katastrophenschutz mit.

In der ostukrainischen Industriestadt Kramatorsk ist infolge eines russischen Angriffs mindestens ein Mensch getötet worden. Elf weitere seien verletzt worden, teilte der Gouverneur des Gebiets, Wadym Filaschkin, bei Telegram mit. Ein fünfstöckiges Wohnhaus sei gezielt angegriffen worden. Rettungskräfte suchten in den Trümmern nach weiteren Opfern.  Filaschkin forderte die verbliebenen Einwohner der Stadt auf, aufgrund der näher rückenden Front in sicherere Gebiete des Landes zu fliehen. Die russisch-ukrainische Frontlinie verläuft circa 15 Kilometer südöstlich der Stadt.

USA erneuern Forderung

Die USA forderten im UN-Sicherheitsrat eine Vereinbarung zum Ende des Krieges bis zum 8. August. "Es ist Zeit für eine Einigung. Präsident Trump hat klargemacht, dass dies bis zum 8. August geschehen muss", sagte der US-Diplomat John Kelley vor dem Gremium. Die USA seien bereit, zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, um den Frieden zu sichern. Trump hatte am Dienstag mit Zöllen und anderen Maßnahmen gegen Russland gedroht, sollte die Regierung in Moskau keine Fortschritte bei einer Friedenslösung zeigen.

Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha hatte gefordert, den Druck auf Moskau zu erhöhen, um die Angriffe zu beenden. Der russische Präsident Wladimir Putin habe kein Interesse daran, "das Töten zu beenden", schrieb Sybiha im Onlinedienst X. "Es ist Zeit für maximalen Druck auf Moskau." US-Präsident Donald Trump "war bisher sehr großzügig und geduldig mit Putin dabei, eine Lösung zu finden", schrieb Sybiha weiter.

Das russische Militär verschärfte seine Angriffe auf die Ukraine in den vergangenen Wochen erheblich. US-Präsident Donald Trump ist deshalb zunehmend verärgert. Er hatte Russland am Dienstag "noch zehn Tage" Zeit gegeben, um den Krieg in der Ukraine zu beenden. Ursprünglich hatte Trump Mitte Juli noch eine 50-Tage-Frist ausgegeben. Verhandlungen über eine Waffenruhe zwischen Russland und der Ukraine brachten bisher keine Fortschritte.

Ukrainische Angriffe in Pensa und Wolgograd

Auch die Ukraine griff Russland an. In der Region Pensa lösten ukrainische Drohnen einen Brand auf dem Gelände eines Industriebetriebs aus, wie Gouverneur Oleg Melnitschenko, mitteilte. Schäden oder Verletzte gebe es nicht. Melnitschenko nannte keine Details zu dem Betrieb. Einem russischen Nachrichtenkanal bei Telegram zufolge gibt es in Pensa ein Elektronik-Unternehmen, das Computertechnik für das russische Verteidigungsministerium herstellen soll, sowie einen Rüstungsbetrieb.

Im Gebiet Wolgograd kam es nach Angaben der russischen Eisenbahngesellschaft wegen herabfallender Drohnentrümmer zu Verspätungen von bis zu sechs Stunden. Der Luftfahrtbehörde Rosawiazija zufolge gab es zudem vorübergehende Einschränkungen an den Flughäfen Wolgograd und Saratow.

Karte der Ukraine und Russlands, hell schraffiert: von Russland besetzte Gebiete

Russland: Tschassiw Jar erobert

Die russische Offensive geht unvermindert weiter. Der Kreml meldete Geländegewinne im ostukrainischen Donezk. Dort sei die wichtige Stadt Tschassiw Jar erobert worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Die für die ukrainische Verteidigung in der Region zentrale Stadt sei "befreit" worden, hieß es in der Mitteilung. Zeitgleich verbreiteten Moskauer Militärblogger Videos, in denen Soldaten russische Flaggen im Westteil der Stadt hissten. 

Die ukrainische Armee bestreitet die Einnahme Tschassiw Jars durch Russland. Moskaus Meldung sei "natürlich nicht wahr" und eine "komplette Lüge", sagte ein ukrainischer Militärsprecher der Nachrichtenagentur AFP.

Niels Bula, MDR, tagesschau, 31.07.2025 09:26 Uhr

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