US-Präsident Trump kündigt neue Zölle an - und schreckt damit die EU auf. Bundeswirtschaftsministerin Reiche setzt auf weitere Verhandlungen. Verbände und Ökonomen warnen vor gravierenden Folgen im Falle des Inkrafttretens.

US-Präsident Donald Trump hat ab dem 1. August Zölle in Höhe von 30 Prozent für Waren aus der Europäischen Union angekündigt - und die Reaktionen darauf folgten prompt. Während EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Verhandlungsbereitschaft signalisierte, aber auch Gegenmaßnahmen in Aussicht stellte, hofft Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) trotz der neuen Eskalation auf ein "pragmatisches Verhandlungsergebnis".

Es gehe nun in der verbleibenden Zeit für die EU darum, eine Lösung mit den USA zu verhandeln, die sich auf die wesentlichen großen Konflikt-Punkte konzentriere, sagte Reiche. Die EU-Kommission habe für diesen Verhandlungsansatz die Unterstützung Deutschlands. Sie verwies zudem darauf, dass durch die angedrohten US-Zölle nicht nur die europäischen Exportunternehmen leiden würden. Diese hätten vielmehr auch "starke Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Verbraucher auf der anderen Seite des Atlantiks", erklärte Reiche.


EU will Alternativen ausbauen

EU-Ratspräsident António Costa betonte nach der Ankündigung von US-Zöllen die Einigkeit der EU. Die Europäische Union bleibe "entschlossen, geeint und bereit, ihre Interessen zu schützen", erklärt Costa. Die EU werde zudem weiter weltweit starke Handelspartnerschaften aufbauen.

Der Vorsitzende des EU-Handelsausschusses, Bernd Lange, ging mit Trumps Brief härter ins Gericht. Er bezeichnete ihn im Gespräch mit dem ARD-Studio Brüssel als eine "Unverschämtheit". Seit drei Wochen werde intensiv verhandelt. "In so einer Situation gehört es sich nicht, die völlig ungerechtfertigten Zölle noch einmal zu erhöhen."

Am Montag soll zudem die erste Stufe der europäischen Gegenmaßnahmen in Höhe von rund 21 Milliarden Euro in Kraft treten, die die EU aufgrund der Verhandlungen bisher ausgesetzt hatte. Der SPD-Europaabgeordnete forderte nun, dass diese auf jeden Fall kommen: "Angesichts dieser Situation, dieses Briefes macht es überhaupt keinen Sinn, jetzt klein beizugeben."

Unterstützung Brüssels aus europäischen Hauptstädten

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verlangte die beschleunigte Vorbereitung europäischer Gegenmaßnahmen. Dazu müsse die EU-Kommission alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente mobilisieren, falls bis zum 1. August keine Einigung erzielt wird, schrieb Macron auf X.

Der niederländische Ministerpräsident Dick Schoof kritisierte die angekündigten US-Zölle ebenfalls und rief die EU zu Geschlossenheit auf. Trumps Ankündigung sei "besorgniserregend" und nicht der richtige Weg, schrieb er auf der Plattform X. Die Europäische Kommission könne auf die volle Unterstützung der Niederlande zählen, um ein für beide Seiten vorteilhaftes Ergebnis zu erreichen.

Die italienische Regierung zeigte sich wiederum ähnlich wie Reiche zuversichtlich, dass im Zollstreit noch ein faires Abkommen erzielt werden kann. Es sei entscheidend, sich auf die Verhandlungen zu konzentrieren, erklärte das Büro von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Rom unterstütze die Bemühungen der EU-Kommission uneingeschränkt, die in den kommenden Tagen intensiviert würden.

USA für Deutschland wichtigster Handelspartner

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) bezeichnete Trumps Maßnahme als Alarmsignal für die Industrie auf beiden Seiten des Atlantiks. "Ein Handelskonflikt zwischen zwei so eng verflochtenen Wirtschaftsräumen wie der EU und den USA schadet der wirtschaftlichen Erholung, der Innovationskraft und letztlich auch dem Vertrauen in die internationale Zusammenarbeit", erklärte Wolfgang Niedermark, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung. "Die wenigen Wochen bis zum Inkrafttreten der Zölle am 1. August müssen für Verhandlungen auf Augenhöhe genutzt werden." Die USA sind für Deutschland der wichtigste Handelspartner.

Der deutsche Außenhandelsverband BGA forderte im Zollstreit harte Verhandlungen Europas mit den USA. Donald Trumps Ankündigung 30-prozentiger Zölle sei "ein eingeübter Teil der Verhandlungsstrategie des amerikanischen Präsidenten. Europa darf sich davon nicht beeindrucken lassen, sondern muss nüchtern am Verhandlungstisch eine Lösung auf Augenhöhe suchen", erklärte Verbandspräsident Dirk Jandura. Zudem müsse Europa seine Abhängigkeit vom US-Markt verringern. Eine Freihandelszone mit den ASEAN-Staaten und eine rasche Ratifizierung des Mercosur-Abkommens seien notwendig.

Zölle könnten die Existenz vieler Unternehmen bedrohen

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) sagte: "Es ist bedauerlich, dass eine weitere Eskalation des Handelskonflikts droht", erklärte VDA-Präsidentin Hildegard Müller. "Die Kosten für unsere Unternehmen sind bereits im Milliardenbereich - und mit jedem Tag wächst die Summe." Auch Zulieferer seien von den zusätzlich angekündigten Zöllen auf Waren aus Mexiko erheblich betroffen. EU und USA müssten nun "schnellstmöglich eine Lösung finden".

Der Maschinenbau-Verband VDMA sieht bei einem Zollsatz von 30 Prozent auf Exporte in die USA die Existenz zahlreiche Firmen gefährdet. "Viele Unternehmen könnten mit zehn Prozent überleben", sagt VDMA-Präsident Bertram Kawlath dem Magazin Politico. "Bei 30 Prozent sieht das aber anders aus." Auch er forderte einen stärkeren Fokus auf Europa.

Ökonomen rechnen mit Rückzieher

Die Ökonomen Jens Südekum und Moritz Schularick rechnen damit, dass Trumps Zolldrohung von 30 Prozent auf EU-Waren nicht das letzte Wort ist. "Trump ist bekannt dafür, immer wieder starke Ansagen und dann Rückzieher zu machen", sagt Südekum der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). "Ich habe keinen Anlass, dass es dieses Mal anders sein wird", sagte der Berater von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD).

Auch Moritz Schularick, der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, sagte der FAZ, er halte die Wahrscheinlichkeit eines Rückziehers durch Trump für sehr hoch. Sollte Trump allerdings nicht nachgeben, träfe das die deutsche Volkswirtschaft empfindlich. "Im kommenden Jahr würde das Bruttoinlandsprodukt um 0,5 bis 0,6 Prozentpunkte weniger wachsen", prognostiziert Schularick. Dies würde Deutschland jedoch wegen der Ausgabenprogramme der Bundesregierung nicht in die Rezession stoßen.

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