Tradwives - unter diesem Hashtag preisen junge Influencerinnen die Rückkehr zur traditionellen Geschlechterrolle als Mutter und Ehefrau. Manche bereuen inzwischen, sich derart hintangestellt zu haben.

Wer sich durch die Videos der Tradwives klickt, fühlt sich zurückversetzt in Werbespots aus den 1950er-Jahren. Die meist blonde Tradwife ist perfekt gestylt und chic gekleidet, während sie ihren Followern lächelnd zeigt, wie man dem Ehemann ein leckeres Abendessen zubereitet.

Für den Salat holt sie frische Kräuter aus ihrem perfekten Gemüsegarten. Das Haus ist blitzeblank und aufgeräumt. Eine dieser Tradwifes ist Estee Williams aus dem US-Bundesstaat Virginia. Sie empfiehlt ihren Followern: "Tradwives glauben auch, dass sie dem Mann untertan sein sollten und ihm und der Familie dienen."

Estee Williams bekennt sich zu ihrem sehr konservativ-christlichen Glauben und - wie sie es selbst nennt - zu "ultratraditionellen Geschlechterrollen". Ein wichtiges Accessoir sind Schürzen zum Kochen und zur Hausarbeit: "Schürzen sind auch etwas, was traditionelle Ehefrauen lieben", schwärmt Estee Williams, "denn Schürzen sind unsere Uniform im Haus". 

Psychologin sieht große Gefahr

Fast alle Tradwives in den sozialen Medien betonen, dass sie sich freiwillig für diesen Lebensstil entschieden haben. Und dass sie sich nicht als politische Bewegung sehen. Doch so unpolitisch wie sie behaupten, sind Tradwives nicht, sagt die Psychotherapeutin Jourdan Travers im ARD-Interview.

Sie hat sich wissenschaftlich mit dem Phänomen der Tradwives beschäftigt und sieht klare Verbindungen zur rechtsextremistischen Alt-Right-Bewegung in den USA. "Wenn man ihre Seiten im Netz näher untersucht, auf denen sie ihre Tradwife-Ideologie anpreisen, dann sieht man, dass sie auch Alt-Right-Kanälen folgen und rechtsextreme Überzeugungen wiedergeben." 
 
Auch unter christlich-konservativen Trump-Anhängern der "Make America Great Again"-Bewegung gelten Tradwives als Vorbilder. Die Rückbesinnung auf die vermeintlich "gute alte Zeit" der 1950er-Jahre, als weiße Männer das Sagen hatten und sich Frauen unterordnen mussten - dieses historisch fragwürdige Ideal komme gerade bei jungen Männern in den USA gut an, sagt Tradwife-Expertin Travers. Weil sie im Feminismus einen Sündenbock für ihre Probleme sehen. "Wenn Frauen nicht so viel Macht hätten, sondern traditioneller wären und zu Hause blieben, nicht berufstätig wären, dann hätten auch Männer wieder mehr Chancen", so Travers.
 
Für Travers gehören Tradwives zwar zu einer ultrakonservativen Nische. Dennoch sieht die Psychotherapeutin darin eine große Gefahr, weil Millionen junger Teenagerinnen ein Trugbild gezeigt wird. In Wahrheit kann es sich kaum mehr eine Familie in den USA leisten, von nur einem Gehalt zu leben.

Gegenbewegung ehemaliger Tradwives

Auch deshalb gibt es im Netz längst die Gegenbewegung: ehemalige Tradwives, wie die Mormonin Jenny Gage, die es heute bereut, ihrem Mann zuliebe das Studium abgebrochen zu haben. Nach der Trennung von ihm muss sie jetzt in drei Mindestlohn-Jobs schuften, nur um die Miete zu zahlen.

Für das Phänomen der Tradwives gibt es in den USA viele Deutungsversuche. Vor allem sind sie Teil eines politischen und gesellschaftlichen Backlashs, für den auch US-Präsident Donald Trump oder die Rücknahme von Abtreibungsrechten stehen.

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