Was bezweckt Elon Musk mit seiner Parteigründung? US-Präsident könne er zwar nicht werden, aber er könnte Trump bei den Zwischenwahlen schaden, sagt Strategieberater van de Laar auf tagesschau24.
tagesschau24: Elon Musk will eine eigene Partei gründen und das in einem der stabilsten Zweiparteiensysteme der Welt. Was ist bisher über seine politischen Inhalte und Ziele bekannt?
Julius van de Laar: Zuallererst, dass Musk es probiert, Druck auf Donald Trump auszuüben oder er zumindest seine Relevanz zurückhaben will. Seit er nicht mehr Teil von DOGE und dementsprechend auch von der US-Regierung ist, hat er sich quasi mit Trump überworfen. Über die "Big Beautiful Bill" geht es ihm meiner Meinung nach natürlich auch darum, wieder Aufmerksamkeit zu bekommen und somit wieder zurück ins Rampenlicht zu kommen.
"Ein langes und schwieriges Unterfangen": Julius van de Laar, Strategieberater, zur Parteigründung von Musk
tagesschau24, 06.07.2025 13:00 UhrSignal an Trump: Knappe Mehrheiten in Gefahr
tagesschau24: Das heißt, es geht hier eher um Selbstvermarktung als um einen ernst gemeinten politischen Vorstoß?
van de Laar: Ich glaube, es geht zumindest zum Teil auch darum, Relevanz zurückzubekommen und auch ein Stück weit die Macht zu behalten. Was ist passiert? Mit der "Big Beautiful Bill" ist nicht nur die Staatsverschuldung um rund vier Billionen Dollar nach oben gegangen. Vor allem gehen Elon Musk damit aber Subventionen für die E-Mobilität flöten. Das ist natürlich auch ein massiver Schlag gegen Tesla.
Jetzt könnte natürlich Trump sagen, als nächstes knöpfen wir uns SpaceX, Musks Raumfahrtunternehmen, vor. Ich glaube, mit diesem Schritt, jetzt noch eine dritte Partei zu gründen, könnte Musk Trump zumindest signalisieren: Es könnte ungemütlich werden und ich könnte möglicherweise auch gegen deine hauchdünnen Mehrheiten im Kongress Stimmung machen.
Vielleicht ist das der Schuss vor den Bug von Trump, nicht noch weiter zu gehen und nicht noch mehr politischen und auch wirtschaftlichen Druck auf Elon Musk auszuüben.
Zur Person Julius van de Laar ist Kampagnen- und Strategieberater. Im US-Wahlkampf 2012 leitete er für Barack Obama den Bereich Wählermobilisierung im Schlüsselstaat Ohio. Heute berät er politische Organisationen, NGOs und Unternehmen in der Entwicklung von Kampagnen sowie deren Umsetzung."In diesem System würden auch die Musk-Milliarden nicht ausreichen"
tagesschau24: Sie kennen den US Wahlkampf aus nächster Nähe: Musk bringt, das muss man deutlich sagen, viel Geld, Aufmerksamkeit und Reichweite mit - aber keine politische Erfahrung. Wie realistisch ist es, dass er mit einer neuen Partei tatsächlich Einfluss auf den politischen Kurs nehmen kann?
van de Laar: Wenn wir uns die Historie anschauen: Es gab immer wieder Kandidatinnen und Kandidaten, die versucht haben, einen Drittpartei-Schachzug zu starten oder auch einer ganze Bewegung anzustacheln, um das Zweiparteiensystem aufzubrechen. Jill Stein hat es etwa 2016 probiert - damals im Wahlkampf Trump gegen Hillary Clinton, wo einige das Argument haben, dass Stein mit den Grünen Clinton am Ende die Wahl gekostet hat.
Es gibt noch ein prominentes Beispiel 1992: Damals hatte Bill Clinton die Wahl gegen George H. Bush, den Vater von George W. Bush, gewonnen. Warum? Weil ein Drittparteikandidat, auch ein Milliardär - Ross Perot -, damals kandidiert hat. Er hat zwar immerhin 19 Prozent der Stimmen bekommen, aber keine einzige "electoral vote", also keine einzige Wahlmann-Stimme.
Ich glaube, da zeigt sich einfach, wo das Problem ist: Das Wahlsystem in den USA ist auf der einen Seite uralt - und manche nennen es auch undemokratisch. Denn wenn man 19 Prozent der Stimmen im ganzen Land und trotzdem keinen einzigen Wahlmann bekommt, dann hat das natürlich schon auch Züge von einem Ausschlusssystem von Drittparteien.
Das ist aber nach wie vor das System, in dem Musk kandidieren müsste. Ich glaube, es zeigt einfach, wie schwer es ist, sich dort wirklich herein zu arbeiten. Und zur Erinnerung: Man braucht 270 Stimmen von Wahlleuten, um Präsident zu werden. Das ist ein wirklich sehr sehr weiter Weg. Da würden auch die Milliarden von Musk nicht ausreichen.
Musk braucht einen geeigneten Kandidaten
tagesschau24: Vor allen Dingen muss man die Massen mobilisieren. Und anders als bei den Wahlen, die Sie gerade beschrieben haben, ist es ja schon eine Neuerung, dass Musk X kontrolliert - eines der wohl wichtigsten sozialen Netzwerke für politische Kommunikation. Welche strategischen Vorteile verschafft ihm das gerade mit Blick auf Mobilisierung und Meinungsbildung?
Van de Laar: Natürlich hat er mit X ein Sprachrohr, um direkt Millionen Menschen adressieren zu können. Wir haben das 2016 gesehen: Als Trumps Werte plötzlich emporgeschossen sind, hat ihm X, damals noch Twitter, maßgeblich dabei geholfen, seine Botschaft rauszuposaunen.
Jetzt gibt es natürlich einen Unterschied: Trump hat damals das Medium genutzt, um sich selber in den Vordergrund zu schieben. Musk könnte das so nicht machen, denn er selbst kann nicht kandidieren, weil er nicht in den Vereinigten Staaten geboren ist - das ist eine Grundvoraussetzung, um in den USA als Präsidentschaftskandidat anzutreten. Musk wurde aber in Südafrika geboren. Das heißt, er würde nicht nur eine neue Partei gründen, er bräuchte auch noch einen eigenen Präsidentschaftskandidaten oder eine Kandidatin, die er unterstützt.
Musk selber ist extrem unbeliebt. Man muss sich nur anschauen, wie er in den Umfragewerten in den letzten Monaten drastisch an Zuspruch verloren hat. Im Moment sind es gerade einmal 36 Prozent, die sagen, dass sie positiv über ihn denken. Ich glaube, das ist ein wichtiger Aspekt, dass es schwierig ist, die eigene Kandidatur in einem Land, in dem man nicht kandidieren kann, so nach vorne zu treiben.
"Der Wunsch nach etwas Neuem ist durchaus da"
tagesschau24: Wen spricht Elon Musk eigentlich genau an? Sind das jetzt klassisch konservative Wähler? Enttäuschte Trump-Anhänger? Oder könnte er auch ganz andere Wählergruppen erreichen, die sich bislang vielleicht von keiner Partei vertreten fühlten?
van de Laar: Ich denke, es ist eher die letzte Gruppe: Menschen, die sich nicht repräsentiert fühlen. Da kann man immer wieder auf die Umfragen in den USA schauen. Viele Wahlberechtigte sagen: "Mir reichen zwei Parteien nicht aus, ich wähle dann meistens das kleinere Übel."
Das hat man zumindest beim letzten Wahlkampf häufiger gehört, dementsprechend ist der Wunsch nach etwas Neuem durchaus da. Aber ich glaube, das ist oft so, dass man sich natürlich immer noch was Besseres wünscht oder zumindest noch eine weitere Auswahlmöglichkeit. Die Wahrscheinlichkeit, dass jetzt wirklich viele Republikaner oder auch Demokraten etwas Neues wählen, ist aber gering.
Eine Parteigründung ist immer auch mit großen Problemen behaftet. Wenn ich mir die Historie anschaue, dann halte ich das für fast schon ausgeschlossen, dass das wirklich von Erfolg gekrönt ist.
Musk-Millionen für die Midterms, um Trumps Mehrheiten zu stören?
tagesschau24: Welche Auswirkungen könnte die Parteigründung mittelfristig auf das politische Gleichgewicht in den USA haben? Vor allem mit Blick auf die Midterms, die nächstes Jahr anstehen, und dann die Präsidentschaftswahl 2028.
van de Laar: Im Endeffekt sind die USA konstant und ständig im Wahlkampf. Man nennt es "Permanent Campaign". Die Midterms, die Zwischenwahlen, finden im November 2026 statt. Und die Mehrheit für Trump, das haben wir gerade bei seinem Steuer- und Ausgabengesetz gesehen, ist hauchdünn.
Jetzt könnte Musk kommen und sagen, er will Druck ausüben. Dann könnte er vielleicht zwei Senatskandidaten unterstützen, die ab jetzt immer gegen Trump stimmen. Oder er sucht sich im Repräsentantenhaus zehn Kandidaten aus und unterstützt sie mit vielen Millionen von Dollar, was ja für ihn ein Klacks wäre, um denen die Freiheit zu geben, sich von Trump abzuwenden. Das ist glaube ich das deutlich probatere Mittel.
Trump wird wahrscheinlich einiges dafür tun, um sicherzustellen, dass er die Mehrheit im Repräsentantenhaus behält, was schon ungewöhnlich wäre. Ich glaube, in den letzten 40 Jahren kam es etwa drei Mal vor, dass die Partei an der Macht bei den Midterms auch die Mehrheit im Repräsentantenhaus behalten hat. Das heißt, da geht es wirklich um viel.
Es würde eine enorme Kraftanstrengung bedeuten. Machtverhältnisse müssen zerrüttet werden. Aber ich glaube, wenn Musk diesen Weg gehen würde, wird hart gekämpft werden.
Die Fragen stellte tagesschau24-Moderator Tim Berendonk.
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