Die BRICS-Staaten wollen ein Gegenmodell zu einer vom Westen dominierten Weltordnung. Doch politisch scheint der Verbund wenig handlungsfähig. Beim Gipfel in Brasilien fehlen wichtige Akteure.

Soldaten und Militärlastwagen sind an der Copacabana ein seltener Anblick, doch in diesen Tagen fährt Rio de Janeiro die Sicherheitsmaßnahmen hoch. In der Bucht von Guanabara liegen Kriegsschiffe, bewachen die Strände von Flamengo und Botafogo sowie die lange Brücke zu Rios Nachbarstadt Niteroi.

Brasilien hält derzeit den BRICS-Vorsitz und richtet am Wochenende das Gipfeltreffen in Rio aus. Der chinesische Staatschef Xi Jinping hat seine Teilnahme allerdings abgesagt, und Russlands Präsident Wladimir Putin müsste in Brasilien die Vollstreckung des Haftbefehls fürchten, den der Internationale Strafgerichtshof gegen ihn erlassen hat.

Die Sicherheitsvorkehrungen in Rio de Janeiro sind zum BRICS-Gipfelgr

Politisch uneins

Doch tatsächlich stellt sich das BRICS-Bündnis politisch als nicht sehr handlungsfähig dar. Die ursprünglichen BRICS-Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika haben sich zwar im vergangenen Jahr um sechs neue Mitglieder erweitert: Ägypten, Äthiopien, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate sowie den Iran und Indonesien.

Doch wie uneins die Staaten letztlich seien, zeige die kaum vernehmbare Reaktion auf den US-Angriff gegen den Iran, sagt der in Rio lebende amerikanisch-brasilianische Journalist Glenn Greenwald, der bekannt wurde durch die Enthüllungen von Edward Snowden und der inzwischen ein häufiger Gast bei Fox News und beim ehemaligen Fox-News-Moderator Tucker Carlson ist: "Die große Frage ist, ob die BRICS nur ein Wirtschaftsbündnis als Gegengewicht zu den G7 oder den G20 bleiben oder ob sie auch ein Konkurrent für die NATO sein wollen."

Dann müssten die BRICS auf "Aggressionen wie im Iran oder sogar in Gaza reagieren. Aber ich habe nicht die Bereitschaft von BRICS gesehen, wirklich auf diese Weise zu intervenieren", meint Greenwald.

Keine Aufbruchstimmung

Zwar wächst das wirtschaftliche Gewicht der Mitgliedstaaten weiterhin, doch sei auch vom jetzigen Gipfeltreffen kein Aufbruch hin zu einem stärkeren politischen Auftreten zu erwarten, meint der Politikwissenschaftler Oliver Stuenkel aus Sao Paulo. BRICS-Mitglied zu sein sei attraktiv, weil es einen guten Zugang zu den wichtigen Märkten von China, Indien und Russland erlaube - und Zugang zu den wichtigsten politischen Akteuren der BRICS. "Aber auf der geopolitischen Schiene ist das Potenzial doch relativ gering, weil die Spannungen innerhalb der BRICS-Gruppe doch auch enorm sind", so Stuenkel gegenüber dem ARD-Studio Südamerika.

So werden die BRICS-Plus-Staaten den Weg zu der von ihnen ersehnten multipolaren Weltordnung vorerst wohl nur in kleinen Schritten weitergehen, auch wenn sie rund 40 Prozent der Weltbevölkerung und ein Viertel des globalen Bruttoinlandsprodukts darstellen.

Der kulturelle Einfluss wächst

Dafür wirken China und Russland politisch und kulturell auf Brasilien ein. So veranstaltete das russische Nachrichtenportal Sputnik vor dem Gipfel eine Konferenz, auf der es Kritik am Fernbleiben Putins gab. Putin müsse zu Hause bleiben, während Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu unbehelligt bleibe, prangert der Journalist Greenwald auf der Sputnik-Konferenz an, an der online auch der russische, nationalistische Philosoph Alexander Dugin teilnahm.

In der EU wurde das Medienunternehmen wegen manipulativer Berichterstattung über den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine mit Sanktionen belegt und musste seine Sendetätigkeit einstellen. In Brasilien dagegen erfreut sich Sputnik großer Beliebtheit als Stimme einer von vielen ersehnten multipolaren Weltordnung, in der den USA mehr Schranken aufgezeigt würden, so der Tenor der Konferenz.

China wiederum hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten seit der Gründung von BRICS unter anderem ein Netzwerk von Konfuzius-Instituten in Brasilien aufgebaut. Ein Vorzeigeprojekt ist die Joaquim-Gomes-de-Sousa-Schule in Rios Nachbarstadt Niteroi, die Mandarin als Pflichtfach in der Oberstufe anbietet. Dieses Bildungsangebot zieht Schülerinnen und Schüler aus dem ganzen Großraum an.

Für die 17-jährige Eloah, die in Niteroi Mandarin lernt, eröffnet die Initiative Perspektiven, die sie ohne BRICS vielleicht nie hätte. Später, berichtet sie, möchte sie in China Literatur studieren und dann als Übersetzerin oder Mandarinlehrerin arbeiten.

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