Unter den noch immer im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln sind auch deutsche Bürger. Ihre Familien fühlen sich von der Bundesregierung im Stich gelassen und fordern, dass sich Kanzler Merz nun stärker für sie einsetzt.

Es sind nur Videos auf dem Handy, die Idit Ohel von ihrem Sohn Alon geblieben sind. Sie zeigen, wie der junge Mann bei einem Konzert Klavier spielt. Es war die Musik, die sein Leben bestimmt hat, erzählt Mutter Idit im Wohnzimmer der Familie in der kleinen Ortschaft ganz im Norden Israels.

Doch Alon kann nicht spielen. Seit 21 Monaten ist er eine Geisel in der Hand der Hamas - entführt beim Nova-Musikfestival am 7. Oktober 2023. Seither ist er auf dem rechten Auge blind, der Körper voller Splitter der Granaten vom Terrorüberfall der Hamas. Und doch versucht er offenbar, in der Geiselhaft sein geliebtes Klavierspiel nicht zu vergessen:

Mutter Idit weiß dies alles aus Erzählungen freigelassener Geiseln, die zusammen mit ihrem Sohn in Gefangenschaft waren. Seit mehr als 630 Tagen vegetiere ihr Sohn in einem dunklen, feuchten Tunnel vor sich hin.

Druck auf neue Bundesregierung

Alon Ohel hat neben der israelischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit. Seine Großmutter, eine Holocaust-Überlebende, wurde in Berlin geboren. Auch deshalb hofft Idit Ohel nun auf die neue Bundesregierung. Sie soll das Schicksal der Geiseln und das ihres Sohnes mehr als bisher in den Mittelpunkt rücken.

"Man kann nicht über humanitäre Hilfe für Gaza reden, wenn nicht auch über die Geiseln gesprochen wird", sagt Ohel. Es seien deutsche Staatsbürger, um die sich keiner kümmere. "Sie bekommen kaum etwas zu essen, werden medizinisch unzureichend betreut. Man kann nicht über das eine reden, ohne das andere miteinzubeziehen. Das ist nicht in Ordnung."

Chagit und Ruby Chen halten ein Plakat, das deutsche Hamas-Geiseln zeigt.

Neue Hoffnung seit Trumps Amtsantritt

Auch Itay Chen, der Sohn von Ruby Chen, wurde am Tag der Hamas-Terrorattacke entführt. Der Soldat war in einem Panzer, um die Kibbuzim zu verteidigen. Zwar hat das Militär seinen Sohn für Tod erklärt, doch Ruby Chen will daran nicht glauben. Er hat immer noch Hoffnung - und seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump ist die noch größer geworden.

Trump habe beim Israel-Iran-Krieg nach 12 Tagen eine Waffenruhe vermittelt, sagt Ruby Chen. Er sieht nun auch für den Gaza-Krieg ein günstiges Momentum. Und: Er hofft vor allem auf einen: "Ich denke, das ist die Gelegenheit für die neue Bundesregierung - und vor allem für Kanzler Merz, von dem wir viel erwarten und an den wir glauben." Merz müsse aktiver sein, um die sieben noch im Gazastreifen verbleibenden deutschen Geiseln herauszuholen, fordert der Vater. "Jetzt gibt es die Möglichkeit, alles neu zu bewerten."

"Es muss Gerechtigkeit geben"

Auch Itay, dessen Großmutter in Bad Reichenhall geboren wurde, ist deutscher Staatsbürger. Bisher habe sich Deutschland zu wenig um das Schicksal seiner eigenen Staatsbürger gekümmert, kritisiert sein Vater, und nennt als Beispiel die juristische Aufarbeitung der Terrorattacke der Hamas:

Treffen mit Merz

Am Montag wird Ruby Chen den Kanzler treffen und ihm seine Erwartungen sagen. Auch Idit Ohel wird dabei sein und Merz sicher von ihrem Sohn Alon, dem Pianisten, erzählen - von dem sie sicher ist, dass er nicht als gebrochener Mann zurückkehren wird.

"Alon ist stark, auch im Kopf. Was er in der Gefangenschaft macht, wie er dort anderen Geiseln hilft - das zeigt mir, dass er stabil ist und viel über sich lernt", sagt seine Mutter. "Ich denke, wenn er zurückkommt, wird er noch stärker sein, und genau wissen, was er mit seinem Leben anfangen wird."

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