Mehr als 70 Millionen US-Bürger haben nur wegen des Medicaid-Programms Zugang zu gesundheitlicher Versorgung. Auch wenn Trump das Gegenteil versprochen hatte: Viele werden bald ihren Anspruch verlieren.

Schon im Februar, bei einem Besuch im Kongress, reagierte Donald Trump genervt auf die Frage, ob er garantieren könne, dass es im Gesundheitssystem keine Einschnitte geben werde. "Ich habe das schon so oft beantwortet", sagte der US-Präsident.

Und er versicherte, dass er das Gesundheitsprogramm Medicaid nicht anfassen werde: "Uns geht es um Betrug. Ich bin mir sicher, Sie finden auch, dass illegale Einwanderer und Kriminelle keinen Anspruch darauf haben sollten."

Einschnitte bei Medicaid

Wie das funktionieren soll, ist für Dean Baker ein Rätsel. Der Mitgründer des Center for Economic and Policy Research forscht seit Jahrzehnten zur US-Sozialversicherung: "Die Argumentation, dass gleichzeitig 800 Milliarden Dollar eingespart werden und niemand betroffen ist - das wäre eine tolle Story."  

Das Gegenteil sei aber der Fall: Trumps "Big Beautiful Bill" genanntes neues Mammut-Gesetz enthalte sehr große Einschnitte bei Medicaid. Aus seiner Sicht besonders perfide. Das meiste Geld solle durch zusätzlichen Papierkram für die Antragsteller eingespart werden. Das betreffe oft Menschen mit geringer Schulbildung, die mit dem Ausfüllen zusätzlicher Formulare überfordert seien - und deshalb ihren Anspruch auf medizinische Versorgung verlören.

Bis zu 18 Millionen Menschen könnten betroffen sein

Aktuell bekommen mehr als 70 Millionen US-Amerikanerinnen und -Amerikaner Unterstützung aus dem Medicaid-Programm. Ohne die finanziellen Hilfen könnten sie sich keine ärztliche Versorgung oder einen Krankenhausaufenthalt leisten.

Zwischen zehn und 18 Millionen Menschen könnten durch das große Gesetzespaket des Präsidenten ihre Ansprüche jetzt verlieren, schätzt Baker. Das sind zwischen 20 und 25 Prozent. "Betroffen sind vor allem Menschen mit niedrigen Einkommen, mit geringer Schulbildung", so der Sozialwissenschaftler.

Sie lebten in den ärmeren Teilen des Landes, wie etwa West Virginia, das von Kohlezechen geprägt war. Seit in der Branche fast alle Jobs weg gefallen sind, gebe es eine hohe Abhängigkeit von Medicaid. Hier würden viele Menschen ihren Anspruch verlieren. Menschen mit mittleren Einkommen, die sich im Ruhestand keine medizinische Versorgung leisten können, würden ebenfalls nicht mehr abgesichert sein.

Einige Republikaner gegen Medicaid-Kürzungen

Auch in Alaska sind viele Menschen, wenn sie krank werden, auf Medicaid angewiesen. Die republikanische Senatorin für diesen Bundesstaat ist eigentlich keine Freundin von Trumps Gesetzespaket. Lisa Murkowski stimmte schließlich trotzdem dafür. "Ich versuche, mich um die Interessen Alaskas zu kümmern. Aber ich weiß, dass Amerikaner in vielen Teilen des Landes keine Vorteile dadurch haben werden", sagte sie nach der Abstimmung im US-Senat.

Aber weil sie für ihren Staat noch ein bisschen was rausholen konnte, stimmte sie mit Ja. Zur Empörung des demokratischen Senators Jim McGovern: "Wenn Sie das Gesetz wirklich nicht mögen, warum zur Hölle haben Sie dafür gestimmt", fragte er in der Debatte im Senat in ihre Richtung.

Einer, der wirklich dagegen gestimmt hat, ist Thom Tillis, republikanischer Senator aus North Carolina. "Die Republikaner vergehen sich an der amerikanischen Gesundheitsversorgung. Es ist unvermeidlich, dass Donald Trump mit diesem Gesetz sein Versprechen brechen wird, nur Missbrauch und Betrug bei Medicaid zu bekämpfen", sagte er in seiner Rede im Senat. Als Trump daraufhin drohte, dass er nicht mehr für den Senat aufgestellt werde, verzichtete Tillis auf eine erneute Kandidatur.

Die meisten Medicaid-Empfänger arbeiten

Laut republikanischer Parteilinie geht es darum, Menschen von Medicaid auszuschließen, die nicht arbeiten wollen - und Immigranten ohne Aufenthaltsrecht in den USA. Das Center for Economic and Policy Research hat Logik und Folgen dieses Ansatzes wissenschaftlich untersucht.

Es handele sich bei diesen Gruppen allerdings nicht um viele Menschen, sagt Wissenschaftler Baker: "Einige Bundesstaaten lassen auch Immigranten für Medicaid zu. Die meisten aber nicht." Und für Menschen ohne Papiere gebe es nur an sehr wenigen Orten Medicaid. Die meisten, die von den Zuschüssen aus dem Programm profitierten, arbeiteten schon.

Die Ironie der Geschichte sei, dass vor allem viele Trump-Wähler die Leidtragenden der "Big Beautiful Bill" sein werden. Denn ihnen droht in erster Linie, dass sie ihre Gesundheitsversorgung verlieren. Und um von den Steuererleichterungen zu profitieren, die auch in der Bill stecken - dafür verdienten sie oft zu wenig.

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