Im Schwarzen Meer an der Grenze zur Ukraine will Rumänien ein neues Gasfeld erschließen. Mehr Energiesicherheit ist das Ziel. Umweltschützer kritisieren das Projekt vehement. Und könnten Minen dem Vorhaben gefährlich werden?
Unterwegs mit der rumänischen Marine auf dem Minensuchschiff Minehunter. Das Einsatzgebiet grenzt an ukrainisches Gewässer und damit an ein Kriegsgebiet.
Oberstleutnant Denis Giubernea probt mit seiner Crew für den Ernstfall: "Ich denke, jeder weiß, was er zu tun hat. Denkt bitte daran: Die Sicherheitsmaßnahmen haben höchste Priorität."
Die größte Gefahr momentan sind Seeminen, die von russischen Kriegsschiffen abgeworfen werden. Die Mannschaft muss regelmäßig trainieren, wie man sie unschädlich macht.

Auch im Schwarzen Meer kann der Krieg zwischen Russland und Ukraine wieder an Schärfe gewinnen. Die rumänische Marine trainiert für diesen Fall.
Eine Plattform in der Nähe des Kriegsgebietes
Ihr Einsatz wird bald noch wichtiger werden, denn Rumänien plant und baut derzeit ein Großprojekt im Schwarzen Meer. Eine neue Bohrplattform soll 160 Kilometer vor der Küste Erdgas fördern.
Vor allem nach dem Sprengstoffanschlag auf die Nordstream-Pipelines in der Ostsee ist allen klar, dass sie die Plattform und die Rohre schützen müssen.
"Unser Sonar sieht alles unter Wasser bis zu einer Tiefe von 300 Metern. Wir können also jede Mission sicher ausführen, die die Unterwasserüberwachung betrifft", sagt Giubernea.
Das Gasfeld Neptun Deep liegt weit draußen im Schwarzen Meer. Für die EU ein Schatz, auch um noch unabhängiger von russischem Gas zu werden.

Hier ist es nur eine Trainingsmine, die explodiert. Doch die Minensucher der rumänischen Marine wissen, dass der Ernstfall jederzeit eintreten kann.
Gasimporte aus Russland wieder gestiegen
Vor dem Einmarsch in der Ukraine 2022 importierte die EU knapp 50 Prozent des Gases aus Russland. Nach dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ging der Gaskonsum zurück.
Im Sommer 2023 erreichte er dann nach Angaben der EU-Kommission seinen Tiefststand von 13 Prozent. Doch zuletzt stieg er wieder an und lag Ende 2024 bei 20 Prozent.
Gründe, sich von Russlands Gas zu verabschieden
Ziel der EU ist es aber bis 2027 die Gasabhängigkeit von Russland zu beenden. Der steigende Konsum ist für EU-Energiekommissar Dan Jørgensen der falsche Weg. Anfang Mai sagte er:
Cristian Hubati, Chef des rumänischen Gasunternehmens OMV Petrom, weiß, dass ganz Europa auf das Projekt Neptun Deep schaut.

Rumänien mit der Stadt Konstanza und dem Gasfeld Neptun Deep im Schwarzen Meer. Hell schraffiert: von Russland besetzte Gebiete
Eine Energieform für den Übergang?
Die gesamte Fördermenge von Neptun Deep beträgt 100 Milliarden Kubikmeter Gas. Zum Vergleich: Die Hälfte davon, also 50 Milliarden Kubikmeter, importierten allein vergangenes Jahr die EU-Länder insgesamt aus Russland.
Zwar sei die Fördermenge nicht gigantisch, erklärt Energieexpertin Tchakarova vom Österreichischen Institut für Europa und Sicherheitspolitik (AIES), sie garantiere aber stabile Gaspreise und Planungssicherheit. Auch für Deutschland, das jährlich einen kleinen Teil abkaufen will.
Umweltschützer warnen
Genau das ist für Umweltschützer Mihnea Matache von Greenpeace das Problem. Das Treffen mit den Reportern findet genau dort statt, wo die Pipelines auf die Küste treffen werden - mitten in einem Naturschutzgebiet.
Die Gasförderung könnte die Delfinpopulation bedrohen. Hinzu kommt der CO2-Ausstoß, wenn das Gas verbrannt wird. "Das Neptun-Deep-Projekt wird insgesamt 200 Millionen Tonnen CO2 ausstoßen, das ist das, was Rumänien in drei Jahren ausstößt. Das wird die Klimakrise, in der wir stecken, noch befeuern", so Mihnea Matache.
Matache und die anderen Umweltschützern wollen Neptun Deep stoppen. Statt auf fossile Brennstoffe solle man auf erneuerbare Energien setzen.
Greenpeace hat Rumänien in Sachen Neptun Deep mehrmals verklagt, zwei Prozesse gewonnen, zwei verloren, weitere laufen noch.
Für Matache ist Gas nur geringfügig besser als Öl oder Kohle. Doch ihn treibt noch ein ganz anderes Problem um: die Sicherheit. "Bei Neptun Deep haben sie das Risiko durch Seeminen überhaupt nicht mitberechnet. Das Projekt wird ja direkt neben einem Kriegsgebiet sein und die Gefahr ist real."

Eine Aktion der Umweltschützer von Greenpeace gegen Neptun Deep an der rumänischen Schwarzmeer-Küste. Die Auseinandersetzung um die Gasförderung läuft auch vor Gericht.
Auf den Ernstfall vorbereitet sein
Auf diesen Fall bereiten sie sich auch auf dem Minensuchschiff Minehunter vor. Die Aufgabe der Crew ist es nun, die Übungsmine zu finden und unschädlich zu machen. "Heute simulieren wir das natürlich nur", betont Kapitän Giubernea.
Aus Sicht der Marine sind sie durchaus vorbereitet auf die neue Herausforderung. Ab 2027 soll Neptun Deep angezapft werden - und die Gasförderung im Schwarzen Meer starten.

Rumänische Soldaten beim Training, Minen unschädlich zu machen.
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