Wie kann der Bund seine Haushaltslücke stopfen? Bundesfinanzminister Klingbeil plädiert auch für Steuererhöhungen und erhält dafür nun Unterstützung aus SPD-regierten Ländern. Ministerpräsident Schweitzer erinnerte dabei an die Ära Kohl.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer hat sich dafür ausgesprochen, Superreiche stärker als bisher in die Verantwortung zu nehmen. Es gebe "eine steigende Zahl von Deutschen, die ihren Lebensunterhalt nicht aus Erwerbsarbeit bestreiten, sondern davon leben, dass sie hohe Vermögen, Aktien, große Erbschaften besitzen", sagte der SPD-Politiker dem Tagesspiegel. "Diese Menschen werden im Verhältnis viel, viel weniger besteuert als Menschen, die Lohnsteuer zahlen." Multi-Millionäre und Milliardäre stärker zu fordern, "sollte politischer Konsens sein, auch zwischen SPD und CDU/CSU".

"Raus aus diesen Grabenkämpfen"

An den Koalitionspartner der SPD im Bund gerichtet, sagte Schweitzer, die CDU sollte "mehr Helmut Kohl wagen". Mitte der 1990er-Jahre habe der Spitzensteuersatz bei 56 Prozent gelegen, zudem habe es eine Vermögensteuer gegeben. "Niemand hatte damals den Eindruck, in Deutschland herrsche Sozialismus. Es dient der Demokratie, auch diejenigen in die Pflicht zu nehmen, denen es so gut geht, dass es ihnen nie wieder schlecht gehen wird."

Angesichts der milliardenschweren Finanzlücke in den kommenden Bundeshaushalten plädierte Schweitzer für ein besseres Management innerhalb der Koalition. "Mich ärgern auch die parteipolitischen Rituale", sagte er. "Noch immer höre ich von CDU-Generalsekretär Linnemann das alte Lied, gekürzte Sozialleistungen machten alles gut. Das ist genauso schädlich wie die Behauptung, am Sozialstaat dürfe sich nichts ändern." Union und SPD müssten "raus aus diesen Grabenkämpfen".

Schweitzer forderte zudem eine Modernisierung des Sozialstaats, der "zu analog, zu altmodisch" sei. Es gebe zu viele Akteure: "Kommunen, Kommunen untereinander, Kommunen nebeneinander, Kommunen und Land, Land und Bund, die Sozialversicherungen. Wir geben sehr viel Geld aus, um den Sozialstaat zu verwalten, anstatt ihn zu gestalten." Diese Debatte müsse die SPD prägen und vorantreiben, anstatt "von der Grundlinie aus Abwehrbälle zu schlagen".

Rehlinger will "Zoom ein bisschen aufziehen"

Schweitzers Parteikollegin, die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger, plädierte in der Bild am Sonntag ebenfalls für höhere Steuern für Spitzenverdiener und Vermögende. "Wir sollten uns nicht von vornherein irgendwelche Denkverbote auferlegen", sagte Rehlinger. Im Koalitionsvertrag sei die Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen vereinbart worden, dazu eine Unternehmenssteuerreform für wirtschaftliche Impulse. "Aber ich glaube, dass es gut ist, den Zoom ein bisschen aufzuziehen."

Sie wolle "keine Neiddebatten", führte Rehlinger aus. Sie sei "sehr dafür, dass sich Leistung lohnen soll". Aber wer profitiere, "für den kommt dann auch der Zeitpunkt, wo man sagt, okay, ich kann vielleicht auch etwas mehr schultern als andere".

Vermögens- und Erbschaftssteuer im Visier

Rehlinger äußerte sich nicht nur mit Bezug auf die Einkommenssteuer, sondern kann sich auch Änderungen bei der Vermögens- oder der Erbschaftssteuer vorstellen. "Was die SPD sich überlegt", sei "für die sehr reichen Menschen in diesem Land", erläuterte die SPD-Ministerpräsidentin. Es sei auffällig, "wie sehr im europäischen, im weltweiten Vergleich Vermögen bei uns geschont" würden.

Zudem biete die Erbschaftssteuer "sehr viele Gestaltungsspielräume", die oft "zu einer ganz geringen Steuerlast führen". Dabei habe sie weder "das Häuschen von der Oma" im Visier, noch wolle sie Unternehmen belasten, "die in ihrer Substanz gefährdet wären", betonte Rehlinger. Aber es gebe "Vermögensverschiebungen", bei denen "eine ehrliche Debatte" über eine schärfere Erbschaftssteuer nötig sei. "Das wäre kein Neid, aber es wäre Gerechtigkeit, über die man dann sprechen würde."

Merz sagt Nein zu Steuererhöhungen für Mittelstand

Finanzminister und SPD-Chef Lars Klingbeil hatte am vergangenen Sonntag im ZDF-Sommerinterview Steuererhöhungen für Reiche zur Finanzierung der Haushaltspläne nicht ausgeschlossen: "Ich finde, es ist etwas, wo sich gerade Menschen mit hohen Einkommen, hohen Vermögen auch fragen müssen, welchen Teil tragen wir dazu bei, dass dieses Land gerechter wird." Dafür hatte er viel Widerspruch vom Koalitionspartner Union kassiert.

In einem Brief an seine Kabinettskollegen verwies Klingbeil am Freitag zudem auf eine Finanzierungslücke von mehr als 30 Milliarden Euro für den Haushalt 2027. Um diese zu schließen, sei eine "gemeinsame Kraftanstrengung" nötig. Der Finanzminister betonte, er erwarte "von allen Ressorts substanzielle Vorschläge zur Konsolidierung des Bundeshaushaltes".

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) reagierte am Samstag auf dem Landesparteitag der niedersächsischen CDU auf die Debatte und schloss eine zusätzliche Belastung des Mittelstands aus. "Mit dieser Bundesregierung unter meiner Führung wird es eine Erhöhung der Einkommenssteuer für die mittelständischen Unternehmen in Deutschland nicht geben", sagte Merz auf dem - auch wenn es in der SPD den einen oder anderen gebe, der "Freude daran hat, über Steuererhöhungen zu diskutieren".

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