Seit mehr als einem Jahr wird an drei Oberlandesgerichten gegen die "Gruppe Reuß" wegen eines Umsturzversuchs verhandelt. Urteile scheinen in weiter Ferne. Nun sind zwei Angeklagte aus der Haft entlassen worden.
Sie galt als Wahrsagerin der Gruppe und soll für "Spiritualität" zuständig gewesen sein: Ruth L. aus dem hessischen Heppenheim gehörte aus Sicht des Generalbundesanwalts Jens Rommel ebenso zum Kern der Gruppe, wie Wolfram S. aus Karlsruhe, der für die IT der Gruppe zuständig gewesen sein soll.
Nun sind beide Angeklagte unabhängig voneinander in den vergangenen Wochen aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Das Verfahren von Ruth L. hat das Oberlandesgericht München sogar gänzlich abgetrennt und ausgesetzt. Kommt Bewegung in den Fall?
Langwierige Verfahren
Die insgesamt drei Verfahren finden an den Oberlandesgerichten Frankfurt, München und Stuttgart statt. Der Generalbundesanwalt hatte sich entschieden, in Frankfurt die mutmaßlichen politischen Anführer der Gruppe, in Stuttgart den "militärischen Arm" und in München eine illustre Gruppe von Personen anzuklagen, die ebenfalls zum Kern der Verschwörung gehören sollen und Aufgaben wie etwa Wahrsagerei oder Unterstützung des Prinzen als "Privatsekretär" gehabt haben sollen.
In allen drei Verfahren dauert die Wahrheitsfindung lange. Lediglich am Oberlandesgericht Stuttgart ging es voran. Dort konnte der Sachverhalt einer Schießerei in Reutlingen zwischen einem Angeklagten und dem Spezialeinsatzkommando (SEK) der baden-württembergischen Polizei recht zügig verhandelt werden.
Insgesamt entsteht der Eindruck, dass die Verfahren eher vor sich hin dümpeln und insbesondere in München von Streit zwischen den Verteidigern und der eher unentschlossen wirkenden Vorsitzenden Richterin geprägt sind.
Gunst der Stunde
Diese Situation vermochten zwei Angeklagte in den vergangenen Wochen für sich zu nutzen. Ruth L., die schon vor Monaten aufgrund ihres vergleichsweise hohen Alters über die langen Prozesstage geklagt hatte, entwickelte offenbar in der Untersuchungshaft mehrere akute und chronische Krankheiten, die nach Ansicht ihrer Verteidiger auch nicht richtig beziehungsweise entschlossen genug behandelt worden sein sollen.
Um den Prozess in München dadurch nicht weiter zu verzögern, wurde ihr Strafverfahren zunächst abgetrennt und dann auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Ihr Haftbefehl wurde außer Vollzug gesetzt, sie muss sich nun regelmäßig bei der Polizei melden. Sollte es ihr gesundheitlich wieder besser gehen, muss der Prozess - nur für sie - von vorn beginnen.
Bei Wolfram S. sieht die Sache anders aus: Er hatte im Stuttgarter Verfahren umfangreich Angaben zu den Vorwürfen gemacht und dabei immer wieder betont, dass ihm die ideologische Ausrichtung der Gruppe nicht bekannt gewesen sei und er unter "unglücklichen Umständen", wie es sein Verteidiger formulierte, in die Gruppe geraten sei.
Offenbar glaubt das Gericht ihm das, jedenfalls insoweit, als S. nun nicht mehr in Untersuchungshaft sitzt. Er muss aber weiterhin zu den Verhandlungen erscheinen.
Die Frage nach der Strafe
Für alle drei Senate in Frankfurt, Stuttgart und München ist das Verfahren ein Kampf gegen die Zeit. Im Dezember jähren sich die Festnahmen der Hauptbeschuldigten. Sie sitzen dann drei Jahre sitzen in Untersuchungshaft.
Insbesondere bei den nicht-vorbestraften Angeklagten müssen sich die Richter fragen, wie lange die Untersuchungshaft noch verhältnismäßig ist. Eine feste Regel gibt es dafür nicht. Allerdings drohen den meisten Angeklagten maximal zehn Jahre Haft. Viele dürften, so sie die Richter für schuldig befinden, zu weniger als zehn Jahren verurteilt werden.
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