Wirkt sich die härtere Asylpolitik der neuen Bundesregierung in den Kommunen aus? Eine Bürgermeisterin, die seit 2015 im Amt ist, berichtet.
Acht bis zehn Tage Zeit haben sie, um zu klären, wo sie einen Neuankömmling unterbringen. Acht bis zehn Tage, in denen Bürgermeisterin Marion Schunck-Zenker und ihr Team Belegungspläne wälzen, schauen, wo noch ein Bett frei ist.
Immer noch bekommen sie in der 13.000-Einwohner-Stadt Linnich im Kreis Düren jeden Monat neue Geflüchtete von der Bezirksregierung zugewiesen. 260 Geflüchtete leben hier aktuell, sie kommen aus Syrien, Afghanistan, der Ukraine oder vom afrikanischen Kontinent. Es ist eine Zahl, die sich im Vergleich zum Vorjahr nicht verändert habe, berichtet die SPD-Bürgermeisterin.
"Wir bleiben auf dem Niveau, was wir bisher hatten"
Schon vergangenes Jahr berichtete Schunck-Zenker, dass man kaum noch Möglichkeiten habe, Geflüchteten ein Bett zu bieten oder sie angemessen zu integrieren. Und zwar nicht nur in Linnich, sondern im gesamten Kreis Düren.
Daran habe sich, trotz des deutlich härteren Asylkurses der neuen Bundesregierung aus Union und SPD, nichts verändert. "Wir merken nicht, dass die Zahlen der Zuweisungen zurückgehen", sagt Schunck-Zenker. "Wir bleiben auf dem Niveau, was wir bisher hatten. Das ist im gesamten Kreisgebiet so."
Migration steuern und begrenzen
André Berghegger, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, teilt den Eindruck der Linnicher Bürgermeisterin. Zwar gingen die Zuzugszahlen in Deutschland insgesamt zurück, die Erstaufnahmeeinrichtungen der Länder seien nicht mehr so stark belegt. "Aber das Fass der kommunalen Handlungsfähigkeit läuft nach wie vor über, auch wenn weniger Wasser dazukommt", sagt Berghegger.
Vor allem die Integration der Geflüchteten und Asylbewerber, die bereits hier sind, sei für viele Kommunen weiterhin eine große Herausforderung. Dazu gebe es große Probleme, Menschen aus den Unterkünften raus und in eigene Wohnungen zu bringen. "Wir haben Geringverdiener, wir haben Asylbewerber, wir haben Flüchtlinge, die alle um bezahlbare Wohnungen konkurrieren. Um das zu bewältigen, brauchen wir Zeit", wünscht sich Berghegger. "Und das heißt auch: Die Migration muss gesteuert, geordnet und begrenzt werden."
Herausforderung Zuwanderung
Die große Gruppe der Menschen mit Bleibeperspektive gut zu integrieren - das wünscht sich Marion Schunck-Zenker. Sie ist 2015 zur Bürgermeisterin gewählt geworden, in dem Jahr, als besonders viele Menschen aus Afghanistan und Syrien nach Deutschland kamen. Die Integration in ihrer Kommune laufe vor allem über Freiwillige. Doch die seien völlig überlastet.
"Wenn weniger Menschen kommen würden, dann wüssten wir, wer mit welchem Hintergrund bei uns lebt, mit welchen Bedürfnissen und Problemen auch. Mit dieser Anzahl an Menschen haben wir diesen Überblick nicht", erzählt die Bürgermeisterin.
Konsequenzen für Straffällige
Und sie wünscht sich, dass straffällig gewordene Menschen Konsequenzen spüren. Nur sei das weiterhin nicht der Fall - trotz der Versprechen von Bundeskanzler Friedrich Merz, CDU, und Bundesinnenminister Alexander Dobrindt, CSU.
"Beim Thema Abschiebungen hat sich aus meiner Sicht nichts verändert. Wir erleben hier vor Ort nicht, dass irgendetwas schneller passiert." Das sei auch fürs gesamtgesellschaftliche Gefüge schlecht, sagt Schunck-Zenker. Sie betont, dass es sich bei den problematischen Geflüchteten im Kreis Düren um Einzelfälle handele. Aber gerade diese Einzelfälle strahlten negativ auf die gesamte Gruppe der Geflüchteten aus und zahlten auf das Konto von Populisten und Extremisten ein.
Nutzen von Grenzkontrollen?
Dass die Zahl der Geflüchteten in Linnich nicht zurückgeht, lässt die Bürgermeisterin außerdem an der Wirksamkeit von Grenzkontrollen und Zurückweisungen zweifeln. Linnich liegt in Nordrhein-Westfalen, nicht weit entfernt von der belgischen und niederländischen Grenze. Allein diese Grenze engmaschig zu kontrollieren, sei unmöglich. "Das ist eine Herausforderung, die kann eine Bundespolizei nicht stemmen", meint Schunck-Zenker.
Sie glaubt, dass eine Lösung der Asylfrage nur gesamteuropäisch gelingen kann: "Die Menschen, die kommen, die fliehen vor Krieg, vor Vertreibung. Die wünschen sich ein Leben in einem stabilen Rechtsstaat." Davon gebe es in der Europäischen Union neben Deutschland ja noch einige mehr.
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