In der Union ist die SPD-Richterkandidatin Brosius-Gersdorf auch wegen der Plagiatsvorwürfe um ihre Doktorarbeit umstritten. Ein Gutachten, das die Juristin selbst in Auftrag gegeben hat, entlastet sie nun.

Neben ihren liberalen Ansichten zu Schwangerschaftsabbrüchen ist die SPD-Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht, Frauke Brosius-Gersdorf, in der Union auch wegen Plagiatsvorwürfen umstritten. Ein Gutachten, das die Juristin und ihr Ehemann selbst in Auftrag gegeben haben, entlastet sie nun.

Eine Prüfung durch die Stuttgarter Anwaltskanzlei Quaas und Partner habe ergeben, "dass die Vorwürfe unbegründet sind und keine Substanz haben", erklärten die Rechtsanwälte Michael Quaas und Peter Sieben.

Die Kanzlei gibt aber ausdrücklich eine vorläufige Bewertung ab. "Eine ausführliche rechtliche Bewertung soll ggf. zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen", heißt es in dem Gutachten.

"Plagiatsjäger" veröffentlichte Parallelen

Brosius-Gersdorf war von der SPD als Kandidatin für einen Richterposten am Bundesverfassungsgericht vorgesehen und sollte am Freitag im Bundestag gewählt werden. Dazu kam es aber nicht, weil die Union Vorbehalte gegen sie hatte - zum einen wegen ihrer liberalen Ansichten zu Schwangerschaftsabbrüchen.

Und dann wurden kurz vor der geplanten Wahl auch noch Plagiatsvorwürfe gegen die Juristin laut. Der österreichische "Plagiatsjäger" Stefan Weber veröffentlichte Parallelen zwischen der Doktorarbeit Brosius-Gersdorfs und der Habilitationsschrift ihres Mannes.

Beide wurden 1997 an der Universität Hamburg eingereicht. Der Titel von Brosius-Gersdorfs Doktorarbeit lautet "Deutsche Bundesbank und Demokratieprinzip. Eine verfassungsrechtliche Studie zur Bundesbankautonomie vor und nach der dritten Stufe der europäischen Währungsunion". Die Arbeit ihres Mannes trägt den Titel "Öffentliche Unternehmen im Spannungsfeld zwischen Demokratie- und Wirtschaftlichkeitsprinzip".

Brosius-Gersdorf - worum geht es bei den Vorwürfen? Die Unionsfraktion hat von der SPD den Verzicht auf die Wahl der Juristin Frauke Brosius-Gersdorf für das Bundesverfassungsgericht gefordert. Als Grund dafür wurden Zweifel an ihrer Doktorarbeit genannt, aufgrund einer Veröffentlichung des als "Plagiatsjäger" bekannten Stefan Weber auf dessen Website.

Dieser hatte bemängelt, dass es in der Dissertation von Brosius-Gersdorf "23 Verdachtsstellen auf Kollusion und Quellenplagiate" gebe. Konkret geht es um sogenannte Textidentitäten in der Doktorarbeit der SPD-Kandidatin und der Habilitation ihres Ehemannes, Hubertus Gersdorf.

Allerdings erschien die Doktorarbeit von Brosius-Gersdorf bereits im Jahr 1997, die Habilitation ihres Mannes erst im Jahr 2000. Rein zeitlich ist es also höchst unwahrscheinlich, dass Brosius-Gersdorf die Passagen übernommen hat. Auch Weber selbst teilte auf der Plattform X mit, dass die Sichtweise der CDU, dass von ihm Plagiatsvorwürfe gegen Brosius-Gersdorf erhoben wurden, falsch sei.

Der Plagiatsexperte Jochen Zenthöfer sieht das ähnlich. In der Plagiatsforschung gelte der Grundsatz, dass bei Textidentitäten die Arbeit als sauber gelte, die zuerst da war - also in dem Fall die von Brosius-Gersdorf.

Der Plagiatsprüfer Weber nahm bereits zahlreiche Politikerinnen und Politiker ins Visier. So erhob er schon Vorwürfe gegen Olaf Scholz (SPD), Robert Habeck und Annalena Baerbock (beide Grüne).

Zuletzt hatte er im Auftrag der populistischen Internetplattform Nius Texte der damaligen stellvertretenden Chefredakteurin der Süddeutschen Zeitung, Alexandra Föderl-Schmid, untersucht und ihr massive Plagiate vorgeworfen. Eine daraufhin eingesetzte externe Kommission prüfte die Vorwürfe und fand keine Hinweise, dass Föderl-Schmid systematisch abgeschrieben habe.

Plagiatsvorwurf "schon per Definition nicht"

Die Kanzlei betrachtete ähnliche Fußnoten, Textstellen und Ähnlichkeiten in Überschriften. "Wenn sich bei inhaltlich vergleichbaren Fragestellungen beide Autoren auf die in der Regel begrenzte Anzahl an Veröffentlichungen beziehen, betrifft das die eigene wissenschaftliche Leistung schon nicht im Ansatz", schreibt die Kanzlei zum Thema Fußnoten.

Auch die "teilweise ähnlichen Ausführungen in den Texten" deuteten - so stelle es auch der "Plagiatsjäger" Weber dar - allenfalls "auf einen gedanklichen Austausch hin, nicht aber darauf, dass einer der Beteiligten von der oder dem anderen, ohne dies kenntlich zu machen, Inhalte übernommen hätte". Ein Plagiatsvorwurf steht deshalb schon "per Definition nicht im Raum".

Zudem gehe es nur um wenige Stellen, quantitativ und qualitativ fielen diese nicht ins Gewicht, teilten die Anwälte mit. Auch sei die Habilitationsschrift ihres Mannes später erstellt worden als die Doktorarbeit von Brosius-Gersdorf selbst.

Brosius-Gersdorf will trotz der Vorfälle vorerst an ihrer Kandidatur für das Bundesverfassungsgericht festhalten. Sie hatte in der ZDF-Sendung Markus Lanz jedoch einen Verzicht auf ihre Kandidatur nicht ausgeschlossen, sollte der Streit um sie dem Gericht schaden.

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