Frankreich zieht im Kampf gegen Zigarettenrauch an, während in Deutschland weiterhin Uneinigkeit herrscht. Dazu kommt: die deutsche Gesetzeslage. Sie ist kompliziert und kleinteilig.

Ende Juni hat Frankreich das Rauchverbot im Freien deutlich verschärft. An Stränden, in Parks, an Haltestellen, in Sportanlagen sowie rund um Schulen ist Rauchen verboten. Laut einer Umfrage unterstützt eine Mehrheit die Verschärfung.

In Deutschland ist die Lage anders: In Parks wird geraucht, an Bahnsteigen, vielerorts sogar in Kneipen und Cafés. Auch ein flächendeckendes Verbot an Stränden gibt es nicht.

127.000 Tote im Jahr

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) sterben in Deutschland jedes Jahr etwa127.000 Menschen durch die Folgen des Rauchens. Dazu gehören Herz-Kreislauf-, Atemwegs- sowie Krebserkrankungen. Hinzu kommen weitere Erkrankungen und Todesfälle durch Passivrauchen.

Roland Guttenberger ist Facharzt für Strahlentherapie und Präsident des Vereins Nichtraucher-Initiative Deutschland. Er hält strenge Rauchverbote auch im Freien für notwendig. "Von den 500.000 neuen Krebserkrankungen pro Jahr in Deutschland sind 85.000 auf Rauchen und Passivrauchen zurückzuführen", sagt er.

Es gab und gibt in Deutschland Nichtraucherschutzgesetze. Das Gesetz zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens von 2007 etwa: Es beinhaltet Rauchverbote in öffentlichen Verkehrsmitteln und Einrichtungen des Bundes. Eine Änderung erweiterte das Gesetz 2024 um Cannabis und E-Zigaretten.

Gesetzliche Regelungen gleichen einem Flickenteppich

Allerdings regelt nicht nur der Bund Rauchverbote - alle 16 Bundesländer haben eigene Gesetze, die sich zum Teil stark unterscheiden. Während es in Bremen nach wie vor normal ist, beim Besuch kleinerer Kneipen und Cafés in dichten Rauchschwaden zu sitzen, weil die Betreiber selbst darüber entscheiden dürfen, gelten in Bayern besonders strenge Auflagen. Alle öffentlichen Gaststätten, Diskotheken und Festzelte sind konsequent rauchfrei.

"Die Nichtraucherschutzgesetze sind uneinheitlich und oft voller Ausnahmen", kritisiert Stephan Weinberger vom Verein Pro Rauchfrei. Ausnahmeregelungen würden die Durchsetzung der Verbote erschweren und bei Nichtrauchern oft für Unsicherheit sorgen. Gesundheitsschutz müsse für alle gleich sein, fordert Weinberger.

Dem Gaststättenverband Dehoga zufolge haben sich die Rauchverbote mit Ausnahmen für Nebenräume oder Eckkneipen, die in einigen Bundesländern gelten, bewährt. Dem Jugend- und Nichtraucherschutz würde damit Rechnung getragen. "Gesetzlicher Handlungsbedarf besteht nicht", teilt der Verband auf Nachfrage mit.

Tabakwerbung weitgehend verboten

Tabakwerbung hingegen ist bundesweit einheitlich geregelt: Werbung in Hörfunk, Fernsehen, Internet und Printmedien ist komplett verboten. Eine Ausnahme bilden Fachzeitschriften.

2020 brachte der Bundestag eine Verschärfung auf den Weg. Auch Außenwerbung von Tabak und E-Zigaretten ist mittlerweile verboten, abgesehen von den Schaufenstern der Geschäfte, die diese Produkte verkaufen. Diese Regeln gelten auch für nikotinfreie E-Zigaretten.

Kein unbedenklicher Dampf

E-Zigaretten verbrennen keinen Tabak, sondern verdampfen eine Flüssigkeit. Daher sind sie umgangssprachlich auch als Vapes bekannt, vom englischen Wort "vaporiser" für Verdampfer. Laut der Deutschen Befragung zum Rauchverhalten (DEBRA) konsumierten Ende 2024 etwa drei Prozent der Deutschen E-Zigaretten.

Wie das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) mitteilt, ist über die Langzeitfolgen für Raucher und Passivraucher bislang nur wenig bekannt. Laut BfR enthalten E-Zigaretten nach derzeitigem Stand tatsächlich weniger krebserregende und andere gesundheitsgefährdende Inhaltsstoffe.

Unbedenklich sind die dampfenden Geräte dadurch jedoch keineswegs: Nikotin macht stark abhängig und begünstigt Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Schlaganfälle. Und auch nikotinfreie Flüssigkeiten können gesundheitsschädliche Stoffe beinhalten und allergische Reaktionen hervorrufen. Die Deutsche Krebshilfe rät ebenfalls klar davon ab, E-Zigaretten als gesündere Alternative zum klassischen Glimmstängel zu sehen.

Die Angst vorm Verbot?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) kritisierte bereits, dass Deutschland zu schleppend gegen Tabakkonsum vorgehe. Beim Nichtraucherschutz hinke Deutschland im internationalen Vergleich seit Jahrzehnten hinterher, findet auch der Arzt und Aktivist Roland Guttenberger. Er führt das auf einen größeren Einfluss der Tabaklobby zurück, vermutet aber auch aufseiten der Politik eine gewisse Furcht vor strengen Verboten.

"Selbstverständlich haben Politiker oft Sorge, mit ihrer Arbeit anzuecken", sagt er und erinnert an das bayerische Nichtraucherschutzgesetz: 2008 traten die bundesweit strengsten Rauchverbote in Kraft. Bei der darauffolgenden Landtagswahl verlor die regierende CSU erstmals seit 1962 ihre absolute Mehrheit. Einige Parteivertreter machten das Rauchverbot dafür verantwortlich. Mit dem neuen Koalitionspartner FDP lockerte die CSU die Regelungen 2009.

Vereine und Oppositionsparteien jedoch brachten einen Volksentscheid auf den Weg, der im Folgejahr für eine erneute Verschärfung sorgte. Knapp 61 Prozent stimmten für ein absolutes Rauchverbot in Gaststätten - für Guttenberger ein klares Zeichen, dass die Zeit für Rauchverbote sehr wohl gekommen war.

Die Y-History-Doku "Warum kein Rauchverbot?" ist ab heute in der Mediathek abrufbar.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke