War der israelische Angriff auf den Iran Selbstverteidigung im Sinne des Völkerrechts? Wissenschaftler des Bundestags haben daran "erhebliche Zweifel" - und die in einem 54-seitigen Gutachten begründet.
Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags haben "erhebliche Zweifel" an der Rechtmäßigkeit der Angriffe von Israel und der USA auf den Iran. In einem 54-seitigen Gutachten heißt es, die "ganz überwiegende Zahl der Völkerrechtler" sehe die Kriterien für eine "Selbstverteidigungslage" Israels nach Artikel 51 der UN-Charta nicht als erfüllt an.
Der Linken-Abgeordnete Ulrich Thoden hatte das Gutachten in Auftrag gegeben, es liegt der Nachrichtenagentur dpa vor. Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags erstellen im Auftrag einzelner Abgeordneter oder Bundestags-Gremien Expertisen, um die Arbeit des Parlaments zu unterstützen.
Den Wissenschaftlern fehlt Israels Beweis, dass der Iran unmittelbar vor dem Bau einer Atomwaffe stand. "Die Herstellung von ausreichend spaltbarem Material im Rahmen des iranischen Atomprogramms ist dabei nur ein notwendiger Zwischenschritt", erklären sie.
Fehlen noch Geheimdienst-Informationen?
Israel hat nach Ansicht der Wissenschaftler zudem nicht hinreichend dargelegt, dass der Iran die feste Absicht hat, eine möglich Waffe gegen Israel einzusetzen - und dass die Angriffe die letzte Möglichkeit waren, den Bau zu verhindern.
Das Gutachten räumt allerdings ein, dass Geheimdienste noch über Informationen verfügen könnten, die bisher nicht öffentlich zugänglich waren. Die Faktenlage könne sich also noch ändern. Israel stehe nun aber "in der Pflicht, sein militärisches Handeln gegen den Iran jetzt rechtlich zu begründen".
Zweifel auch an Begründung des US-Angriffs
Auch am "Rechtfertigungsnarrativ" der USA hegt das Gutachten Zweifel. Das amerikanische Eingreifen sei nur vom Völkerrecht gedeckt, wenn es auch der israelische Angriff sei - die US-Militäroperation lasse sich nicht auf dem Recht der kollektiven Selbstverteidigung stützen, heißt es im Gutachten.
Die Wissenschaftler warnen im Gutachten auch grundsätzlich davor, das Selbstverteidigungsrecht für sicherheitspolitische Interessen zu missbrauchen - und damit völkerrechtliche Normen "auszuhöhlen".
"Ohrfeige für Schwarz-Rot"
Die Bundesregierung hat sich bisher nicht zu der Frage positioniert, ob die Angriffe auf den Iran aus ihrer Sicht völkerrechtswidrig sind. Kanzler Friedrich Merz stellte sich allerdings klar hinter die Operationen: "Es ist nicht ohne Risiko. Aber es so zu belassen, wie es war, war auch keine Option." Für seine Aussage, Israel mache "die Drecksarbeit" für die westlichen Verbündeten, bekam er Unterstützung aus den eigenen Reihen und von Israel - aber auch scharfe Kritik.
Linken-Politiker Thoden sieht die Völkerrechtswidrigkeit der Angriffe durch das Gutachten belegt. Es sei daher "auch eine Ohrfeige für die Bundesregierung", sagt er.
Die am 13. Juni gestartete israelische Militäroperation "Rising Lion" richtete sich gegen iranische Atomanlagen und militärische Einrichtungen, aber auch gegen hochrangige Militärs und Atomphysiker. Am 22. Juni griffen die USA mit Luftangriffen auf iranische Atomanlagen in den Krieg ein. Drei Tage später trat eine Waffenruhe in Kraft.
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