Migration, Stromsteuer, Wirtschaft: Die AfD-Fraktion setzt auf ihrer Klausurtagung politische Schwerpunkte für die kommenden Monate. Co-Chefin Weidel teilt gegen Kanzler Merz aus - und kritisiert ein mögliches Verbotsverfahren scharf.

Die AfD-Fraktion hat auf ihrer Klausurtagung ein Sieben-Punkte-Papier beschlossen. Darin werden wesentliche AfD-Positionen bekräftigt.

Deutschland sei in der Krise, heißt es in dem Papier. Die "desolate Lage" sei durch "fortgesetzte Fehlentscheidungen der Altparteien herbeigeführt worden". Angeführt werden unter anderem Kriminalität und Wirtschaftsprobleme. In dem Papier plädiert die Fraktion für eine harte Grenzpolitik - "unberechtigte Einreisen" müssten gestoppt werden. Außerdem fordert sie Abschiebungen "insbesondere nach Syrien und Afghanistan", Steuersenkungen sowie eine Reparatur und Inbetriebnahme der Nord-Stream-Gasleitungen aus Russland. Die Punkte hätten an Aktualität nichts verloren, sagte Co-Partei- und Fraktionschef Tino Chrupalla.

Co-Chefin Alice Weidel griff Bundeskanzler Friedrich Merz an. Diejenigen, die mit der Wahl der CDU die Hoffnung auf einen Politikwechsel verknüpft hätten, seien "bitter enttäuscht" worden, sagte sie. "Wir sind in einer Situation, wo wir es mit einer Bundesregierung zu tun haben, die eigentlich die Politik der abgewählten Ampelkoalition fortführt", sagte Weidel.

Kritik an Bundeskanzler Merz

Merz habe "mit komplett anderen Themen Wahlkampf gemacht". Scharf kritisierte sie insbesondere den "Wortbruch" hinsichtlich der versprochenen, für private Haushalte und Teile der Wirtschaft aber vorerst nicht eingehaltenen Senkung der Stromsteuer auf das EU-Mindestniveau.

"Wer eigentlich regiert, ist die SPD", sagte Chrupalla. "Die Stromsteuer für Privatleute und Unternehmen muss sofort gesenkt werden." Zudem müsse die CO2-Abgabe, die vor allem in den Bereichen Verkehr und Gebäudeheizung erhoben werde, entfallen. Weiter verlangte Chrupalla "null Toleranz" bei Gewaltkriminalität und noch weitere Verschärfungen beim Grenzschutz.

Weidel griff auch das Thema eines möglichen Verbotsverfahren für die AfD auf. Den Beschluss der SPD, ein AfD-Verbotsverfahren vorantreiben zu wollen, kritisierte sie. Die Diskussion, die AfD "doch ernsthaft mit einem Verbotsantrag zu überziehen", erinnere sie "an ganz dunkle Zeiten". Weidel verglich einen möglichen Verbotsantrag mit Parteiverboten im Nationalsozialismus: "Genau das hatten wir 1933", sagte sie.

Partei einigt sich auf Verhaltenskodex

Bei der Klausurtagung beschlossen die Abgeordneten der AfD-Fraktion einen Verhaltenskodex. In dem Papier heißt es unter anderem: "Die Mitglieder sind um ein geschlossenes und gemäßigtes Auftreten im Parlament bestrebt, um die politische Handlungsfähigkeit und Glaubwürdigkeit der Fraktion sicherzustellen."

Daneben gibt es "Regeln zur Prävention von Bestechlichkeit" und zum "Ausschluss von Interessenkonflikten". Co-Partei- und Fraktionschef Tino Chrupalla hatte mit Blick auf eine gewachsene Wählerschaft seiner Partei von mehr Verantwortung gesprochen und einen anderen Ton der AfD im Parlament angekündigt. Ein seriöseres Auftreten soll auch den Anspruch der AfD unterstreichen, irgendwann in eine Regierung einzutreten.

SPD will sich für AfD-Verbot einsetzen

Die SPD hatte auf ihrem Parteitag am vergangenen Wochenende einen Antrag beschlossen, in dem es heißt: "Jetzt ist die Zeit, dass die antragsberechtigten Verfassungsorgane die Voraussetzungen schaffen, um unverzüglich einen Antrag auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der AfD stellen zu können." Über ein Parteiverbot müsste auf Antrag von Bundesregierung, Bundestag oder Bundesrat das Bundesverfassungsgericht entscheiden.

Über ein mögliches Verbotsverfahren gegen die AfD wird seit langem diskutiert. Die Befürworter sehen sich in der Hochstufung der Partei durch den Verfassungsschutz bestätigt. Die AfD klagt derzeit gegen ihre Einstufung als rechtsextremistisch gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz.

Einstufung der AfD Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die AfD im Mai 2025 "aufgrund der die Menschenwürde missachtenden, extremistischen Prägung der Gesamtpartei als gesichert rechtsextremistische Bestrebung" eingestuft.

Die AfD klagt gegen die Hochstufung. Wegen der rechtlichen Befassung hat der Verfassungsschutz nun eine "Stillhaltezusage" abgegeben. Das bedeutet, dass es die Einstufung bis zu einer juristischen Klärung im Eilverfahren vorläufig aussetzt und auch die Pressemitteilung dazu löscht. Gleichzeitig hat das Amt damit aber keine Aussage zur Sache getroffen. Die Stillhaltezusage ist also kein Eingeständnis, etwas falsch gemacht zu haben. Sie sagt auch nichts darüber aus, wie groß die Erfolgsaussichten von AfD-Eilantrag und -Klage sind.

Begründet hatte der Verfassungsschutz die Hochstufung in der Pressemitteilung zuvor unter anderem so: "Das in der Partei vorherrschende ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis ist nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar." Es ziele darauf ab, bestimmte Bevölkerungsgruppen von einer gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe auszuschließen.

Während mehrere AfD-Landesverbände bereits seit Längerem als "gesichert rechtsextremistisch" bewertet werden, galt die Gesamtpartei zuvor als sogenannter Verdachtsfall. Der neuen Einstufung ging eine dreijährige Prüfung durch den Verfassungsschutz voraus.

BSW dementiert Zusammenarbeit mit AfD

Von Chrupalla geäußerte Pläne über eine Zusammenarbeit der AfD mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) auf Bundesebene dementierte das BSW. "Unsere Haltung zur AfD hat sich nicht geändert", sagte BSW-Co-Chefin Amira Mohamed Ali der Rheinischen Post. "Es gibt keine Zusammenarbeit, weil wir inhaltlich viel zu weit voneinander entfernt sind."

Mohamed Ali erklärte, in Thüringen sei mit der AfD gesprochen worden, weil man die Partei dort gebraucht habe, um die Richterstellen zu besetzten. Zugleich betonte sie: "Aber wir verschanzen uns auch nicht zusammen mit den alten Parteien hinter Brandmauern, die der AfD helfen und nicht schaden. Uns geht es um Inhalte."

Chrupalla hatte am Donnerstagabend dem Sender Welt TV von Kontakten seiner Partei mit dem BSW auch auf Bundesebene berichtet. Zuvor hatte es ein umstrittenes Treffen der Fraktionschefs beider Parteien in Thüringen gegeben.

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