Weniger Bürokratie, bessere Verwaltung und Infrastruktur - das soll das neue Digitalministerium schaffen. Minister Wildberger ist Quereinsteiger. Was hat er vor?

Wer Karsten Wildberger in den ersten Wochen im Amt besucht, hat nicht den Eindruck, in einem Bundesministerium zu sein. Vieles wirkt provisorisch - und das ist es auch. Im Berliner Westen wird ein neues Ministerium mit "Start-up-Mentalität" aufgebaut, betont der Digitalminister. Viele Mitarbeiter sitzen zum Beispiel zusammen in einem Raum, den sie launig den "Schrei-Raum" nennen, weil alle Kolleginnen und Kollegen so laut vor sich hintelefonieren.

Kompetenzen, Fachabteilungen, Mitarbeiter aus fünf Ministerien und dem Kanzleramt muss Wildberger zu einer neuen Einheit formen. Nebenbei müssen Gebäude und neue Mitarbeiter gefunden werden.

Vor gut zwei Monaten war Karsten Wildberger noch Chef von Europas größtem Elektronikfachhändler, jetzt will er Deutschland digitaler machen. Gefragt, was er von seiner Arbeit mitnehme, antwortet der neue Minister: "Wenn man einen klaren Plan hat und ins Machen kommt, und die Menschen das auch richtig gut finden - dass dann vieles möglich ist."

Priorität: Digitale Infrastruktur

Eins ist sicher: Die Aufgabe ist gewaltig. Er muss nicht nur ein Ministerium aufbauen, sondern auch schnell Prioritäten setzen, was auf der Digitalisierungsagenda ganz oben stehen soll. Auch um die Erzählung lebendig zu machen, was denn dieses Ministerium für die Bürgerinnen und Bürger genau erreichen soll und kann.

Grundzüge sind inzwischen erkennbar. Ganz oben steht der schnelle Ausbau der digitalen Infrastruktur. Bereits auf den Weg gebracht ist ein Gesetz, das Deutschland mit schnellerem Internet versorgen soll. So sollen die Menschen schnell merken, dass sich das Digitalministerium kümmert.

Der Ausbau der Glasfaser und Mobilfunknetze soll zu einem "überragenden öffentlichen Interesse" werden. Wenn Provider etwa eine neuen Mobilfunkmast errichten wollen, mussten sie bisher eine Vielzahl an Genehmigungen einholen. Das soll nun einfacher werden. Behörden können den Ausbau der digitalen Infrastruktur höher priorisieren, auch wenn es zulasten des Umweltschutzes geht.

Digitalisierung der Verwaltung

Die Digitalisierung der Verwaltung ist das zweite große Vorhaben des Ministeriums. Ein wichtiger Baustein dabei ist eine digitale Brieftasche, die "Wallet", die über das Smartphone genutzt werden kann. Sie soll bis spätestens Anfang 2027 eingeführt sein.

Ein digitaler Führerschein, ein digitaler Personalausweis, aber auch Versicherungsnachweise oder Möglichkeiten zu bezahlen sollen in der Wallet integriert werden können. So soll der Alltag spürbar erleichtert werden - wenn es zugleich künftig ausreicht, Nachweise digital zu erbringen.

Das Projekt wurde schon im April 2024 auf den Weg gebracht, lange bevor es das Digitalministerium gab. Das sei etwas, "was der aktuellen Bundesregierung in den Schoß fällt, weil es schon vorher auf anderen Ebenen entschieden worden ist und jetzt eigentlich nur noch fertiggestellt wird", sagt der Digitalexperte Markus Beckedahl.

Cybersicherheit bleibt beim Innenministerium

Ein wichtiger Baustein für Deutschlands digitale Zukunft ist die Cybersicherheit, auch weil China und Russland verstärkt Angriffe fahren. Ohne eine sichere Infrastruktur wird die Digitalisierung der Verwaltung nicht funktionieren. Erstmals sind in Wildbergers Ministerium zwar viele digitale Zuständigkeiten unter einem Dach angesiedelt. Für die Cybersicherheit wird aber auch in Zukunft überwiegend das Innenministerium zuständig sein.

Der Digitalminister wird sich also mit seinen Kabinettskolleginnen und -kollegen gut abstimmen müssen. Und die Frage ist, wie gut er sich als Neuling im Politikbetrieb durchsetzen kann, wenn es um die Zuständigkeiten geht.

Als drittes wichtiges Vorhaben nennt das Digitalministerium die Staatsmodernisierung und den Bürokratieabbau. Gemeint ist damit etwa die Abschaffung der Bonpflicht oder eine "praxistaugliche Gestaltung des Lieferkettengesetzes". Europäische Regeln sollten möglichst unternehmerfreundlich umgesetzt werden.

Fehlt ein digitales Mindset?

Ob Karsten Wildberger erfolgreich ist, hängt entscheidend davon ab, wie effektiv seine wichtigsten Mitarbeiter sind - seine Staatssekretäre. Mit Markus Richter, davor Staatssekretär im Innenministerium, und Thomas Jarzombek, zuvor Sprecher der Unionsfraktion im Bildungsausschuss, habe der Minister für den digitalpolitischen Bereich zwei der erfahrensten CDU-Politiker an die Seite bekommen, meint Digitalexperte Beckedahl. Er weist allerdings auch darauf hin, "dass das Tableau erfahrener digitalpolitischer CDU-Politikerinnen nicht gerade groß" sei.

Soll auch heißen: Das digitale Mindset in der Union ist nicht gerade ausgeprägt. Aber das bringt ja der Minister selbst mit ins neue "Ministerium mit Start-up-Mentalität".

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