Altkanzlerin Merkel hat den starken Rückgang der deutschen Verteidigungsausgaben nach 1990 verteidigt: In der damaligen Situation sei das richtig gewesen. Nun müsse Deutschland aber stark investieren, um "friedenstüchtig" zu werden.

Altkanzlerin Angela Merkel hat den massiven Rückgang der deutschen Verteidigungsausgaben in den Jahren nach 1990 verteidigt.

Bei einer Diskussionsveranstaltung von RedaktionsNetzwerk Deutschland und Ostsee-Zeitung sagte die CDU-Politikerin, die von 2005 bis 2021 Bundeskanzlerin war: "Wenn wir von 1990 an immer 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung hätten ausgeben müssen, dann hätte es mit dem Aufbau der neuen Bundesländer natürlich sehr viel schwieriger ausgesehen."

Während in den 1980er-Jahren, also in den letzten Jahren des Kalten Krieges, nach Angaben des Statistischen Bundesamts noch zwischen 2,5 und 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgegeben worden waren, lag der Anteil Ende der 1990er-Jahre nur noch bei knapp 1,4 Prozent des deutschen BIP. Dass solch ein Rückgang der Rüstungsausgaben überhaupt möglich war, führt Merkel auf die politische Situation in der Zeit zurück. Mit Blick auf die Investitionen in die neuen Bundesländer sagte sie: "Diese Kraftanstrengung in den 1990er-Jahren konnte man sich schon auch nur leisten, weil man im Grunde erstmal eine Friedensdividende hatte."

"Abschreckenswirkung entwickeln"

"Heute wird darüber oft so abschätzig gesprochen, als wäre das ein Großversagen, dass man nicht so viel fürs Militärische ausgegeben hat", so Merkel weiter. Man könne sich "sehr glücklich schätzen, dass es zwei Jahrzehnte so schien, als könne man in einer friedlicheren Welt leben", sagte die Ex-Kanzlerin.

Zugleich bezeichnete Merkel die jüngste NATO-Einigung auf höhere Militärausgaben - in Höhe von 5 Prozent des BIP - als notwendig und folgerichtig. Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine Anfang 2022 habe sich die Bedrohungslage für die Länder der Europäischen Union erhöht. 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung seien längst nicht mehr ausreichend. Sie betonte, das neue NATO-Ziel für die Militärausgaben sei "sachlich gerechtfertigt" und nicht eine Dankesgabe an eine andere Nation. Im Vorfeld der NATO-Entscheidung hatte US-Präsident Donald Trump starken Druck auf die Bündnispartner ausgeübt, die Militärausgaben zu erhöhen.

"Wir müssen friedenstüchtig werden durch militärische Stärke", sagte Merkel in Anlehnung an die Aussage von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius, Deutschland müsse "kriegstüchtig" werden. Sie habe die Worte bewusst gewählt, erklärte die Altkanzlerin auf die Frage, ob sie sich von Pistorius Begriff abgrenzen wolle.

Merkel kritisiert Netanjahus Vorgehen in Gaza

Angriffe ließen sich am besten verhindern, indem man eine Abschreckungswirkung entwickle und parallel versuche, diplomatische Kontakte zu pflegen, sagte Merkel. "So ist man durch den Kalten Krieg gekommen und so muss auch man durch die zukünftige Zeit kommen." Es sei gut, dass wieder mit Russland geredet werde. "Ohne Sprechen wird mit Sicherheit dieser Krieg nicht enden", betonte Merkel.

Kritisch äußerte sich die Ex-Kanzlerin zum Vorgehen des israelischen Militärs im Gaza-Krieg. Unbestritten sei, dass die Terrororganisation Hamas äußerst brutal sei und keine Skrupel habe, Menschen als Schutzschilde zu missbrauchen. "Und dennoch bin ich der Meinung, dass die Art und Weise, in der der Premierminister (Benjamin) Netanjahu jetzt diesen Kampf führt, dass sie sehr hart, ich würde fast sagen hartherzig ist", sagte Merkel.

Sie sei nicht davon überzeugt, dass man damit die Hamas vernichten könne. Es sei daher beruhigend, dass es in Israel auch Proteste gegen das Vorgehen der Regierung gebe.

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