Die neue Bundesregierung hat angekündigt, Personal in den Ministerien einzusparen. Jetzt werden erst mal mehr als 200 Stellen geschaffen. Einen Widerspruch will das Finanzministerium nicht erkennen
"Wir werden den Personalbestand in der Ministerial- und Bundestagsverwaltung sowie in bestimmten nachgeordneten Behörden bis zum Jahr 2029 um mindestens acht Prozent reduzieren" - so haben es Union und SPD in ihren Koalitionsvertrag geschrieben.
Doch die Entscheidungen der vergangenen Wochen sprechen eine andere Sprache: Mit dem Digitalministerium wurde die Zahl der Ministerien weiter erhöht, und noch nie gab es eine so hohe Zahl von Parlamentarischen Staatssekretären und Staatsministern wie in der neuen Regierung - während der Bundestag deutlich kleiner wurde.
Nun will Schwarz-Rot kurzfristig noch 208 neue Beamten-Stellen schaffen. Das geht aus einem Schreiben des Finanzministeriums an den Haushaltsausschuss des Bundestags hervor, das dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt. Die zusätzlichen Stellen seien notwendig, um "die Arbeitsfähigkeit der neu konstituierten Bundesregierung sicherzustellen", heißt es in dem Scheiben, das vom Parlamentarischen Staatssekretär Dennis Rohde (SPD) unterzeichnet ist.
Meisten Stellen gehen ins neue Digitalministerium
Die neuen Stellen haben vor allem mit dem Aufbau des Digitalministeriums zu tun - allein 150 der 208 Stellen sind für das Haus von Minister Karsten Wildberger (CDU) vorgesehen. Unter anderem für die sogenannte "Zentralabteilung", die zum Beispiel für IT- oder Personalfragen zuständig ist. In ähnlicher Form wurden 2021, nach der Entscheidung der Ampelkoalition für die Wiedererrichtung eines eigenen Bauministeriums, kurzfristig neue Stellen geschaffen.
Das Digitalministerium selbst spricht von einer "Anfangsinvestition, die wir jetzt tätigen müssen, die aber in Zukunft helfen wird, Ressourcen einzusparen". Da mit Hilfe des neuen Hauses Bürokratie künftig abgebaut werden soll, müsse das Ministerium "schnell seine volle Schlagkraft entfalten". Die nun angemeldeten Stellen könnten zum überwiegenden Teil mit Mitarbeitern anderer Ministerien besetzt werden, deren Stellen dann künftig frei blieben.
Neue Stellen auch im Kanzleramt
Darüber hinaus sollen 40 weitere Stellen ins Kanzleramt gehen. 13 davon in die Stabsstelle für den künftigen Nationalen Sicherheitsrat, der laut Koalitionsvertrag insbesondere "die wesentlichen Fragen einer integrierten Sicherheitspolitik koordinieren" soll. Zusätzliche Stellen sind zudem für das Büro der neuen Staatsministerin für Sport und Ehrenamt, die CDU-Politikerin Christiane Schenderlein, vorgesehen.
Acht Stellen für den Altkanzler
Schließlich gehören zu dem Paket auch acht Stellen für das neue Büro von Olaf Scholz (SPD), das diesem als Altkanzler zusteht, ähnlich wie seiner Vorgängerin Angela Merkel. Die Zahl der Stellen geht allerdings über Vorgaben des Haushaltsausschusses für Altkanzler hinaus. Begründet wird die Überschreitung damit, dass "aufgrund der zu erwartenden Entwicklung seiner nachamtlichen Tätigkeit" die personelle Unterstützung in dem vorgesehenen Umfang trotzdem erforderlich sei - schließlich sei in Scholz‘ Amtszeit unter anderem der Angriff Russlands auf die Ukraine gefallen.
Altkanzler Gerhard Schröder hatte der Haushaltsausschuss übrigens nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine weitere Zahlungen für sein Büro verweigert.
Finanzierung durch Umschichtungen
Das Finanzministerium betont, dass die zusätzlichen Stellen in "finanziell gleichwertigem Umfang durch den Wegfall von derzeit nicht besetzen Stellen" ausgeglichen werden. Soll heißen: Zusätzliche Kosten fallen dadurch nicht an. Allerdings bedeutet das zugleich, dass sich mögliche Einsparungen durch die nicht besetzten Stellen nun erst mal nicht realisieren lassen.
Opposition sieht Widerspruch zu Sparzielen
Aus den Reihen der Opposition kommt deutliche Kritik an dem Vorgehen: "Auch die neue Regierung gönnt sich, was Personalausstattung angeht, erstmal einen kräftigen 'Schluck aus der Flasche'", erklärt der AfD-Haushaltspolitiker Marcus Bühl.
Der haushaltspolitische Sprecher der Grünen, Sebastian Schäfer, verweist auf das Versprechen von Kanzler Merz, beim Personal Einsparungen vornehmen zu wollen. "Zusätzliche Staatssekretärsposten, hoch dotierte neue Stellen im Kanzleramt - Bundeskanzler Merz und sein Finanzminister widersprechen im Regierungshandeln ihren Ankündigungen."
Finanzministerium: Stellen notwendig für Arbeitsfähigkeit
Im Finanzministerium wiederum sieht man keinen Widerspruch zwischen den Zielen der Koalition und den aktuellen Maßnahmen. Man halte an den geplanten Personaleinsparungen fest - die einzelnen Ressorts würden bereits in diesem Jahr ihre Einsparziele "stringent" verfolgen. Für die Arbeitsfähigkeit sei es aber nötig, "teils neue inhaltliche Schwerpunkte umzusetzen und Ressortzuschnitte entsprechend schnell personell abzubilden".
Das heißt aber auch, dass sich erst mit einer gewissen Zeitverzögerung überprüfen lässt, ob die im Koalitionsvertrag vereinbarten Einsparziele trotz des aktuellen Stellenaufbaus erreicht werden. In der Zeit der Ampelkoalition war die Zahl der Stellen in der Bundesverwaltung jedenfalls deutlich gestiegen, besonders im Gesundheitsministerium, dem Wirtschaftsministerium und dem Entwicklungsministerium.
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