Der "Investitionsbooster" droht ein milliardenschweres Loch in die eh schon überlasteten kommunalen Kassen zu reißen. Der Städte- und Gemeindebund pocht bei tagesschau24 auf einen Ausgleich - und geht noch weiter.

Der von der schwarz-roten Bundesregierung geplante sogenannte Investitionsbooster enthält unter anderem Steuervorteile für Unternehmen. Er soll helfen, die Wirtschaft anzukurbeln. Doch Länder und Kommunen blicken mit Sorge auf die Steuerpläne - aus Angst, die Löcher in den eigenen Kassen könnten durch den Booster noch größer werden.

"Wir erleben gerade beispiellosen Absturz der Kommunalfinanzen", warnt auch Uwe Zimmermann im Interview mit tagesschau24. Er ist stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Viele Kommunen hätten über Jahre einen ausgeglichenen Haushalt aufweisen können. Doch allein in den vergangenen beiden Jahren habe sich bei den Kommunen bundesweit ein Defizit von mehr als 30 Milliarden Euro aufgestaut.

Uwe Zimmermann, Deutscher Städte- und Gemeindebund, über Gründe der hohen Verschuldung von Kommunen

tagesschau24, 19.06.2025 10:00 Uhr

Finanzielle Polster bereits aufgezehrt

Das Minus in den Kassen habe viele Gründe, sagt Zimmermann. Die Wirtschaft laufe nicht so, wie sie laufen müsste, und hinzu kämen ein Einbruch bei den Steuereinnahmen und stetig stark steigende Ausgaben. Das wirke wie eine "Zangenbewegung von zwei Seiten".

Auch Städte und Kommunen, "die bislang ganz gut dastanden", erlebten nun den Einbruch der Finanzen und würden dadurch teils "in die Handlungsunfähigkeit schlittern". Da helfen laut Zimmermann auch keine Finanzpolster, die in den guten Jahren aufgebaut worden seien, "denn die sind nämlich schon aufgezehrt worden".

Kommunales Steuerminus bis 2029 bei rund 13,5 Milliarden Euro

Der geplante "Investitionsbooster" umfasst bessere steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen, die Maschinen, Geräte und Elektroautos anschaffen. Ab 2028 soll zudem die Körperschaftsteuer sinken. Doch das kostet: In den Jahren 2025 bis 2029 belaufen sich die dadurch entstehenden Steuermindereinnahmen voraussichtlich auf knapp 46 Milliarden Euro. Davon entfallen allein 13,5 Milliarden auf der kommunalen Ebene.

Mit Blick auf diese Zahlen bekräftigte Zimmermann bei tagesschau24 die Forderungen von Ländern und Kommunen nach einem Ausgleich für das Steuerminus - und zwar durch den Bund. Auch Zimmermann verweist auf das "Konnexitätsprinzip", getreu dem Motto: "Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen." "Wenn der Bund sich Gesetze ausdenkt, dann muss er erklären, wie die Finanzierung aussehen soll", mahnte er und drängte darauf, dass der Bund Ausgleichsmaßnahmen für die Steuerverluste beschließen müsse.

Zimmermann fordert höheren Anteil an Steuereinnahmen

Gestern hatte Bundeskanzler Friedrich März (CDU) den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten einen solchen Ausgleich immerhin zugesichert, ohne jedoch Details zu nennen. Zimmermann nennt diesen Schritt "unverzichtbar" und geht in seinen Forderungen sogar noch weiter. Das Defizit der Kommunen deutschlandweit sei mittlerweile so groß, dass zweistellige Milliardenbeträge notwendig wären, um diese finanziellen Löcher zu stopfen. "Da ist von Investitionen in die Zukunft noch gar nicht die Rede", betont Zimmermann.

Um investieren zu können, "wie wir es wollen und müssen", seien deutlich mehr Entlastungen für Städte und Kommunen nötig. Einen höheren Anteil aus den Einnahmen durch Umsatz- oder Einkommenssteuer etwa. Und Entlastungen angesichts der hohen Ausgaben. Ein Beispiel seien die sozialen Ausgaben, die "förmlich weggaloppieren", wie Zimmermann es ausdrückt.

Fehlende Investitionen schwächen gesellschaftlichen Zusammenhalt

Dabei müssten die Kommunen in Sachen Investitionen eigentlich aufs Tempo drücken. Momentan liegen sie laut Zimmermann bundesweit mit etwa 190 Milliarden Euro im Rückstand. Sei es für öffentliche Infrastruktur, Schulen oder Freizeiteinrichtungen. Das sei in fast keiner Stadt oder Kommune mehr zu übersehen, so Zimmermann und warnt in diesem Zusammenhang auch vor gesellschaftlichen Auswirkungen. Denn wenn Angebote in Kultur und für die Freizeit wegfallen - "der Kit, der die Gesellschaft zusammenhält - dann schüre das die Unzufriedenheit. Und damit auch die Neigung, politisch extremen Kräften seine Stimme zu geben.

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