Gurt, Airbags und elektronische Regelsysteme wie beispielsweise ABS, ESP oder auch die Vielzahl heutiger Fahrerassistenzsysteme zählen zu den aktiven Sicherheitsausstattungen moderner Fahrzeuge. Wenn trotzdem ein Unfall passiert, ist schnellstmögliche Hilfe wichtig. Die garantiert mit dem "emergency call" ein "passives", aber unschätzbar wertvolles System.
Schnellere Rettung und bessere Überlebenschancen: Das automatische Notrufsystem eCall wählt bei schweren Unfällen die europäische Notrufnummer 112, womit Rettungsdienste sofort den Standort und weitere Infos erhalten. Inzwischen besteht eine sehr gute Verbreitung des eCall, denn für alle seit dem 1. April 2018 neu typgeprüften Pkw und leichten Nutzfahrzeuge bis 3,5 Tonnen ist das System Pflicht.
Deutlich früher bei den Unfallopfern
Studien belegen, dass die Helfer aufgrund dieses Rettungssystems 40 bis 50 Prozent schneller am Unfallort sind. Die GTÜ Gesellschaft für Technische Überwachung mbH betrachtet es als „sinnvolles Warnsystem, das schon viele Leben gerettet hat“. Innerhalb der GTÜ-Gruppe nimmt das Tochterunternehmen ATEEL S.à.r.l. Typprüfungen von Kraftfahrzeugen vor.
Automatisierte Verkehrssicherheit
Wenn sich bei einem Unfall Airbags öffnen, ist das stets ein eindeutiges Zeichen auf mögliche Schwerverletzte. In diesem Fall wird eCall automatisch ausgelöst. Über die einheitliche Notrufnummer 112 erhält die Rettungsleitstelle Standort und Zeitpunkt des Unfalls sowie Informationen über Fahrtrichtung, Fahrzeugtyp samt Fahrzeugidentifizierungsnummer (FIN) und Kraftstoffart. Außerdem erfährt sie die Zahl der belegten Sitzplätze, wenn die Sicherheitsgurte geschlossen sind. Sind die Unfallopfer ansprechbar, können die Retter über die Sprachverbindung des eCall-Systems Fragen zu den Verletzungen stellen, um die Hilfe noch zielgerichteter zu gestalten.
Notruf auch manuell möglich
Das ist aber (noch) nicht alles: Über einen SOS-Notrufknopf lässt sich das System auch aktivieren, wenn das Fahrzeug selbst keinen Unfall erlitten hat. Das kann z.B. bei medizinischen Notfällen sinnvoll sein, die inner- oder außerhalb des Fahrzeugs passiert sind und von einem Insassen dann per Knopfdruck gemeldet werden.
Bei lediglich leichten Unfällen oder einem Parkrempler bleibt das automatische System stumm. Im Sinne eines möglichst zielgerichteten Prozessablaufs empfiehlt die GTÜ: „Bei einer technischen Panne sollte eCall nicht aktiviert werden, dafür stehen Pannendienste mit ihren Rufnummern bereit.“
Nicht die Fahrzeug-ABE gefährden!
Das eCall-System ist dennoch stets aktiv und kann nicht per Klick im Infotainment-Menü ausgeschaltet werden. Wichtig erscheint auch folgender GTÜ-Hinweis: „Wer das System dennoch deaktiviert, verliert einen Bestandteil der Typgenehmigung für sein Fahrzeug und damit dessen Betriebserlaubnis.“ (Ergänzung d. Red.: Im Falle eines Unfalls kann es sogar dazu kommen, dass die Versicherung aufgrund dann eben nicht mehr vorhandener Betriebserlaubnis auch die Haftung verweigert. Gerade im Fall von schweren Personenschäden kann dies zur Existenzfrage des Unfallverursachers werden.)
Technische Voraussetzungen
Zu eCall gehört ein Satellitenempfänger, der die exakte Unfallposition ermittelt. Ein Steuergerät (ECU) mit fest eingebauter Mobilfunkkarte stellt die Verbindung zum nächstgelegenen Antennenmast mit dem stärksten Signal her. Diese ECU erhält Daten der Crash-Sensoren und der Airbag-Schnittstelle. Eine Freisprecheinrichtung ermöglicht die Sprachverbindung zwischen Fahrzeuginsassen und Notrufzentrale. Eine eigene Stromversorgung hält das System unabhängig von der Starterbatterie des Autos betriebsbereit. Manche Geräte verfügen über eine Pannenruf-Taste und sogar Diebstahltracking. Im Zuge einer Hauptuntersuchung, wie sie von der GTÜ flächendeckend in Deutschland durchgeführt wird, prüfen die Prüfingenieure die Funktion von eCall nicht.
eCall und Motorrad
Eine gesetzliche eCall-Pflicht besteht für Motorräder bisher nicht. Dennoch haben manche Bikes entsprechende Systeme. BMW führte bereits 2017 bei ersten Modellen den intelligenten Notruf ein. Mittlerweile gehört er bei vielen Motorrädern der Marke zur Serienausstattung oder kann als Sonderausstattung bestellt werden. Nach einem schweren Sturz oder Aufprall nimmt das System automatisch Kontakt mit dem BMW-Callcenter auf, das eine Sprachverbindung mit dem Unfallopfer herstellt und die Rettung in die Wege leitet. Bei einem leichten Sturz bei geringer Geschwindigkeit reagiert das System mit Verzögerung, so dass der Notruf vor dem Alarm abgebrochen werden kann. Andere Motorradhersteller sind ebenfalls am Ball. Auch der Zubehörhandel bietet Nachrüstsysteme für Motorräder an. Manche haben eine eingebaute SIM-Karte, andere nutzen das Handy des Bikers.
Hilfe per Handy
Moderne Smartphones können ebenfalls mit Hilfe ihrer Sensoren schwere Unfälle erkennen, kontaktieren Notrufzentralen, übermitteln den Standort und stellen eine Sprechverbindung her. Auf diese Weise erhalten auch Fahrzeuge ohne ein fest eingebautes Notrufsystem diese Funktionalität, etwa Oldtimer.
Datenschutz
Das in Pkw gesetzlich vorgeschriebene eCall-System verbindet sich erst nach einem Unfall mit dem Mobilfunknetz. Die Übertragung erfolgt über eine geschützte Verbindung. eCall speichert weder Fahrdaten noch Daten zum Fahrzeughalter.
"Next Generation eCall“ mit Videoblick
So heißt die kommende Stufe der Technik. Sie sendet Daten auch über das 4G-Netz (LTE) und das im Aufbau befindliche 5G-Mobilfunknetz. Aktuell nutzt eCall 2G. Bereits ab 1. Januar 2026 ist eine Typgenehmigung für neue Pkw und leichte Nutzfahrzeuge nur möglich, wenn sie den Next Generation eCall haben. Ab 2027 ist das System dann für alle Neuwagen Pflicht. Die Verbindungen über modernere Mobilfunknetze sind nicht nur schneller und stabiler. Das System sieht auch weitere Funktionen vor, zum Beispiel eine Videoverbindung direkt ins verunfallte Auto hinein. Die Entwickler arbeiten zudem an Varianten für Motorräder.




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