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Im gegenständlichen Fall kaufte der spätere Kläger im Jahr 2020 privat einen MG Typ B Roadster von Baujahr 1973 mit H-Zulassung. In der Online-Verkaufsanzeige hatte der Verkäufer als Zustandsnote "2-3" angegeben. Zudem wurde in der Verkaufsanzeige auf die zwölfjährige Besitzzeit des Beklagten, den technisch einwandfreien Zustand des Fahrzeugs und die fortlaufend durchgeführten Erhaltungs- und Restaurierungsmaßnahmen hingewiesen.

Zwei Zustands-Gutachten als Verkaufsbasis

In dem nachfolgenden Kaufvertrag zwischen den Parteien, in dem die Sachmängelgewährleistung unter anderem mit einer Ausnahme für die Haftung bei Beschaffenheitsvereinbarungen ausgeschlossen worden war, hieß es: "Der Verkäufer erklärt Folgendes verbindlich zum Zustand des Fahrzeugs: – siehe Gutachten – Note 2-3". 

Bei Vertragsschluss lagen dem Kläger bezüglich des Fahrzeugs ein Gutachten aus dem Jahr 2011 und eines aus dem Jahr 2017 vor, wie die Pressestelle des BGH zum Sachverhalt weiter ausführt. Das erstgenannte Gutachten wies für das Fahrzeug eine Zustandsnote von "2,0" aus, das letztgenannte Gutachten eine solche von "3-".

Schwere Rostmängel bei der HU

Anfang des Jahres 2022 – also zwei Jahre nach Fahrzeugkauf! – stellte der Kläger das von ihm erworbene Fahrzeug "bei dem TÜV zur Hauptuntersuchung" vor, wie es seitens der Pressestelle des BGH heißt. "Dieser lehnte die Erteilung einer Prüfplakette wegen erheblicher Mängel ab, unter anderem wegen einer an verschiedenen Stellen korrosionsgeschwächten Bodengruppe, mehrfach durchgerosteten Schwellern und einem durchgerosteten Radhaus hinten links und rechts."

Nächster Schritt Klage auf KV-Wandelung

Der Kläger forderte daraufhin den Verkäufer zur Mangelbeseitigung auf – offensichtlich aber erfolglos. Daraufhin erklärte der Kläger seinen Rücktritt vom Kaufvertrag und klagte im Wesentlichen auf die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs sowie den Ersatz von Aufwendungen.

Die Ansicht des Berufungsgerichts

In den vorinstanzlichen Verfahren vor dem LG Hamburg (2023) und dem OLG Hamburg blieb der Klage ein Erfolg verwehrt. Nach Auffassung des Berufungsgerichts stehe den geltend gemachten Ansprüchen der zwischen den Parteien vereinbarte Gewährleistungsausschluss entgegen. Zwar gelte dieser nicht im Falle einer Beschaffenheitsvereinbarung. Die Parteien hätten jedoch eine Beschaffenheit des Fahrzeugs dahingehend, dass dieses einen der Zustandsnote "2-3" entsprechenden Zustand aufweise, nicht vereinbart.

So lief es also zunächst (noch) für den Beklagten ganz gut, denn auch das OLG Hamburg kam zunächst zur Ansicht, dass der Beklagte "mit dem der Angabe "2-3" beigefügten Zusatz ,siehe Gutachten‘ zum Ausdruck gebracht (hat), woher er diese Angabe entnommen hat und dass es sich dabei nicht um eigenes Wissen handelt". Angesichts dessen habe der Kläger auch nicht erwarten können, dass der Beklagte die Haftung für die Richtigkeit der Angabe habe übernehmen und für die Folgen des Fehlens der betreffenden Eigenschaft habe einstehen wollen. Die Vereinbarung einer Zustandsnote von "2-3" habe sich auf den Inhalt der in Bezug genommenen Gutachten aus den Jahren 2011 und 2017 beschränkt. Der Angabe der Zustandsnote in der Verkaufsanzeige komme deshalb keine eigenständige Bedeutung mehr zu, weil die Parteien diese in dem Kaufvertrag durch die Bezugnahme auf die Gutachten modifiziert hätten. 

Der Senat ließ allersdings eine Revision zu. Und so verfolgte der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidung des BGH zugunsten des Klägers

Die Revision des Klägers hatte schlussendlich Erfolg: Der Bundesgerichtshof hat nämlich – im Gegensatz zu den Vorinstanzen – zugunsten. des Klägers entschoeden. Und zwar, dass hier "eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB aF dahingehend vorlag, dass das Fahrzeug einen der Zustandsnote "2-3" entsprechenden Zustand, also einen im mittleren Bereich zwischen den Zustandsnoten "2" und "3" liegenden Erhaltungszustand nach den üblichen Bewertungskriterien, aufweist."

In der weiteren. Urteilsbegründung kommt letztlich auch die Bedeutung der Zustandsnoten zum. Ausdruck – un d wie man mit ihnen bei Verkaufsverhandlungen umgeht. So heißt es zunächst: "Ob im Einzelfall eine Beschaffenheitsvereinbarung gegeben ist, ist eine Frage der – nach beiden Seiten hin interessengerechten – Vertragsauslegung. Im Bereich des Kaufs von Oldtimern ist bei dieser Auslegung die erhebliche rechtliche und praktische Bedeutung von Zustandsnoten zu berücksichtigen. Die Verwendung von Zustandsnoten für die Einstufung des Erhaltungszustands von Oldtimern in einem mehrstufigen Bewertungsmodell ist allgemein gebräuchlich und branchenüblich", führt die BGH-Pressestelle aus.

Oldtimer-Zustandsnoten haben Kaufpreis-Relevanz

Die Zustandsnoten wertete der BGH explizit als "allgemein bekannt und anerkannt". Sie "geben konkret Auskunft über den Erhaltungszustand eines Oldtimers und haben maßgeblichen Einfluss auf den Wert und damit auch den Kaufpreis des Fahrzeugs." Dementsprechend komme der Angabe einer Zustandsnote durch den Verkäufer aus der maßgeblichen Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers grundsätzlich die Aussage zu, "dass sich das Fahrzeug in einem dieser Zustandsnote entsprechenden Erhaltungszustand befindet und der Verkäufer für das Vorliegen dieses Zustands die Gewähr übernehmen will".

Es sei deshalb regelmäßig – auch im Fall des Verkaufs eines Oldtimers durch einen privaten Verkäufer – von einer Beschaffenheitsvereinbarung auszugehen, wenn in den Vertragsunterlagen im Zusammenhang mit der Beschreibung des Erhaltungszustands des Oldtimers eine Zustandsnote angegeben ist, sofern nicht im Einzelfall besondere Umstände gegen die verbindliche Vereinbarung eines der Zustandsnote entsprechenden Erhaltungszustands sprechen.

"Derartige Umstände lagen hier nicht vor", befand der BGH. Im Gegenteil hätten der weitere Inhalt des Kaufvertrags und die sonstigen Umstände seines Abschlusses das Vorliegen einer Beschaffenheitsvereinbarung sogar noch bestätigt. Hiernach sollte die Angabe der Zustandsnote "2-3" verbindlich sein. Die Bezugnahme auf die Gutachten im Zusammenhang mit der Angabe der Zustandsnote "2-3" in dem Kaufvertrag sei auch nicht dahingehend zu verstehen gewesen, dass der Beklagte hiermit "lediglich auf die Gutachten als fremde Quellen verweisen und damit zum Ausdruck bringen wollte, dass es sich bei der angegebenen Zustandsnote um fremdes Wissen handele, für das er nicht einstehen wollte".

Gutachten (un)bewußt "verbessert"?

Denn zum einen entsprach die im Kaufvertrag angegebene Zustandsnote von "2-3" nach Auffassung des Bundesgerichtshofs weder der Zustandsnote aus einem der Gutachten, noch ergab sie sich etwa aus der Bildung eines Mittelwerts der Bewertungen dieser Gutachten, sondern übertraf diesen. Nach dem objektiven Empfängerhorizont habe dies nur so verstanden werden können, dass der Beklagte "einen gegenüber dem letzten Gutachten verbesserten Zustand zusagen" wollte. Zum anderen enthielt die Erklärung des Beklagten in dem Kaufvertrag nach objektivem Empfängerhorizont eine "Angabe zum aktuellen Fahrzeugzustand, der für die Kaufentscheidung grundsätzlich ausschlaggebend ist".

Pech für den Beklagten: Die Gutachten aus 2011 und 2017 bezogen sich jedoch schon im Jahr 2020 auf "weit zurückliegende Zeitpunkte". Die Erklärung des Beklagten zum Fahrzeugzustand ging laut BGH demnach über den Inhalt der Gutachten hinaus und stellte damit "keine reine Mitteilung fremden Wissens" dar.

"Alles wunderbar, aber ich will trotzdem für nichts haften..."

Die bei der gebotenen Betrachtung der Gesamtumstände hier für die Auslegung des Kaufvertrages ebenfalls heranzuziehende Verkaufsanzeige stützte dieses Auslegungsergebnis. Denn dort hatte der Beklagte aufgezeigt, dass er den Zustand des Fahrzeugs seit zwölf Jahren aus eigener Anschauung kannte und das Fahrzeug fortlaufend durch Restaurierungs- und Erhaltungsmaßnahmen in dem von ihm behaupteten guten Zustand erhalten hat. Vor diesem Hintergrund konnte die Aussage in dem Kaufvertrag, das Fahrzeug weise einen Zustand von "2-3" auf, erst recht nur so verstanden werden, dass der Beklagte damit den Ist-Zustand im Zeitpunkt des Verkaufs beschreiben und hierfür auch die Gewähr übernehmen wollte.

Da somit eine Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich eines Fahrzeugzustands von "2-3" vorlag, konnte sich der Beklagte nicht mit Erfolg auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen. Für die Entscheidung kommt es mithin darauf an, ob das Fahrzeug sich entsprechend der Beschaffenheitsvereinbarung in einem im mittleren Bereich zwischen den Zustandsnoten "2" und "3" entsprechenden Erhaltungszustand befand. 

Zusammenfassung

Ein Mann kauft einen Oldtimer, der sich später als so mangelhaft darstellt, dass er bei der Hauptuntersuchung (HU) mit erheblichen Mängeln durchfällt. Eine Gewährleistung ist im Vertrag ausgeschlossen worden. Weil er den Zustand des Kfz allerdings mit einer Note bewertet hatte, haftet der Verkäufer nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) trotzdem. Der BGH sah in der Angabe der Zustandsnote im Kaufvertrag im Zusammenhang mit der Beschreibung des Erhaltungszustands des Oldtimers eine Beschaffenheitsvereinbarung. Und dafür war die Haftung des Verkäufers im Kaufvertrag nicht ausgeschlossen worden. 

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