Von der Hamas kontrollierte Einrichtungen werfen dem israelischen Militär erneut vor, in der Nähe eines Hilfszentrums auf Zivilisten gefeuert zu haben. Israel spricht von Schüssen auf einzelne Verdächtige, die sich ihnen genähert und Warnschüsse ignoriert hätten.
Zum zweiten Mal binnen weniger Tage erhebt die militant-islamistische Hamas den Vorwurf gegen das israelische Militär, in der Nähe eines Verteilzentrums für Hilfsgüter auf Zivilisten geschossen zu haben. Die von der Terrormiliz kontrollierte Gesundheitsbehörde im Gazastreifen sprach von mindestens 24 Todesopfern. Unabhängig prüfen lassen sich die Angaben jedoch nicht.
Laut der Gesundheitsbehörde sollen die Schüsse erneut im Raum rund um die Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen gefallen sein. Dutzende Menschen seien verletzt worden.
Die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa meldete unter Berufung auf Augenzeugen Angriffe auf die Bevölkerung durch Artilleriefeuer und mit Kampfflugzeugen. Auch diese Berichte sind nicht unabhängig zu prüfen. Gleiches gilt für Aufnahmen, die im Internet kursieren und die Leichen von angeblich getöteten Zivilisten zeigen sollen.
Israel meldet Warnschüsse auf Verdächtige
Israel bestätigte zwar einen Vorfall nahe dem Verteilzentrum, wies die Darstellung der Hamas-kontrollierten Behörde aber klar zurück. Soldaten der eigenen Streitkräfte hätten rund einen halben Kilometer von der Verteilstelle entfernt Verdächtige ausgemacht, die sich ihnen genähert und eine Bedrohung für sie dargestellt hätten, hieß es vonseiten der israelischen Armee.
Die Verdächtigen seien von den vorgesehenen Wegen zum Hilfszentrum abgewichen, während sich zugleich eine große Menschenmenge auf den regulären Wegen bewegt habe. Daraufhin hätten die Soldaten Warnschüsse abgegeben. Da die verdächtigen Personen nicht zurückgewichen seien, sei daraufhin auch auf einzelne Personen gefeuert worden, zitierte die Nachrichtenagentur dpa das Militär.
Über Opfer sei nichts bekannt, teilte die Armee weiter mit. Die Einzelheiten des Vorfalls sollten nun untersucht werden. Das Militär betonte jedoch ausdrücklich, dass eigene Soldaten Zivilisten nicht daran hinderten, die Verteilzentren zu erreichen.
Zweiter Bericht über Schüsse auf Zivilisten
Bereits am Wochenende waren über die Gesundheitsbehörde im Gazastreifen Vorwürfe laut geworden, das israelische Militär habe das Feuer auf die zivile palästinensische Bevölkerung eröffnet. Auch hier sollen die Schüsse laut den Berichten in der Nähe des von der Gaza Humanitarian Foundation (GHF) betriebenen Verteilzentrums nahe Rafah gefallen sein. 31 Menschen seien dadurch getötet und mehr als 170 verletzt worden.
Auch diese Vorwürfe hatte Israel scharf zurückgewiesen. Die GHF sprach ebenfalls von Falschmeldungen und betonte, dass die Hilfsgüter ohne Zwischenfälle verteilt werden konnten. Laut der Nachrichtenagentur AFP hieß es aus israelischen Militärkreisen jedoch, dass in der Nacht zu Sonntag rund einen Kilometer von dem Verteilzentrum entfernt "Warnschüsse auf mehrere Verdächtige" abgegeben worden seien. Zudem hatte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) am Sonntag gemeldet, dass fast 180 Verletzte und etwa 20 Leichen in das Rotkreuz-Feldhospital in Rafah gebracht worden seien, zumeist mit Schuss- oder Splitterwunden.
Am Sonntag verbreitete das israelische Militär beim Kurznachrichtendienst X Aufnahmen einer Drohne. Die zeigen angeblich, wie mutmaßliche bewaffnete Hamas-Kämpfer auf Zivilisten schießen würden, die sich auf dem Weg zu einem Verteilzentrum gemacht hätten. Verifiziert sind die Aufnahmen jedoch nicht. Zudem kursieren im Netz Berichte, die Bilder zeigten nicht das Gebiet rund um Rafah, sondern seien in der Region um Chan Junis aufgenommen worden. Auch diese Behauptungen können nicht unabhängig verifiziert werden.
UN fordern unabhängige Untersuchung
UN-Generalsekretär António Guterres reagierte mit deutlicher Kritik auf die ersten Berichte über Schüsse auf Zivilisten am vergangenen Wochenende. "Es ist nicht hinnehmbar, dass Palästinenser für Lebensmittel ihr Leben riskieren", mahnte er und forderte eine "sofortige und unabhängige Untersuchung dieser Vorfälle und dass die Täter zur Rechenschaft gezogen werden". Israel habe gemäß dem humanitären Völkerrecht die klare Verpflichtung, humanitäre Hilfe zuzulassen und zu erleichtern.
Die Reaktion des israelischen Außenministeriums fiel ebenso scharf aus. Guterres' Äußerungen seien eine "Schande", schrieb der Sprecher des israelischen Außenministeriums, Oren Marmorstein, beim Kurznachrichtendienst X. Er warf die Frage auf, ob es den Vereinten Nationen (UN) wirklich wichtig sei, den Menschen in Gaza Hilfe zu leisten oder ob sie sich eher darauf konzentrierten, die Hamas und ihre Kriegsmaschinerie zu unterstützen.
In der gesamten Mitteilung des UN-Generalsekretärs tauche das Wort Hamas kein Mal auf. "Kein Wort, dass es die Hamas ist, die Zivilisten erschießt und versucht, sie daran zu hindern, Hilfsgüter zu erhalten", kritisierte Marmorstein. Auch dass die Hamas einen weiteren Waffenruhe-Vorschlag und die Freilassung der noch immer gefangen gehaltenen israelischen Geiseln abgelehnt habe, erwähne Guterres nicht. "Die eigentliche Untersuchung, die durchgeführt werden muss, ist, warum die UN sich weiter jedem Versuch widersetzen, den Menschen in Gaza direkt Hilfe zu leisten", schrieb der Ministeriumssprecher.
Auch GHF in der Kritik
Israel hatte Hilfslieferungen in den Gazastreifen fast drei Monate lang blockiert. Nun ermöglicht die israelische Regierung die Verteilung von Hilfsgütern über die GHF, um auf diese Weise Hilfsorganisationen der UN und anderer internationaler Initiativen zu umgehen. Die UN kritisieren dieses Vorgehen scharf und werfen Israel vor, humanitäre Hilfe als Waffe einzusetzen. Israel will nach eigenen Angaben mit Hilfe des neuen Systems verhindern, dass die Hamas humanitäre Hilfe für sich abzweigt. Die UN werfen der israelischen Regierung vor, keine Beweise für eine Kontrolle der Hilfsgüter durch die Hamas vorgelegt zu haben. Augenzeugen im Gazastreifen bestätigten wiederum in der Vergangenheit mehrfach, Hamas-Terroristen hätten Hilfslieferungen gekapert.
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