Europa muss aufrüsten, doch das Geld ist knapp. Gemeinsame Rüstungsprojekte könnten die Kosten senken - doch selbst bei Prestigevorhaben stockt die Zusammenarbeit in der EU.

Rüstungspolitisch ist Europa immer noch ein Flickenteppich. Die Europäer leisten sich rund 150 verschiedene Waffensysteme - das sind fast sechsmal so viele wie in den USA, die größte Militärmacht der Welt. Aus Sicht von Ökonomen ist das die reinste Geldverschwendung: "Eine gemeinsame Finanzierung der europäischen Verteidigung macht auf jeden Fall Sinn", sagt Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft.

Hüther empfiehlt schon seit Jahren, dass die Europäer sich zusammentun, neue Waffensysteme gemeinsam entwickeln und auch zusammen produzieren - aus Kostengründen: "Man hat größere Mengen, man kann skalieren, man kann vor allem auch die Waffensysteme reduzieren und auf ein erträgliches Maß dann bringen. Das zeigt der Vergleich zu den USA, die deutlich weniger Waffensysteme haben."

Prestigeprojekt auf der Kippe

Davon sind die Europäer aber noch weit entfernt. Selbst bei den großen Prestigeprojekten der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit gibt es Probleme. Eines dieser Projekte ist FCAS - das Kampfflugzeug der Zukunft. Es ist das teuerste Rüstungsprojekt aller Zeiten.

Seit acht Jahren arbeiten Franzosen, Deutsche und Spanier gemeinsam daran. Immer wieder gab es Konflikte, inzwischen steht das Mammutprojekt auf der Kippe. Die Schuldzuweisungen sind vielsprachig - je nachdem, aus welchem Land sie kommen. Frankreichs Rüstungskonzern Dassault verlangt zu oft die Federführung, sagen die einen. Airbus Deutschland und Airbus Spanien sind aber auch zu langsam, sagen die anderen.

Schwierigkeiten auch bei Marine-Vorhaben

Vielleicht liegt die Pleiten und Pannen aber auch ganz einfach daran, dass einige der Beteiligten im Moment noch andere Konkurrenzprodukte im Einsatz haben. Frankreich hat die "Rafale" gerade noch erfolgreich an Serbien verkauft. Das Kampfflugzeug war 2000 als französischer Alleingang an den Markt gebracht worden, ist immer noch erfolgreich und für weitere Jahrzehnte konzipiert. Und die Bundesregierung hat kürzlich in den USA 35 Kampfflugzeuge vom Typ F35 bestellt - worauf man in in Paris verschnupft reagierte.

Auch das größte Marine-Vorhaben in der Geschichte der Bundeswehr steckt tief in der Krise. Die "Fregatte 126", ein modernes Kriegsschiff in europäischer Kooperation, könnte scheitern. Der niederländische Auftragnehmer ist in Schwierigkeiten, die französische Software nicht kompatibel, deutsche Unterauftragnehmer sind in Wartestellung.

Verteidigungsminister Boris Pistorius bei der Kiellegung der "Fregatte 126".

Druck aus Brüssel steigt

Gleichzeitig kommt aus der Brüsseler EU-Kommission Druck: Die Zeit drängt, die Europäer sollen in der Rüstung noch mehr zusammenarbeiten, nicht weniger - zumal es gelungene Beispiele für Kooperation gibt, wie den "Eurofighter". Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will beim nächsten Gipfel einen Fahrplan mit klaren Aufgaben für neue Rüstungskooperationen vorlegen. Die werden auch kontrolliert, kündigt sie an, was man in einigen Hauptstädten gar nicht gern hört - auch nicht in Berlin.

Am besten wäre es, das sagt der Ökonom Michael Hüther, wenn die Europäer sich zu einer Verteidigungsunion zusammenschließen und dann nur noch einen Kampfpanzer für alle bauen, ein Kampfflugzeug, eine Haubitzenlinie - Waffensysteme, die dann alle Armeen kaufen.

Zukunftsmusik bei Verteidigungsunion

"Es kann nicht sein, dass man eine Verteidigungsunion nach dem Motto macht: Jedes Land muss ein bisschen von seiner Produktion einstreuen", sagt Hüther. "Es muss die beste Leistung, das beste Produkt für die spezifischen Aufgaben mobilisiert werden. Ansonsten würde man ja die Effizienzgewinne auch gar nicht realisieren können, die eine solche Verteidigungsunion verspricht."

Aber das ist Zukunftsmusik. Im Moment achten die nationalen Verteidigungsminister in Europas Hauptstädten noch sehr genau darauf, dass die heimischen Rüstungsbetriebe den Auftrag bekommen - gern in Kooperation mit den Partnerländern. Auch, wenn das oft mühsam und nicht immer erfolgreich ist.

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