Die Weltwirtschaft ist in diesem Jahrtausend stark gewachsen, hat sich zwischen 2000 und 2022 mehr als verdoppelt. Doch Milliarden von Menschen fehlt das Nötigste zum Überleben und gleichzeitig werden die lebenswichtigen Systeme der Erde über die Belastungsgrenzen strapaziert. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie aus Großbritannien.
Andrew Fanning, Leiter für Forschung und Datenanalyse am Doughnut Economics Action Lab (DEAL) und Kate Raworth, Mitbegründerin von DEAL und Lehrbeauftragte an der Universität Oxford, analysierten Trends anhand von 35 Indikatoren für soziale und planetarische Grenzen.
Drei Kernbefunde ausgemacht
Drei zentrale Erkenntnisse haben die beiden Wissenschaftler bei ihrer Untersuchung gefunden. Erstens habe das Wirtschaftswachstum die Bekämpfung der Armut deutlich übertroffen. Während sich das Bruttoinlandsprodukt (BIP) global verdoppelt hat, haben die Mängel in den Bereichen Ernährung, Gesundheit, Bildung und Wohnen nur geringfügig abgenommen. Dazu komme zweitens eine zunehmende Überbeanspruchung der Erde. Bereits sechs von neun planetaren Belastungsgrenzen seien bereits überschritten – möglicherweise sogar sieben, wie das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung gerade mitteilte.
Und drittens gebe es krasse Ungleichheiten auf der Welt. Die reichsten 20 Prozent der Länder (in denen 15 Prozent der Menschen leben) sind für über 40 Prozent des ökologischen Überschusses verantwortlich, während die ärmsten 40 Prozent (in denen 42 Prozent der Menschen leben) mehr als 60 Prozent der weltweiten Mängel erleben.
"Die Welt ist aus dem Gleichgewicht geraten"
Als Konsequenz fordern Fanning und Raworth, über das BIP als Gradmesser für den Erfolg der Menschheit hinauszudenken. Die Wirtschaft müsse neu ausgerichtet werden, damit sie soziale Bedürfnisse innerhalb der ökologischen Grenzen unseres Planeten befriedigt. "Unsere Analyse zeigt, dass trotz des rasanten globalen Wirtschaftswachstums immer noch Milliarden von Menschen in Armut leben, während die Erde über ihre Grenzen hinaus belastet wird", sagt Andrew Fanning. "Die Welt ist aus dem Gleichgewicht geraten – wir brauchen dringend Wirtschaftssysteme, die sowohl das Wohlergehen der Menschen als auch die Gesundheit unseres Planeten gewährleisten."
Armut müsste fünfmal so schnell bekämpft werden
Kate Raworth ergänzt: "Die Fixierung auf endloses BIP-Wachstum – insbesondere in den reichsten Ländern – entfernt die Welt schnell von einer blühenden Zukunft, anstatt sie ihr näher zu bringen. Es ist an der Zeit, sich stattdessen auf die Schaffung von Wirtschaftssystemen zu konzentrieren, die von Grund auf regenerativ und distributiv sind, denn dies wird das Kennzeichen des Fortschritts im 21. Jahrhundert sein."
In Zahlen ausgedrückt fordern die Wissenschaftler, dass die Bekämpfung von Armut und Entbehrungen um das Fünffache gesteigert werden müsse, um die globalen Ziele bis 2030 zu erreichen. Diese "Sustainable Development Goals" wurden von den Vereinten Nationen erstellt und gelten für alle Staaten. Sie besagen etwa, dass bis 2030 kein Mensch mehr auf der Welt in extremer Armut leben muss. Die Umweltschäden andererseits müssten doppelt so schnell wie bisher rückgängig gemacht werden, damit die Erde bis zur Mitte des Jahrhunderts stabil bleibe.
Links/Studie
Die Studie "Doughnut of social and planetary boundaries monitors a world out of balance" ist in "Nature" erschienen. Die Autoren haben eine interaktive Website (auf englisch) eingerichtet, die die Ergebnisse der Untersuchung darstellt und Politiker und Anwender unterstützen soll.
pm/jar
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