Vor 20 Jahren erschienen die Mohammed-Karikaturen der dänischen Zeitung Jyllands-Posten und lösten eine der größten außenpolitischen Krisen des Landes aus. Auch heute noch wird in Dänemark um den Umgang mit den Bildern gerungen.
Es ist Anfang Februar 2006 als ein wütender Mob in der syrischen Hauptstadt Damaskus die Botschaften von Dänemark und Norwegen verwüstet. In vielen muslimischen Ländern gehen in den Wochen und Monaten zuvor Hunderttausende Menschen auf die Straßen, verbrennen dänische Fahnen und protestieren gegen das kleine nordische Land. Es kommt zu Boykott-Aufrufen, diplomatischen Spannungen und gar Toten bei gewaltsamen Übergriffen.
Der Grund: Am 30. September 2005 hatte die dänische Zeitung Jyllands-Posten Karikaturen des muslimischen Propheten Mohammed gedruckt - zusammen mit einem Leitartikel, in welchem stand, dass manche Muslime die säkularisierte Gesellschaft ablehnten. Weiter hieß es im Text wörtlich: "Das ist unvereinbar mit der Demokratie und der Meinungsfreiheit, in der man damit klarkommen muss, sich Hohn, Spott und Häme auszusetzen."
Mordanschlag gegen Westergaard
Insgesamt zwölf Karikaturen waren an diesem Tag neben dem Leitartikel abgedruckt, von verschiedenen Karikaturisten. Jyllands-Posten hatte mehrere Zeichner in einem Brief gebeten, Mohammed so darzustellen, wie sie ihn sehen - zwölf hatten sich dazu bereit erklärt.
Der wohl bekannteste von ihnen war der 2021 verstorbene Kurt Westergaard. Er zeichnete Mohammed mit einer Bombe im Turban. Wegen eines Mordanschlags stand er später jahrelang unter Polizeischutz. Trotzdem sei es richtig gewesen, die Karikatur zu veröffentlichen, sagte Westergaard vor zehn Jahren: "Wir können ja nicht etwas so Fundamentales in der dänischen Demokratie aufgeben wie die Meinungsfreiheit, wir müssen sie verteidigen."
Für viele Muslime waren die Bilder aber ein Affront, denn im Islam ist die bildliche Darstellung des Propheten weitgehend verboten und wird als Gotteslästerung angesehen.
Gegenteilige Position
Auch Lars Refn hatte sich damals mit einer Karikatur beteiligt - allerdings mit einem völlig anderen Motiv als Westergaard. Er habe die Stimmung in Dänemark damals als sehr feindlich gegenüber der muslimischen Minderheit wahrgenommen, erzählt er.
Karikaturen als Teil des Geschichtsunterrichts?
So unterschiedlich wie die Haltung der beiden Karikaturisten, so gespalten ist die dänische Gesellschaft bis heute im Umgang mit den Mohammed-Karikaturen. Diskutiert wird aktuell vor allem darüber, wie das Thema im Geschichtsunterricht behandelt werden soll. Laut einer Studie des dänischen Bildungsministeriums vermeidet jeder vierte Lehrer das kontroverse Thema lieber.
Die Partei Liberale Allianz, die nicht Teil der jetzigen Regierung ist, will das ändern. Denn schließlich sei der Karikaturen-Streit ein wichtiger Teil der jüngeren dänischen Geschichte, sagt ihr integrationspolitischer Sprecher Steffen Larsen. "Wir wollen sicherstellen, dass die jungen Leute verstehen, was da eigentlich los war. Warum war das so wichtig und worum geht es eigentlich in diesem Kampf zwischen der westlichen säkularen Gesellschaft und dem Islam?"
Refn plädiert für Freiwilligkeit
Der Karikaturist Refn findet dagegen: Das Thema sollte für Lehrkräfte freiwillig sein und gerade nicht als vermeintlicher Beleg für einen Kulturkampf dienen. Wenn Lehrer der Meinung seien, dass man am Beispiel der Karikaturen gut über die Meinungsfreiheit sprechen könne, dürften sie die Zeichnungen von damals gerne verwenden, sagt er. Aber wenn man die Mohammed-Krise nutzt und die Karikaturen zeigt, dann sollte man bitte auch alle Nuancen der Geschichte erzählen.
20 Jahre nach Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen gilt in Dänemark also weiterhin: Es ist kompliziert.
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