Nach tagelangen Drohungen gegen Hamas-Funktionäre hat Israel die Terrororganisation in Katar angegriffen. Noch ist nicht bestätigt, ob Führungsmitglieder getötet wurden. Katar reagierte empört und will seine Vermittlerrolle aussetzen.

Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben die Führungsspitze der militant-islamistischen Hamas in Katar angegriffen. Der gezielte Angriff sei gemeinsam mit dem Geheimdienst Schin Bet in Doha ausgeführt worden, teilten die Streitkräfte mit. Die Mitglieder der Hamas-Führung hätten jahrelang die Operationen der Terrororganisation geleitet, trügen die direkte Verantwortung für das Massaker vom 7. Oktober 2023 und lenkten den Krieg gegen den Staat Israel.

Über der Skyline von Doha stieg schwarzer Rauch auf; die Behörden bestätigten einen Angriff. Katar ist einer der wichtigsten Vermittlerstaaten in Israels Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen. Hamas-Quellen sagten dem Sender Al Jazeera, dass der Angriff dem Verhandlungsteam der Terrororganisation gegolten habe. 

Pia Steckelbach, ARD Tel Aviv, zum gezielten Angriff Israels auf Hamas-Führung in Doha

tagesschau24, 09.09.2025 16:00 Uhr

Noch keine Informationen über Opfer

Unklar ist bisher, ob es Todesopfer gab. Der Nachrichtenkanal Al-Arabija berichtete, dass bei dem Angriff nach vorläufigen Informationen Chalil al-Haja getötet worden sei. Eine Bestätigung für den Tod al-Hajas oder anderer Hamas-Funktionäre liegt nicht vor. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet mit Bezug auf Hamas-Quellen, dass das Verhandlungsteam den Angriff überlebt habe.

Rauch steigt über Doha auf.

Al-Haja ist der höchste Hamas-Führer im Ausland, der auch die Hamas-Delegation bei den indirekten Verhandlungen mit Israel um eine Waffenruhe leitet. Al-Haja hielt sich die meiste Zeit in Katar auf. Andere höhere Hamas-Funktionäre im Ausland leben ebenfalls zumeist in Katar oder in der Türkei. Der Angriff erfolgte kurz nachdem sich der bewaffnete Arm der Hamas zu einem Anschlag mit sechs Toten am Montag am Rande von Jerusalem bekannt hatte.

Katar setzt Vermittlerrolle aus

Katar verurteilte den "feigen" Angriff scharf. Dieser habe auf Wohngebäude gezielt, in denen mehrere Mitglieder des Politbüros der Hamas wohnten, erklärte der Sprecher des katarischen Außenministeriums Madschid al-Ansari. Er sprach von einem "eklatanten Verstoß gegen alle internationalen Rechte und Normen" und einer "ernsthaften Gefahr für die Sicherheit" der Bevölkerung in Katar.

Der Vorfall werde jetzt auf höchster Ebene untersucht, so al-Ansari. Außerdem setzte Katar vorerst seine Rolle als Vermittler zwischen den beiden Konfliktparteien, Israel und Hamas, im Gaza-Krieg aus. Es ist der erste militärische Angriff auf das Golfemirat Katar seit dessen Unabhängigkeit vor mehr als 50 Jahren.

Trump war offenbar eingeweiht

US-Präsident Donald Trump gab einem Medienbericht zufolge grünes Licht für den Angriff. Das berichtet der israelische Fernsehsender Channel 12 unter Berufung auf einen israelischen Regierungsvertreter. Erst vor wenigen Tagen hatte der US-Präsident eine "letzte Warnung" an die Hamas ausgesprochen, einem Friedensabkommen zuzustimmen.

Katar ist ein wichtiger Verbündeter der USA und beheimatet mit dem Luftwaffenstützpunkt Al-Udaid die größte US-Militärbasis im Nahen Osten.

Der Angriff selbst war nach israelischen Angaben aber eine rein israelische Operation. Israel habe sie initiiert, ausgeführt und übernehme die volle Verantwortung, teilte das Büro von Premierminister Benjamin Netanjahu auf der Plattform X mit.

"Historische Entscheidung" für Israel

Der israelische Polizeiminister Itamar Ben-Gvir schrieb zu dem Angriff in Katar, jüdisches Blut dürfe nicht länger ungestraft vergossen werden. Die Entscheidung zum Angriff sei "eine weitere historische Entscheidung in einer Reihe wichtiger und historischer Beschlüsse, die wir gefasst haben", schrieb er bei X. "Ich verfolge meine Feinde und hole sie ein, kehre nicht um, bis ich sie vernichtet habe", zitierte er aus der Bibel.

Auch der israelische UN-Botschafter Danny Danon lobte den Angriff. "Der präzise Angriff in Doha zielte auf führende Hamas-Mitglieder ab, die das Massaker vom 7. Oktober geplant und die Entführung unserer Bürger gefeiert haben", schrieb Danon auf der Plattform X. "Ich gratuliere unseren Sicherheitskräften zu dieser mutigen und präzisen Operation."

Entrüstung im Nahen Osten

Irans Regierung hat den israelischen Angriff auf die Hamas-Führung in der katarischen Hauptstadt Doha dagegen scharf verurteilt. Dieser stelle einen "Verstoß gegen die Prinzipien, Ziele und Regeln der Charta der Vereinten Nationen" dar, erklärte Außenamtssprecher Ismail Baghai laut der staatlichen Nachrichtenagentur Irna. 

Aus Jordanien hieß es, der Angriff Israels stelle eine "feige Aggression" dar. Außenminister Aiman al-Safadi sagte auf X, der Angriff stelle einen eklatanten Verstoß gegen das Völkerrecht dar und gefährde die Sicherheit und Stabilität der gesamten Region. Der emiratische Präsidentenberater Anwar Gargasch nannte den Angriff eine "heimtückische israelische Attacke". Die Vereinigten Arabischen Staaten stünden fest an der Seite ihres Schwesterstaats Katar.

Auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres verurteilte den israelischen Angriff in Katar als "eklatante Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität" des Golfstaates. Katar spiele eine sehr positive Rolle bei den Bemühungen um einen Waffenstillstand in Gaza und die Freilassung aller von der Hamas gehaltenen Geiseln, sagt Guterres vor Journalisten. "Alle Parteien müssen auf einen dauerhaften Waffenstillstand hinarbeiten, nicht ihn zerstören."

Flughafen Doha nicht betroffen

Zur genauen Ausführung des Angriffs ist bisher nichts bekannt. Israels Luftwaffe bestätigte aber, sie sei an dem Angriff beteiligt gewesen. Laut Medienberichten griffen Kampfjets und Drohnen an. 

Trotz des Zwischenfalls landeten Flugzeuge der Gesellschaft Qatar Airways am Flughafen von Doha. Mindestens eine Maschine der katarischen Luftwaffe startete zu einem Patrouillenflug.

Israel drohte Auslandsfunktionären der Hamas

Nach den Unruhen der arabischen Aufstände in der Region eröffnete die Hamas 2012 ein politisches Büro in Katar. Schon vorher war aus dem Golfemirat viel Geld an die Hamas geflossen, die 2007 die Macht im Gazastreifen übernommen hatte. Nach dem Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 auf Israel wurden Forderungen an die Regierung Katars lauter, das Büro zu schließen.

Der israelische Generalstabschef Ejal Zamir hatte vor zehn Tagen Angriffe auf Hamas-Führer im Ausland angedroht. "Mit unseren Aktionen sind wir noch nicht fertig", sagte er nach einem Angriff auf den Hamas-Sprecher Abu Obaida. "Die meisten Hamas-Führer sind im Ausland, und wir werden auch zu ihnen vordringen."

Auch der israelische Verteidigungsminister Israel Katz hatte erst am Montag eine scharfe Warnung an die Hamas ausgesprochen. "Dies ist die letzte Warnung an die Mörder und Vergewaltiger der Hamas in Gaza und in den Luxushotels im Ausland: Lasst die Geiseln frei und legt die Waffen nieder - oder Gaza wird zerstört und ihr werdet vernichtet", schrieb Katz auf X.

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